Meinungsfreiheit in Frankfurt?

„Die freie Entwicklung eines jeden ist die Voraussetzung für die freie Entwicklung der Gemeinschaft.“ Diese Worte von Karl Marx sind heute gültiger denn je. Mit anderen Worten, die Freiheit des Einzelnen ist die Voraussetzung für die Freiheit aller. Die freie Meinung des Einzelnen ist Voraussetzung für die freie Meinung aller. Wenn man mir heute meine Meinungsfreiheit verweigert, wie vom Frankfurter Stadtkämmerer Uwe Becker gefordert, wird man morgen auch anderen in Frankfurt das Recht auf freie Meinung entziehen. Wer also meine Meinungsfreiheit verteidigt, schützt auch seine eigene Meinungsfreiheit.

Ich wundere mich, dass Stadtkämmerer und Bürgermeister Uwe Becker immer noch im Amt ist und nicht schon längst suspendiert, nachdem er im Juni 2017 versucht hat die KoPI-Konferenz „50 Jahre israelische Besatzung“ zu verhindern und nur durch eine EV des Amtsgerichts Frankfurt daran gehindert wurde. Daraus hat er aber nichts gelernt. Im Oktober desselben Jahres versuchte er wieder die Präsentation meines neuen Buches „Die Antisemitenmacher“ zu verhindern und wurde wieder durch eine EV derselben Richterin gestoppt. Meine Präsentation konnte stattfinden und verlief sogar außergewöhnlich ruhig. 

Es ist offensichtlich kein Zufall, dass Becker immer aktiv wird, wenn es sich um Themen handelt, die mit Israel und Antisemitismus zu tun haben und wo zu befürchten ist, dass Kritik an Israels Politik geäußert werden könnte. Becker verteidigt wie ein Löwe oder einer giftigen Natter die zweifelhafte Ehre des Staates Israels und denunziert jeden, der Israels Politik kritisiert als einen Antisemiten. Das kann er meinetwegen machen, auch er hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber der Spaß hört auf, wenn er Zensur ausübt und Meinungsfreiheit, die uns das Grundgesetz garantiert, unterdrückt.

Die letzte EV vom Oktober 2017 hat offenbar nicht gereicht, denn mein Versuch im Frühjahr 2018 wieder einen Raum zu mieten wurde von Saalbau, die offensichtlich nach Beckers Pfeife tanzt, mit einer augenscheinlich falschen Begründung abgelehnt, man hätte keine freien Kapazitäten. Die Tatsache, dass man bereits zweimal öffentliche Gelder umsonst verausgabt, schlicht zum Fenster herausgeworfen hat, reichte offensichtlich nicht.

Zurzeit versucht Saalbau seit mehreren Wochen meinen Wunsch einen Saal für einen Vortrag anzumieten, zu konterkarieren, obwohl Recht und Gesetz auf meiner Seite sind. Schon einmal hat die Frankfurter Rundschau Becker gewarnt auf einer solch dummen Art und Weise das Recht zu beugen. Schon einmal schrieb die Rundschau, dass ihm am Ende keine andere Wahl bleiben wird, als nachzugeben. Die FR schrieb: „Die Verweigerung von städtischen Räumen für Anhänger der BDS-Bewegung wird sich juristisch kaum halten lassen. Der versuchte Rauswurf des jüdischen Autors Abraham Melzer aus einem Bürgerhaus war ein Fehler. In der Demokratie gilt die Meinungsfreiheit.“

Zum damals erwirkten einstweiligen Verfügung gegen die Saalbau-GmbH, sagte Frank Junker, Geschäftsführer der ABG-Holding, zu der die Saalbau gehört, „man werde weiter gegen solche Veranstaltungen vorgehen, denn dort werden Positionen vertreten, von denen wir nicht wollen, dass sie bei uns vertreten werden.“ Er macht es wieder. Er und Becker wollen bestimmen, was „wir“ hören dürfen. Dabei gilt doch für uns alle die Meinungsfreiheit, die im Grundgesetz garantiert wird.

