Kippa auf, Hose runter. Vorkriegszeiten brauchen Propaganda

von Uli Gellermann

Wenn es um Israel geht, lassen sich deutsche Medien nicht lumpen: Was immer Menschen gegen Israel sagen mögen, immer ist es ihnen Antisemitismus. Erst recht, wenn die USA einen Sanktionskrieg gegen den Iran initiieren, den zur Zeit wichtigsten Konkurrenten der Israelis. – Jüngst in Berlin: Anlass für eine Demonstration war der alljährliche Al-Kuds-Tag, jene Erinnerung an die israelische Besatzung und Einverleibung Jerusalems. Zwar hatte ein Teilungsplan der Vereinten Nationen vorgesehen, dass Jerusalem unter internationale Verwaltung zu stellen sei, aber den Staat Israel hat das nie sonderlich gekümmert. Entsprechend hartnäckig beharren die Palästinenser und die mit ihnen verbündeten Länder darauf, dass die Besetzung Jerusalems ein Ende haben müsse. Was wie ein jährliches Ritual erscheint, ist für die Palästinenser ein Ringen um jenes bisschen Recht, das ihre legale Existenz in Israel fordert. Aber die Lumpen in den deutschen Medien brandmarken dieses Ringen routiniert als „antisemitisch“. Und der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, rief die Deutschen dazu auf, am Tag der Al-Kuds-Demonstration zum Zeichen der Solidarität mit den Juden Kippa zu tagen. Die Kopfbedeckung, die religiöse Juden in der Synagoge tragen. 

Der Berliner Innensenator der rot-rot-grünen Koalition, Andreas Geisel, ließ dann auch gleich die Hosen runter. Schon vor Beginn der Demonstration wußte er: „Eine der widerlichsten Versammlungen, die es in Berlin gibt.“ Denn Israels Innenpolitik, die Unterdrückung palästinensischer Ansprüche auf Palästina, ist längst zur Innenpolitik der Bundesrepublik geworden. Und während diese Haltung gern als Ergebnis eines Lernprozesses aus dem Rassismus des Nazi-Regimes ausgegeben wird, ist sie doch nur Teil einer deutschen Außenpolitik, die Iran als Feind, Saudi-Arabien und die USA aber als unbedingte Freunde begreift. Eine Politik, die für Waffenexporte nützlich ist und als geostrategisch sinnvoll verkauft wird. Zum einen wird der Sinn darin gesehen, auf der Seite des vermuteten Gewinners im bewaffneten nahöstlichen Dauerkonflikt zu stehen. Zum anderen kennt das deutsche Glaubensbekenntnis nur einen Welt-Gott, die USA. Dass der vermeintliche Gewinner, der Staat Israel, seine Unterdrückungspolitik bisher mit latentem Krieg bezahlt, kümmert den Lieferanten von U-Booten nicht. Auch der Import israelischer Killerdrohnen vom Typ Heron TP, deren Vorgänger die Bundeswehr bereits für Afghanistan und nun für Mali geleast hat, stärkt die sonderbare Waffenbrüderschaft. Die USA-Gläubigkeit hat Deutschland bisher mit der offenen Verwicklung in den afghanischen und den syrischen Krieg bezahlt. Kaum verdeckt ist man auch am saudischen Krieg im Jemen beteiligt.

Wenn die blinde Israel-Solidarität zur Staatsräson wird, tauchen die alten Frontlinien aus dem Vergessen an die Oberfläche: Das Springer-Frontstadtblatt BZ weiß: „Berlin stellt sich dem Schandmarsch entgegen“. Der Redaktion war nach dem Verschwinden der DDR der Hauptfeind verloren gegangen. Mit den Kritikern Israels gibt es ihn endlich wieder. Auch die FAZ, dass Blatt mit dem Bildungsanstrich, lässt alle intellektuellen Hemmungen fallen und nennt die Berliner Demonstration „Ein Marsch der Verschwörer“. Und wer fragt, wogegen man sich denn verschworen habe, der findet im Frankfurter Zentralorgan der besitzenden Klasse „einen jungen Mann mit einem Pappschild, auf dem stand: ‚Juden gegen Apartheid in Israel‘. So einfach. Wer gegen Apartheid ist, der ist ein Verschwörer gegen die Staatsräson. Die gibt es zwar nicht im Grundgesetz, aber der Bundespräsident, ein Verfassungsorgan, ruft den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster an und zum Kampf gegen einen nebulösen Antisemitismus auf. Ein guter Feind, durch kein Gesetz definiert und nirgends ernsthaft belegt, taugt für politische Kampagnen zur Formierung der Wahlbürger. Die angeblichen Volksparteien verlieren ihre Massenbasis, die Europäische Union ihren mondänen Glanz, die Bindungskraft tradierter Politikvorstellungen bröckelt. Nur ein guter Feind kann den Zusammenhalt retten.

