Michael Wolffsohn: Ein „nützlicher Idiot“?

In Deutschland herrscht eine gewisse Verwirrung in Bezug auf den Paragrafen 5 des Grundgesetzes. Viele Menschen glauben, dass dieser Paragraf uns die Meinungsfreiheit garantiert. Das ist aber falsch. Um eine eigene Meinung zu haben, benötige ich nicht das Grundgesetz und noch viel weniger die Erlaubnis des Bundestages. Da können die Abgeordneten noch so absurd und bescheuert abstimmen, meine Sympathie und Zustimmung zu den Zielen der BDS-Bewegung kann das nicht beeinflussen.

Das Grundgesetz, die deutsche Verfassung, sagt in Paragraf 5 etwas anderes, nämlich, dass jeder das Recht hat seine Meinung zu äußern, in Wort und Schrift. Das heißt, dass die Väter der Verfassung schon davon ausgehen, dass jeder eine eigene Meinung hat, die er auch öffentlich vortragen oder in Artikel oder Bücher veröffentlichen darf und kann. Dieses von der Verfassung garantierte Recht steht aber im Widerspruch zum Beschluss des Bundestages, öffentliches Debattieren über die BDS-Bewegung zu verbieten und erst recht zum Beschluss von Städten wie München, Frankfurt, Berlin u.a. öffentliche Vorträge von Menschen, die mit BDS sympathisieren oder gar BDS-Aktivisten sind, zu verbieten, ganz gleich worüber sie reden wollen. 

Diese absurde Beschlusslage führt zu absurden Situationen, dass der Zentralrat der Juden in Deutschland, der sich als Hilfspolizei der israelischen Botschaft und somit des israelischen Propagandaministeriums versteht, das Jüdische Museum in Berlin kritisiert, weil es einen offenen Brief von 240 Akademikern gegen das BDS-Votum per Twitter verbreitet und als „must-read“ empfohlen hat. Damit tritt der Zentralrat der Juden das Recht auf Meinungsfreiheit mit groben Stiefeln in den Abgrund und damit es auch „kosher“ erscheint und nicht als ein Verbot der Meinungsfreiheit disqualifiziert wird, benutzt man den inzwischen abgegriffenen und nutzlosen Begriff „Antisemitismus“. Der Zentralrat meint, dass das Maß voll sei und das Jüdische Museum sein Vertrauen verloren habe.

Müsste es da nicht umgekehrt lauten, dass nämlich der Zentralrat der Juden schon längst das Vertrauen vieler anständiger Deutscher und auch Juden verloren hat. Wie soll man einen Josef Schuster noch vertrauen, der permanent und ohne vor Scham rot zu werden, israelische Propaganda von sich gibt und den latenten Rassismus in der israelischen Politik verschweigt, dafür aber das deutsche Grundgesetz unverschämt verletzt und sich auch noch moralisch im Recht fühlt? Wo war denn dieser Zentralratsvorsitzender, als vor wenigen Wochen in Israel die frühere Justizministerin Ayelet Shaked Werbung für sich und ihre neue Rechtsaußen Partei mit einem Parfüm „Faschismus“ machte und auch noch meinte, dass für sie Faschismus wie Demokratie rieche? Der Gestank dieser israelischen Demokratie verbreitet sich inzwischen bis in die jüdischen Gemeinden in Deutschland. Für mich riecht die israelische Demokratie wie Faschismus.

Wenn dann auch noch verblödete jüdische Akademiker und ehemalige Militärprofessoren die absurde und verlogene israelische Propaganda wiederholen und behaupten, dass BDS ein „Wolf im Schafspelz“ sei und eigentlich Israel vernichten wolle, dann hört der Spaß wirklich auf, und man kann sich nur noch über Medien wundern, oder auch nicht, die solchen faschistoiden Gedanken Raum geben.

Wolffsohn meint, dass Israel kritisiert werden darf wie jeder andere Staat auch. „Das geschieht besonders heftig durch die Opposition im Land selbst, die fast 50 Prozent der Israelis ausmacht.“ Er unterlässt es aber zu erwähnen, dass die Opposition nur andere Köpfe hat, aber keine andere Politik. Insofern gibt es in Israel keine Opposition zur rassistischen, anti-palästinensischen Politik. Er jammert immer wieder dieselbe Litanei: Israel wird mit zweierlei Maß gemessen. Wo, wann, von wem?

