Annalena Baerbock, Israel und die Palästinenser

von Arn Strohmeyer

Man erinnert sich noch gut an den Besuch des grünen Parteivorsitzenden Robert Habeck in Israel und Palästina. Der Politiker hatte dort hoch gestellte Gesprächspartner und hat sicher auch einiges von der realen Situation im „Heiligen Land“ gesehen. Weder an Ort und Stelle noch wieder zu Hause äußerte der Grüne, der ja auch so etwas wie ein Vordenker seiner Partei ist, ein einziges Wort der Kritik über die schlimme Situation dort. Nichts sehen, nichts hören und nichts sagen, war ganz offensichtlich seine Devise.

Zwei Äußerungen machte er dann dennoch: Über seinen Besuch in Hebron sagte Habeck, es sei für ihn neu gewesen, „wie schnieke die Siedlungen, die ich gesehen habe, sind, wie professionell sie geplant und gebaut sind und wie das die strategische Ausrichtung des Siedlungsbaus manifestiert, im wahrsten Sinne des Wortes.“ Auch machte es ihm großen Eindruck, wie die Menschen im israelischen Dorf Sderot an der Grenze zum Gazastreifen mit ihren Traumata umgehen, die – so sagt er – von den Raketenbeschuss von der „anderen Seite“ herrühren. Ganz rührend: Er durfte in Sderot einen fingergroßen sibirischen Hamster in die Hand nehmen. Mit Streicheln dieser possierlichen Tierchen bekämpfen die Kinder und Erwachsenen ihre Angst vor den Raketen der „anderen Seite“. Einfach rührend! Da fragt man sich, womit die palästinensischen Bewohner im Gazastreifen ihre Angst vor den fast immer wiederkehrenden israelischen Bombenangriffen bekämpfen, die jedes Mal ganze Häuser oder Stadtviertel dem Erdboden gleichmachen und auf die Zivilbevölkerung keine Rücksicht nehmen. Sein Urteil über die Reise fasste Habeck dann so zusammen: „Für mich war’s ein einziger Ansporn. “ Wozu ließ er allerdings offen.  Weiterlesen

Einblicke in die Hölle von Gaza

von Kristin Leiste

In Gaza leben ca. 2 Millionen Menschen auf engstem Gebiet, gezeichnet von Armut und den Zerstörungen der letzten Kriege, auf einer Fläche, die weniger als die Hälfte von Hamburg beträgt. Etwa 1,5 Millionen Menschen sind unter 16 Jahre alt. 1,2 Millionen leben in Flüchtlingslagern von Gaza. Eine von ihnen ist Hazems Schwester, ihr Name ist Leena: Dies ist die Geschichte meiner Freundin

Leena Hasan,

26 Jahre jung, am 11. Juli 1994 in Gaza geboren. Leena lebt mit Ihren Eltern im Süden des Gazastreifens, in der Stadt Rafah.

Im Oktober 2019 lernten wir uns durch ihren Bruder Hazem kennen. Er lebt seit mehr als 3 Jahren in Bochum, leistet viel Aufklärungsarbeit von hier aus, über das Unrecht in Palästina. Er lebt hier zwar in Freiheit, leidet dennoch jeden Tag mit seinem unterdrückten Volk. Hazem wäre gern geblieben, wenn es dort Sicherheit, Schutz, ein Recht auf freies Leben und Perspektiven für die Zukunft gegeben hätte. Die Sehnsucht nach seiner geliebten Heimat Palästina wird niemals vergehen.

Leena ist eine bildschöne junge Frau, lebensfroh, selbstbewusst, intelligent, mit so viel Humor, einem unbändigen Drang nach Wissen und der ungestillten Neugier die Welt zu entdecken, die ihr bisher versperrt blieb.

Alles was Leena kennt, ist das Leben in Gaza, mit Mangel an Grundversorgung von Nahrungsmitteln, -sauberem Trinkwasser, Mangel an Strom und ärztlicher Versorgung. Ein Leben unter der Armutsgrenze. In einem seit Jahren besetzten, kontrollierten Gebiet, in dem für Unbeschwertheit kaum Platz bleibt. Ein ewiger Kampf ums Überleben, der die Psyche der Menschen krank macht.

„Ich bin verrückt geworden“ meinte Leena mal zu mir. Was sie mir zu beschreiben versuchte, dass sie traumatisiert ist, wie so viele Kinder, Frauen und Männer in Gaza, die seit vielen Jahre schutzlos der Willkür ihrer Besatzer und Unterdrücker ausgeliefert sind. Die Kriege, die tiefe Wunden und Spuren hinterlassen haben. Ein Land, ein Volk, das ihrem Schicksal, über das sie selbst nie entscheiden durften, überlassen wird.  Wenn sie leidet, dann meist im Stillen für sich, ihr Glaube hilft ihr, die Hoffnung niemals aufzugeben.