Gerade zur rechten Zeit soll es vor der Golfküste Anschläge auf zwei Öltanker aus Saudi-Arabien gegeben haben. Das meldet der Hauptfeind des Iran, die saudische Diktatur. Zwei Fotos der Nachrichtenagentur AP sollen die Anschläge belegen. Den arabischen Tanker umringt eine Ölsperre, eine schwimmende Barriere, die das Ausbreiten von Öl auf dem Meer verhindern soll. Dies deute daraufhin, dass ein Ölleck befürchtet wird. Erzählt AP. Die Bilder erinnern in ihrer Dürftigkeit an jene Computeranimationen, die der US-Außenminister Colin Powell der Weltöffentlichkeit präsentierte, um den Überfall auf den Irak zu rechtfertigen. Angebliche mobile Bio- und Chemiewaffen-Labore sollten die UN überzeugen. Im Irak-Krieg starb eine halbe Million Menschen. Und er dauert, als Bürgerkrieg etikettiert, immer noch an.

Die USA wollen einen Konkurrenten ihres Fracking-Öl ausschalten. Israel will den Einfluß des Iran im Libanon und in Syrien verhindern. Und Deutschland will irgendwie auch dabei sein. Doch immer noch sind die Deutschen nicht für einen Krieg zu begeistern. Da braucht man starke moralische Geschütze. Da muss der Kampf gegen den Antisemitismus als ethische Tarnung herhalten, um den erklärten Erzfeind des Westens mit Krieg zu überziehen. Dass die heruntergelassenen Hosen auf beiden Seiten Beschnittenes der Abrahamiten zeigen, mindert die gefährliche Lust auf den Krieg leider nicht. Vor dem Krieg sind alle Religionen gleich. Sein Gott ist nur der Profit.

4 Gedanken zu „Kippa auf, Hose runter. Vorkriegszeiten brauchen Propaganda

  1. Alles objektiv richtig, aber subjektiv ungenügend: einmal ist „Deutschland“ nur ein Territorium von Staaten, die als „Bund“ zwar einen Gesetzgebungsverband darstellen, der jedoch nur promulgiert, was in höheren Organisationen beschlossen wird. Dazu gehört nun einmal die USA vorab. Sollte diesemorgen gegen Israel Politik machen wollen – rein theoretisch- wären die Deutschen sofort wieder Antisemiten. Das ist das Problem: Deutschland ist ein Weichtierland. Ob dies nun Herr Dr. Schuster erkennt oder nicht, kann man nicht erkennen. Er macht jedenfalls die inländischen Juden zu Auslandsisraelis. Das kann sich eines Tages rächen. An dem Tag, wo der erste Asiate US-Präsident wird oder an dem, an dem der Holocaust-Kredit verbraucht ist. „Man“ sucht ja auch im Inland nach keinem Frieden.

  2. Mir ist das alles zuwider diese Vorgehensweise im Nahen Osten. Dieses kleine Land Israel dort im Einklang mit der USA zu spielen mit dem Weltfrieden. Sagte übrigens der berühmte Noam Chomsky einer der weltweit bekanntesten linken Intellektuellen und einer der prominentesten jüdischen Kritiker der US-amerikanischen und israelischen Politik. Unsere Politiker in Deutschland gehören auf die Couch eines Psychiaters um zu sich zu kommen.

  3. Andreas Geisel oder auch Franziska Giffey oder der polit. Stricher von
    Angela Merkel sowie der größte Teil des Lobbyisten-Gesindels im Bundestag: sie alle kämpfen vorgeblich gegen „Antisemitismus“, wissen aber gar nicht, was das ist und quatschen nur die Propaganda-Vorgaben der Hasbara nach. Sie sind selbständig nicht denkfähig, wollen aber das deutsche Volk regieren. Armes Deutschland: Du wirst regiert von polit.Taugenichtsen ohne Hirnsubstanz, Dilettanten und polit. Schurken, die Deutschland skrupellos an einem subtilen Völkermord beteiligen, nämlich dem Israels am palästinen. Volk (vom Jemen ganz zu schweigen: auch ein unterschwelliger Völkermord, an dem die BRD über
    Waffenlieferungen an Saudi Arabien und die VAE schuldig beteiligt ist!).
    Dieses Gesocks weiß nicht mal Antisemitsmus von Anti-Israelismus zu
    unterscheiden. Und wird für diese kriminelle Politik auch noch überbezahlt.
    Deutschland war, ist und bleibt zu einem großen Teil das Volk der Völker-
    mörder!

  4. Der Volksmund sagt: Geschichte wiederholt sich nicht. Ehrlich nicht? Bezweifle ich – sie wiederholt sich ständig, nur in anderen Gewändern mit anderen Akteuren. Leider

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