Wolffsohn beschuldigt BDS, dass es die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge fordert, Flüchtlinge, die von den Israelis vertrieben worden sind. Das darf man nicht vergessen. Und um seine Leser zu erschrecken, spricht er von 7 Millionen Flüchtlingen, nämlich von den Kindern und Kindeskindern, die nicht im Traum daran denken, nach Palästina auszuwandern, denn für sie, die in Europa, Amerika oder sonst wo geboren sind, ist es keine Rückkehr. Aber Wolffsohn genügt es ein Gespenst aufzubauen und abzuwarten, was daraus wird. Wahrheit und Lüge vermischen sich in seinen Ausführungen und am Ende bleibt es bei der Ur-Lüge der zionistischen Bewegung, dass nämlich Palästina ein Land ohne Volk war und auf ein Volk ohne Land gewartet hat.

Nachdem der Zionismus seit mehr als 120 Jahren die Weltöffentlichkeit beeinflusst und manipuliert, beschwert sich Wolffsohn, dass die BDS-Kampagne die öffentliche Meinung beeinflusst. Unverschämt und zynisch ist es aber, daraus den Vorwurf des Antisemitismus zu konstruieren. Er schreibt: „Diese wirkt auf Politiker, entscheidet letztlich Wahlen und bewirkt eine andere Politik. Das bedeutet: Die wunderbaren Instrumente der Demokratie werden im Namen der Menschlichkeit für Unmenschliches missbraucht – das Auslöschen eines Staates.“ Unabhängig davon, dass die BDS-Bewegung den Staat Israel nicht auslöschen will, sondern nur seine verheerende zionistische und kolonialistische Politik, die zudem auch rassistisch und menschenfeindlich ist, fragt man sich, was antisemitisch, was überhaupt verwerflich ist an einer Kampagne, die öffentliche Meinung erzeugen will, und was ist schließlich „unmenschlich“ an dem Bestreben nach Freiheit und Unabhängigkeit? Gibt es ein einziges Volk auf dieser Welt, dass nicht unabhängig sein will?

Wolffsohn argumentiert wie gestandene Nazis. Die Araber haben den Krieg begonnen und verloren und müssen jetzt die Konsequenzen annehmen. Das haben die Deutschen auch von den Franzosen 1870/71 verlangt und am Ende mussten sie die Konsequenzen annehmen. So werden auch die Israelis eines Tages die Konsequenzen ihrer falschen und völkerrechtwidrigen Politik tragen müssen. Viele von ihnen, zumindest die Aschkenasim, bereiten sich schon vor. Sie beantragen Pässe europäischer Staaten, aus denen ihre Vorfahren stammen. Wo bleibt da die israelische Nation? Die gibt es aber nach Meinung des israelischen Innenministeriums nicht. Israelische Staatsbürger sind ihrer Nationalität nach Juden, sofern sie nicht Moslems, Christen, Drusen oder sonst was sind. So will es in Israel das Gesetz.

Die Palästinenser haben aber 1947 den Krieg nicht begonnen. Der Krieg begann schon mit der Gründung des Zionismus im 19. Jahrhundert. Sinn und Zweck des Zionismus war es doch, und darüber gibt es unzählige Dokumente, die Bewohner Palästinas zu vertreiben und dort Juden anzusiedeln. Hat nicht der Gründer des Zionismus, Theodor Herzl in seinem Tagebuch am 12. Juni 1895, also vor genau 134 Jahren, geschrieben: „Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen.“ Ist das nicht Vertreibung? Als mein Vater 1958 nach Deutschland zurückgekehrt ist, sagte zu ihm ein Kollege aus dem Buchhandel: „Man hätte die Juden nicht umbringen müssen. Man hätte sie auch vertreiben können.“ Hätte sich Hitler bloß an Herzl gehalten. Es gelang diese Absicht eine Zeitlang zu verbergen, aber spätestens nach der Deklaration des britischen Außenministers Lord Balfour war auch dem dümmsten Palästinenser klar, was der Zionismus will: Nämlich sein Land.