Ich nenne sie meine Löwin, ihre Stärke hat mich von Anbeginn beeindruckt. Die wenigen Stunden Internet täglich, wenn der Strom mal für 3-4 Stunden nicht abgestellt wird,  bleiben ihr Schlüssel zur virtuellen Freiheit. Unser gemeinsames Medium, worüber wir uns austauschen, voneinander lernen, so viele Gemeinsamkeiten entdeckten. Sie mag auch schnelle, coole Autos, genau wie ich. Die Liebe zur Musik, die uns verbindet. Wir beide tanzen gern und taten es oft zusammen, wenn auch tausende Kilometer voneinander entfernt. Momente, in denen wir alle Grenzen, Mauern, Zäune und Checkpoints überwinden, Leena all die Trostlosigkeit und Ängste ihres Alltags loslassen und vergessen kann.

Ihr Lachen ist wahnsinnig ansteckend. So sind wir aus scheinbar völlig fremden Welten und doch in vielem so verdammt ähnlich. Leena schlich sich ganz selbstverständlich in mein Herz. Ich nahm sie mit in meine Welt, die ihr Hoffnung auf ein besseres Leben gibt, ihre unbedarfte Neugier darauf aufblühen lässt.

Ihr Wunsch ist es nach Deutschland kommen zu können, um hier ihr Master-Studium zu beginnen. Dafür lernte sie in den letzten Monaten fleißig Deutsch, berappelte sich nach Rückschlägen, das Ziel der Freiheit als größte Motivation, worin ich sie unterstütze, bestärke und verdammt stolz auf sie bin!

Vor wenigen Wochen bestand Leena ihren A2 Deutschkurs, nun hatten wir alle Unterlagen zusammen, die sie für das Visum nach Deutschland braucht, endlich!

Nach Ramadan wollte Leena zur Botschaft, alles regeln, für die große Reise nach Deutschland.

Dann kam der Krieg!

Tage voller Angst, die Nächte sind am schlimmsten, so schrieb sie mir. Schickte Sprachnachrichten mit Geräuschen von dröhnenden Militärflugzeugen über dem Haus, Einschläge von Raketen, Schreie.. Kriegsschiffe, Marineboote, beängstigender Lärm vermischt sich mit der lähmenden Angst vollkommen schutzlos ausgeliefert zu sein. Nicht zu wissen, ob ihre Gebete erhört, ihre Familie und Freunde unverletzt und am Leben bleiben. Oder ob sie fliehen müssen, wie Tausende andere in diesem Krieg.. und wenn doch, wohin? Es gibt keinen sicheren Ort in Gaza.

Ich bleibe nachts oft bei ihr in diesen Tagen, so lange die Verbindung hält. Ich kann sie nicht wirklich beschützen und doch versuche ich es.

Lina schrieb mir dieser Tage, in denen sie sich mit ihren Eltern im Haus verschanzte, voller Ungewissheit, wann dieser Horror diesmal enden würde:

„Wir haben doch nichts getan, warum tut man uns das an? Das ist unmenschlich. Wir sind unschuldige Menschen, die endlich in Frieden leben wollen!“ „Ich möchte mein Leben leben, bevor ich sterbe!“ „Hab dich lieb, vergiss mich nicht, ja?! Also wenn es geschieht.. -Nie!“

Es bricht mir das Herz, diese Ohnmacht, aus der Ferne nicht mehr als Trost  spenden zu können, bei all den schrecklichen Bildern der letzten Tage, all dem Leid einer Bevölkerung, das nicht endet, weil die Welt dazu schweigt!

Das unermessliche Leid der Palästinenser hat für mich durch Leena ein Gesicht bekommen, einen Namen, stellvertretend für alle Menschen Palästinas, die sich nach Frieden und einem Leben in Freiheit sehnen. Ihre Träume leben wollen, so wie meine Leena, die sich nichts sehnlicher wünscht.

  1. Mai -WAFFENRUHE-

Endlich aufatmen, nach Tagen und Nächten voller Todesangst, kaum Schlaf, Erleichterung, den Tod nicht mehr so erschreckend nah spüren zu müssen. Es macht das Überleben längst nicht frei von Gefahr und Angst, die Menschen bleiben von einem selbstbestimmten Leben in Freiheit weit entfernt. Die Blockade muss beendet werden, vorher dürfen wir nicht verstummen!

