Tsafrir Cohen im Gespräch mit Mario Dobovisek
Mario Dobovisek: Die Gewalt zwischen Palästinensern und Israelis eskaliert seit fast zwei Wochen und die Zahl der Messerangriffe nimmt stetig zu. Bisher kamen vier Israelis und 25 Palästinenser ums Leben, darunter sieben mutmaßliche Messerangreifer und acht Kinder. Israelis Staatspräsidentin Rivlin warnt davor, den Konflikt zu einem Religionskrieg zu machen, und blickt dabei, so wörtlich in ihrer Mitteilung gestern, in den Abgrund der abgeschlachteten Minderheiten in Syrien und im Irak. – Am Telefon begrüße ich Tsafrir Cohen, Leiter der linksnahen Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv. Guten Morgen, Herr Cohen.
Tsafrir Cohen: Guten Morgen.
Dobovisek: Aus den Palästinenser-Gebieten hören wir bereits das Stichwort Intifada. Bahnt sich im Nahen Osten dieser Tage der dritte große Aufstand der Palästinenser an?
Cohen: Viele sprechen von Intifada unter den sogenannten Experten. Wir wissen es nicht. Wir wissen nicht, wie Volksaufstände stattfinden, wann sie anfangen und ab wann sie eine Intifada sind, und bis wann sind sie einfach ein Aufstieg der Gewalt.
Dobovisek: Warum häufen sich die Angriffe gerade jetzt?
Cohen: Wir wissen es nicht genau. Die Zustände in Jerusalem sind seit Langem extrem schwierig und wir haben es eigentlich damit zu tun, mit einer Situation der Entrechtung der Palästinenser auf der einen Seite und eines Versuchs seitens der israelischen Regierung und Israels, eigentlich weiter so zu leben wie gehabt, und das kommt irgendwann mal zusammen. Das Problem, das wir im Hintergrund haben, ist die Entrechtung der Palästinenser und die fortwährende Besatzung der Palästinenser-Gebiete. Weiterlesen