Das hat übrigens bis heute nicht aufgehört. Wenn man heute nicht mehr von Vertreibung, sondern von „Transfer“ redet und davon spricht den Palästinensern „ihr Land“ abzukaufen, so ist es und bleibt es übelster Kolonialismus und ein widerlicher Versuch einer weiteren Expansion Israels auf Kosten der Palästinenser.

Wolffsohn meint, dass wer einen Krieg beginnt und verliert, mit den Konsequenzen leben muss. Die Palästinenser und arabische Staaten wie Jordanien und Ägypten haben längst die Konsequenzen akzeptiert. Nur Israel noch nicht. Die BDS-Bewegung akzeptiert die Grenzen von 1948/49 aber nicht die weitere Okkupierung von 1967, die eine Verletzung des Völkerrechts darstellt und von keinem Land der Welt anerkannt wird, außer den USA. Die BDS-Bewegung will nicht Israel auslöschen, wie es Wolffsohn sagt, und dabei muss er wissen, dass er lügt, sondern zu den Grenzen von 1967 zurückkehren. Die Palästinenser wollen auch ihren eigenen Staat haben, so hat es die UNO 1947 beschlossen. Israel beruft sich ständig auf diesen Beschluss, ist aber nicht bereit, ihn auch voll anzuerkennen, da er die Schaffung und Anerkennung eines palästinensischen Staates an seiner Seite beinhaltet.

 Wolffsohn aber schreibt „Im Rahmen der Entkolonialisierung gab es nur einen Staat, über dessen Gründung von der UNO abgestimmt wurde: Israel.“ Das ist freilich nur die halbe Wahrheit und jeder weiß, dass eine halbe Wahrheit eine ganze Lüge ist. Am 29. November 1947 wurde auch beschlossen, dass Palästina geteilt wird in einen jüdischen und in einen arabischen Staat, wobei die Juden, die damals nur 9 Prozent des Bodens besaßen, 54 Prozent zugesprochen bekamen und im Krieg, der daraufhin ausbrach, ihr Gebiet auf 78 Prozent erweitert haben. Dieses minimale, aber wichtige Wissen kann man auch von einem zionistischen Historiker erwarten. Einige israelische Historiker wie Ilan Pappe haben es schon längst erkannt. Wolffsohn ist aber bemüht, Geschichte zu fälschen und zu manipulieren.

Zu der Beschuldigung, Israel sei ein Apartheid-Regime, sagt der arrogante und inzwischen verwirrte Historiker, dass Israel das einzige Land im Nahen Osten sei, in dem Araber überhaupt wählen dürfen. Bischoff Tutu dagegen, ein unumstrittener Kenner der südafrikanischen Apartheid, sagte, dass die Verhältnisse in Israel ihn sehr wohl an die Apartheid in Südafrika erinnern und wenn er vergleichen sollte, dann ist die Lage der Menschen in Palästina weit schlechter, als die der schwarzen Afrikaner je gewesen ist.

Wolffsohn bezeichnet diejenigen, die die BDS-Bewegung unterstützen, als „nützliche Idioten“. Leider ist ihm noch nie in den Sinn gekommen zu überlegen, ob nicht vielleicht er der „nützliche Idiot“ der israelischen Propaganda sei. Nützliche Idioten sind Menschen, die rassistische, chauvinistische und nationalistische Propaganda nachplappern und im Interesse einer rassistischen Ideologie in ihrem Fach Fälschungen vornehmen. Nichts anderes tut aber dieser „nützliche Idiot“.

Mir kommt Wolffsohn vor wie der nationalsozialistische Propagandaminister Joseph Göbbels, der so unverschämt gelogen hat, dass viele Menschen es tatsächlich glaubten. Und Göbbels war auch Akademiker. Aber viele sogenannte Akademiker gehen als Kälber in die Universität rein und kommen als Ochsen raus. Sie sind nur älter geworden und im besten Fall sind sie zu Fachidioten ausgebildet worden. Wolffsohn ist so ein Fachidiot, der ohne mit der Wimper zu zucken, ohne rot zu werden und schon gar kein schlechtes Gewissen zu haben, weil man ja kein Gewissen hat, jüdische Geschichte manipuliert und zionistische Werte fälscht.

Unsinn bleibt Unsinn, egal von wem er immer wieder neu vorgetragen wird.