Am 10.12.1948 beschlossen die Vereinten Nationen die Erklärung der Menschenrechte.

Artikel 1

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.

Artikel 3

Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

Menschenrechte gelten auch für Palästinenser!

Wir dürfen nicht zulassen, dass Solidarität mit Palästinensern kriminalisiert wird. Das Völkerrecht ist auf Ihrer Seite, wir dürfen sie nicht vergessen, sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen.

Deswegen sind wir heute hier, um gemeinsam ein Zeichen setzen!

FREIHEIT FÜR PALÄSTINA!

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Mein Name ist Lina
ich grüße euch aus Gaza.
wir haben schlimme Tage hinter uns , wir haben und seit vielen Jahren Kriegen, Blockade, keine Moglichkeiten keine Sicherheit noch Schutz gelebt. das Leben hier ist kein Leben/ ist nicht einfach

Ich bin 26 Jahre alt, niemand wünscht so einem Alter überhaupt Ängste zu haben da sollte man an anderen Sachen erfreuen und nicht solches Leid erfahren. müssen deswegen gücklich sein aber wir könnten oft leider nicht.

Natürlich möchte ich mich persönlich nach diesem Schmerz von Jemandem unterstützen.
Das wisst ja ihr bei jeder mensch muss ein normales leben in freiheit und frieden verdienen.
Es gibt viele Menchen so weit weg, die für uns einstehen die an uns
glauben an uns denken, sich für uns einsetzen. uns hören, die auf unser leid aufmerksam machen.
Dafür möchte ich euch danken in Frankfurt,
und in Deutschland Allgemein, Ich möchte mich ganz besonders bei Kristina bedanken, die die ganzen Kriegstage bei mir war.
Danke dass ihr bei uns da bleibt, damit uns hoffnung gebt also uns eine Stimme gibt, bestimmt sind wir keine Nummern,
Danke dass ihr mit uns Solidarität zeigt und uns nicht vergessen, ich hoffe sehr dass Alles in gaza gut wird..
Wir alle müssen weiter kämpfen..und niemal aufgeben! Grüße nach Frankfurt,
Eure Lina
Freiheit für Palästina!

Ein stolzer Jude schämt sich, Israeli zu sein!

von Daniel Bar-Tal

Liebe Freunde und Kollegen

Seit einigen Tagen denke ich darüber nach, ob ich meine Gedanken und Gefühle mit Ihnen teilen soll, wie ich es 2009 und 2014 nach den Kriegen in Gaza getan habe. Heute wiederholt sich die Geschichte, und wir haben einen neuen (gleichen) Krieg. Die Gewalt und die Kriege werden so lange andauern, wie die internationale Gemeinschaft tatenlos zusehen und die blutigen Konfrontationen ohne entschlossenes Eingreifen beobachten, um diesen Unsinn zu stoppen. Israelische Juden sind dazu nicht in der Lage, weil ihre nationalistische und konfliktorientierte Denkweise von ihren Führern und der Mehrheit der israelischen Juden geteilt wird.

Wieder habe ich die Schwelle überschritten, zu schweigen, Schuld und Scham für die Gewalt der israelischen Streitkräfte zu empfinden. Ich bin stolz darauf, Jude zu sein, schäme mich aber, Ein Israeli zu sein. Es liegt in meiner Verantwortung, im Kampf der Minderheit um die Lage, den Frieden, die Moral und die Demokratie zu kämpfen,

Die Hamas und die Palästinenser tragen auch eine gewisse Verantwortung für die Gewalt und die Pattsituation im Friedensprozess – aber nur in geringem Umfang  –,  da Israel eine Supermacht ist und die Superfähigkeit hat, den Friedensprozess zu beginnen, Verhandlungen zu führen und Palästinenser und arabische Staaten für den Frieden zu mobilisieren.  Denken Sie nur an den immer noch relevanten Vorschlag der Arabischen Liga, den Israel ignorieren will und sich daher weigert, den Konflikt zu lösen, der jemals danach strebt, das Westjordanland zu annektieren und den Gazastreifen zu kontrollieren, und dies geschieht nun schrittweise, auf informelle Weise. Die Möglichkeit einer Zwei-Staaten-Lösung schwindet, und Israel wird bald vor der Herausforderung stehen, Millionen Palästinensern gleiche Rechte zu geben. Eine Mehrheit der israelischen Juden bevorzugt jedoch den Status quo von heute oder die Annexion, ohne den Palästinensern Rechte zu geben, oder eine vollständige Eroberung des Westjordanlandes. Minderheiten bevorzugen eine friedliche Lösung.  Weiterlesen

Rede zu den Auseinandersetzungen in Palästina

von Jürgen Jung

Wenn man die Berichterstattung unserer Medien und die Reden unserer Politiker verfolgt, gewinnt  man den Eindruck, dass der erneute Kriegsausbruch eindeutig und allein von der „radikal-islamischen Hamas“ ausgegangen ist, die nichts anderes zu tun habe, als Raketen auf Israel zu schießen, das sich natürlich verteidigen muss.

