Muriel Asseburgs Buch folgt nicht der zionistischen Geschichtsschreibung. Sie beschreibt die Geschichte eine verratenen und geschundenen Volkes.
von Arn Strohmeyer
Die Wahrnehmung der Palästinenser und ihrer politischen Rechte ist in Deutschland vor allem durch die Schuld gegenüber den Juden geprägt und wird deshalb vornehmlich durch die israelische Sicht bestimmt. Obwohl die Palästinenser mit dem Holocaust nichts zu tun hatten, werden sie von den Zionisten nicht nur als Terroristen, sondern als „Antisemiten“ und die „neuen Nazis“ hingestellt. Das heißt, die Opfer des Nahost-Konflikts werden zu Tätern gemacht. Die zionistische Ideologie überträgt also die Verbrechen der Nazis auf die Palästinenser und kann so von seiner eigenen Gewaltpolitik gegenüber diesem Volk ablenken: Wer in Palästina der Kolonist und die Kolonisierten, der Besatzer und die Besetzten sowie die Unterdrücker und die Unterdrückten sind, wird auf diese Weise verschleiert. Stellen die Palästinenser ihr historisches Narrativ mit Hinweis auf ihr völkerrechtlich verbürgtes Recht auf Selbstbestimmung dar – man denke nur an die Nakba-Ausstellung – , dann preschen auch die Verteidiger Israels in Deutschland schnell mit denunziatorischen Vorwürfen der Einseitigkeit und des „Antisemitismus“ vor.
So konnte Israel Jahrzehnte lang im deutschen Raum sein historisches Narrativ verbreiten, ohne dass ihm gegenüber je der Vorwurf der Einseitigkeit erhoben wurde. Das taten dann aber ab den 90er Jahren bis heute israelische Historiker einer neuen Generation, die nicht mehr unkritisch den Vorgaben der zionistischen Ideologie folgen wollten. Die Vertreter der Gruppe der sogenannten „neuen Historiker“ interessierten und interessieren sich nicht für das zionistische Dogma, sondern für die Fakten, also für das, was wirklich geschehen war. Ihnen kam zugute, dass in Israel zum ersten Mal wenigstens ein Teil der Archive zugänglich gemacht wurde. So konnten Historiker wie Benny Morris, Ilan Pappe, Shlomo Sand, Avi Shlaim und Tom Segev, um die bedeutendsten zu nennen, ein ganz anderes, eben realistisches Bild der Geschichte Israels zeichnen, das mit den Verklärungen und Mythen der alten zionistischen Geschichtsschreibung gründlich aufräumte. Weiterlesen