7 Gedanken zu „Michael Wolffsohn: Ein „nützlicher Idiot“?

  1. Werter Herr Melzer,

    gerade Sie sollten wissen, dass der „Meinungsfreiheit“ in Deutschland aufgrund „unserer“ Geschichte sozialmoralisch wie auch durch das Strafrecht enge Grenzen gesetzt sind, auch – oder gerade, wenn in einer Weise argumentiert wird, die durchaus mit dem GG im Einklang zu stehen scheint, wenn sich denn einer/eine im Volk dennoch verhetzt fühlt.

    „Israelkritik“ wird nun auch regierungsamtlich als Versuch gewertet, das „Existenzrecht Israels“ zu bestreiten. Und „wer wiederum Juden diese Lebensversicherung rauben will, bringt sie letztlich in Lebensgefahr.“ (Michael Wolffsohn, BILD, 1.6.2019). Was soll man da noch sagen? Paranoia? Aber das wäre schon wieder „Antisemitismus“ – und würde die Paranoia wiederum verstärken.

    Solange die Paranoiker der Welt nur verbale Kriege führen, seis drum. Gefährlich wird’s immer wenn diese zu realen Waffen greifen, weil sie sich „bedroht“ fühlen und in den Angriffsmodus übergehen.

  2. Die frühere Justizministerin Ayelet Shaked mit dem Faschismusduft ist von unserem israelfreundlichen Außenministerchen als seine Freundin bezeichnet worden. Bezeichnend!

  3. Befürchte, der Zentralratsvorsitzende Schuster wird wohl nichts unversucht lassen am Stuhl des Museumsdirektor Peter Schäfer zu sägen.

    • Da würde denn auch Volker Beck ordentlich Beifall klatschen.
      Und wenn nicht, muss eben die „Springer-Presse“ in Gang gesetzt werden.

  4. Wer A sagt, muß auch B sagen, sagt man, und diese Regel führt zu weiteren Buchstaben, die sowohl „c“ als auch Gamma oder Gimmel sein können. Bei der Freiheit dr Meinung entsetzt es, wenn von den Zuhörern „Caesar“ erwartet wurd aber statdessen Gimmel kommt oder umgekehrt. Man erwartet einfach nicht, daß die israelische Opposition ihre Ansichten außerhalb Israels zum Ausdruck bringt. Wenn die Tories in England regieren, turnen die Labour-Leute nicht in Deutschland herum. Im Verhältnis zu Israel ist es anders: einmal gaben nicht wenige Israelis deutsche Wurzeln, deutsche Juden haben solche in Israel und Araber hat man nach Art.16 GG alter Dasung im Lande. Trotz spezieller Förderpolitik für ein jüdisches Leben in Deutschland ist man mit Umständen konfrontiert, die politischen Ziergärtnern Alpträume verursachen.

    Von einer merkelitistischen Regierung kan man nicht erwarten, der Situation gerecht zu werden..

    Wer Israel kritisiert, will ja gehört werden. Er darf auch übertreiben. Unterstellt, die Kritik sei völlig unberechtigt. Er stellt Israel wie einen Talibanstaat dar, wo der Mossad Fatwa Entscheidungen im Stile Saudi-Arabiens vollstrecke
    und wo die Frauen ähnlich unterdrückt würden wie in Afghanistan. Das wäre, wenn er sich am Modell des Hindukuschlandes orientiert, nach BGH Rechtsprechung erlaubt. Man muß also streng trennen, was privatrechtlich geäußert wird und wo jemand als Bundestag oder als Körperschaft des öffentlichen Rechts das Maul aufreißt. Man müßte die Schnösel der Antisemitismusbeauftragen mit Feststellungs- und Unterlassungsklagen überziehen. Diese sind die Totengräber der Meinungsfreiheit. Gegen den Judenrat der Bundesrepublik gäbe es auch andere Heilkräuter:: den religiösen Neuanfang vor dem pharisäischen Talmud, den Sohar und der Kabbala wie es Uriel da Costa und Baruch Spinoza skizziert hatten: Wegfall aller Speiseverbote (Crevetten und Aal sind kosher), Sabbat auf den Sonntag (Vorschlag v. Israel Jakobsohn) und Geltung der Digesten anstelle der Halacha. Dann würde sich auch ein Marc Zuckerberg wieder für Religion begeistern können.

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