Es hat da allerdings einen Vorlauf gegeben, auf den kaum hingewiesen wird, nämlich eine ganze Reihe von Provokationen seitens der Israelis. Nach den täglichen Ramadan-Gebeten hat Israel Absperrungen in Ost-Jerusalem, etwa am Damaskus-Tor, errichtet, wo sich die Palästinenser am Abend versammeln. Dazu ist die Polizei auch noch auf den Tempelberg vorgedrungen und hat sogar Schockgranaten in die Al Aksa-Moschee geworfen, die drittheiligste Stätte in der islamischen Welt.

Die von Amnesty International diesbezüglich gesammelten Beweise zeigen ein erschreckendes Muster des Vorgehens israelischer Streitkräfte, die in den letzten Tagen gewaltsam gegen weitgehend friedliche palästinensische Demonstranten vorgegangen sind.

Darüber hinaus hat  Amnesty die isrelischen Behörden aufgefordert, die Zwangsräumungen im Ostjerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah, die sehr viel Unmut unter den Palästinensern und die gegenwärtigen Unruhen ausgelöst haben, sofort einzustellen und die anhaltende Vertreibung von Palästinensern aus Ost-Jerusalem zu beenden.

Amnesty wörtlich: „Diese Zwangsräumungen ….verletzen eklatant das Völkerrecht und kommen Kriegsverbrechen gleich.“  Weiterlesen

Die Bombardierung des Gazastreifens und das zweifelhafte deutsche Israel-Bild

von Arn Strohmeyer

Deutsche Politiker übertreffen sich zur Zeit geradezu in Solidaritätserklärungen für Israel und sein „Recht auf Selbstverteidigung“. Nun gibt es Völkerrechtler, die solche Aussagen durchaus kritisch sehen. So hält der amerikanisch-jüdische Völkerrechtler Richard Falk dieses Argument nicht für stichhaltig, da eine Besatzungsmacht kein Recht auf Selbstverteidigung für sich in Anspruch nehmen kann.

Ähnlich argumentiert Norman Paech: „Wer eine völkerrechtliche Besatzung aufrechterhält und seine Pflichten daraus nicht nur vernachlässigt, sondern grob verletzt, dem steht nicht das Recht auf Selbstverteidigung zu. Er ist der Angreifer, gegen den Widerstand erlaubt ist. Die UNO-Generalversammlung hat bereits 1974 mit den Resolutionen 3236 und 3327 die PLO als legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannt. Das bedeutete die Anerkennung des vollen Selbstbestimmungsrechtes für das palästinensische Volk sowie das Recht, es mit allen Mitteln durchzusetzen. (…) Der Widerstand der Palästinenser ist aber an das humanitäre Völkerrecht gebunden und verbietet den Angriff auf zivile Ziele. Die Raketen aus dem Gazastreifen sind daher ohne Zweifel völkerrechtswidrig.“  Weiterlesen

Akademische Lehr- und Forschungsfreiheit?

von Georg Meggle

(Öffentliche Stellungnahme zur Absage meines Seminars

von Seiten des Rektorats der Universität Salzburg)

1          Meine Themen in Lehre und Forschung

2          Meine Seminare an der Universität Salzburg

            2.1       Mein aktuelles Forschungsprojekt

            2.2       Das vorige Seminar: Zum Antisemitismus

            2.3       Ankündigung & Programm des neuen Seminars

3          Die Absage des Seminars

            3.1       Zum Kern

3.2       Die vom Rektorat vorgebrachten Gründe

3.3       Mein Gegengrund: „Die Freiheit der akademischen Lehre ist nicht verhandelbar“

4          Wie weiter?

            4.1       Das Konzept des Rektorats

            4.2       Ein alternatives Konzept

5          Resümee

1          Meine Themen in Lehre und Forschung

Auch nach meiner Emeritierung an der Universität Leipzig (2009) unterrichte ich regelmäßig Philosophie an mehreren Universitäten, zunächst als Inhaber einer J. G. Herder-Professur an der „Al Azhar Universität“ Kairo, dann an der staatlichen „Cairo University“, an der Kairoer „6. Oktober Universität“ und seit einigen Jahren im Wintersemester jeweils an der „American University“ in Kairo und im Sommersemester an der „Paris London Universität“ Salzburg.