Aber da es sich nicht um Beckers Geld handelt, sondern um das Geld des Steuerzahlers, denkt Becker nicht daran nachzugeben. Er zwingt mich wieder einen Anwalt zu bemühen, zu klagen und per Gerichtsurteil eine Freigabe zu erwirken, für einen Raum, der jeden Bürger zur Verfügung steht und stehen muss. Es bedeutet aber, dass ich und meine Kombattanten uns jedes Mal anstrengen müssen, um etwas zu erreichen, was jedem Bürger zusteht.

Die Saalbau-GmbH ist eine GmbH, die zu 100% im Besitz der Stadt Frankfurt ist, also der Steuerzahler, der Bürger. Ich bin auch Bürger und Steuerzahler und akzeptiere keine Diskriminierung, weil ich mein Recht auf freie eigene Meinung wahrnehme. Das Grundgesetz erlaubt keine Zensur. Die Saalbau-GmbH gehört uns allen und ist kein Privateigentum von Uwe Becker. Mit wem ich sympathisiere und wessen Politik ich ablehne ist immer noch meine private Sache und kein Grund für Repressionen. Schade, dass ein Stadtkämmerer, der dem Grundgesetz verpflichtet ist, immer wieder daran erinnert werden muss.

Das Geschäft der Saalbau GmbH ist Räume für Vorträge, Versammlungen und Feiern zur Verfügung zu stellen. Die Saalbau-GmbH darf keine Zensur ausüben und jeder Bürger, wenn er nicht vorbestraft ist, und bei dem nicht die Gefahr besteht, dass er politisch hetzen und Personen diffamieren will, hat das Recht einen Raum zu mieten und zu benutzen. Auch ein deutscher Jude wie ich, der Israels Politik kritisiert. Uwe Becker mag blind hinter Israel stehen, wenn es ihm Spaß macht. Alle anderen sehen, was im Namen Israels geschieht und wie es ein anderes Volk unterdrückt und dessen Land raubt. Wer hier zuschaut ohne zu protestieren macht sich schuldig, und keiner soll sagen, er hätte nicht gewusst. Ich werde nicht ruhen und immer wieder darauf hinweisen: Im Übrigen meine ich, dass Israel mit der Besatzung Schluss machen muss – besser heute als morgen. Mache ich mich damit schuldig, dass ich elementare Bürgerrechte verliere?

Schon im Oktober 2017 hat die Rundschau gemeint und offensichtlich prophezeit, dass der Rechtsstreit um die Meinungsfreiheit weitergehen wird. Der Beschluss des Magistrats keine Räume für Kritiker der israelischen Politik zur Verfügung zu stellen, ist immer noch in Kraft und es gibt offensichtlich auch keine Initiative dagegen, obwohl ein solcher Beschluss ganz eindeutig unser Grundgesetz verletzt. Die Politiker beugen sich dem Druck der zionistischen Lobby und verleugnen ihre eigene Verfassung. Die Presse, als Kontrollinstanz, schweigt.

Am 8.10.2017 wurde von Elisabeth Abendroth, Helga Dieter, Herbert Kramm-Abendroth und Edgar Weck ein offener Brief veröffentlich, der von mehr als 200 Bürgerinnen und Bürger unterschrieben wurde. Darin hieß es u.a.: „Natürlich gehören nachweislich antisemitische Veranstaltungen nicht in öffentliche Räume. Das ist ein schwieriges Problem, das nicht ohne öffentliche Debatte durch Verbote gelöst werden kann.“ Für viele Zeitgenossen ist Zensur und die Verhinderung öffentlicher Auftritte aus biografischen und historischen Gründen undenkbar.

Jeder Leser dieser Zeilen möge selbst entscheiden und wenn er meiner Meinung ist, bei der Stadt protestieren.

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