Das Philosophische Institut der Uni Salzburg ist stark durch die Analytische Philosophie geprägt. Eine informelle „Standing Invitation“ durch das Institut ermöglicht es mir, in den Sommersemestern quasi unbegrenzt weiterhin das zu tun, was ich in meinem Beruf stets für meine Pflicht gehalten habe: Mich mit engagierten Studierenden in unbekanntes Gelände aufzumachen und gemeinsam nach geistigen (insbesondere also auch nach sprachlichen bzw. begrifflichen) Orientierungen zu suchen.

Anfangs gehörte dieses Gelände ganz zum Bereich der Theoretischen Philosophie – wo meine Schwerpunkte in den Bereichen Kommunikationstheorie und Sprachphilosophie liegen; in den letzten Jahren aber, auch dem Bedürfnis des Salzburger Instituts entsprechend, zum Bereich der Praktischen Philosophie, insbesondere der Ethik und noch spezieller der Angewandten oder Praktischen Ethik. Die „Philosophischen Interventionen“, so der ursprüngliche Obertitel meiner Salzburger Sommerseminare, heißen seitdem entsprechend „Ethische Interventionen“.  Weiterlesen

Der Irrsinn unseres Zeitabschnitts

von Eurich Lobenstein

Wenn unseren Zeitabschnitt etwas charakterisiert, ist es die unverdaute Vergangenheit. Auch sie „vererbt sich wie Gesetz und Rechte als eine ewige Krankheit fort; Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage ….Vom Recht und der unserer eigenen Gegenwart, die mit uns geboren sind, ist nie die Frage. So sagt es Goethe und genauso meine ich es. Für viele Altruisten ist die Vergangenheit sogar unverdaubar, daß ihnen dabei so schlecht wird, daß sie die Gegenwart nicht mehr gesund wahrnehmen können.

Als Zeichen der Unverdaubarkeit gibt es gelbe Judensterne, in denen das Wort „Jude“ durch den Begriff „ungeimpft“ ersetzt wurde, obwohl der Narr sicher gegen Pocken und Masern geimpft worden ist. Nach Paul Watzlawick ist ein solcher gelber Stern Ausdruck einer schizophrenistischen Gedankenbildung. Die Corona-Impfgegner verstehen sich als verfolgt, obwohl niemand hinter ihnen her ist noch sie zum Impfen zwingt.  Andere vergleichen sich mit verfilmten Opfern wie Anne Frank oder den Geschwistern Scholl. Bruno Bettelheim (in: Aufstand gegen die Masse) spricht von einem „Anne-Frank-Komplex“, einer Sucht, als Opfer zu gelten. Öffentliche Plätze und Baukomplexe erinnern an diese Personen, die von einem „pauschal Bösen“ verfolgt und umgebracht wurden. Jedoch entspricht das pauschal Böse von Gestern nicht dem pauschal Bösen von heute; letzteres sollte man besser das „pauschal Banale“ nennen, wenn man ein wenig an Hannah Arendts Philosophie anknüpfen will.

Viel zu vielen ist der Blick durch amtlich vorgeschriebene Brillen getrübt worden. Schon der SPIEGEL stellte Ende letzten Jahrhunderts fest, daß die verunglimpften „rechtsradikalen Republikaner“ im Grunde kreuzbrave Leute waren. Wie kommt es dann zum bösbanalen politischen Plakatismus? Weil man „nix gwiß woaß; schaung ma deshoib a bisserl gnaua hi“:  Weiterlesen

Antisemitismus – Israelkritik

von Fritz Edlinger

Die Veröffentlichung einer von 211 prominenten WissenschaftlerInnen, welche sich vor allem mit Fragen des Holocaust und des Antisemitismus befassen, verfassten Erklärung (Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus) hat die seit vielen Jahren geführte Debatte über Antisemitismus, vor allem auch über die Frage, inwieweit Israelkritik als antisemitisch bezeichnet werden kann, neu angeheizt. Diese Erklärung ist durchaus auch als eine Stellungnahme gegen den politischen Rechtsruck in Israel zu interpretieren, in erster Linie ist sie jedoch eine Kritik an der 2016 von einer Organisation namens „International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA)“ verabschiedeten und inzwischen von vielen Staaten als verbindlich anerkannten Definition von Antisemitismus. Die zentrale Kritik an dieser IHRA-Definition besteht darin, dass sie nahezu jegliche Kritik an der Politik der israelischen Regierung als antisemitisch bezeichnet und diffamiert. Kritik an der Vertreibungs- und Okkupationspolitik in den besetzten palästinensischen Gebieten wird auf breiter Basis bekämpft, um so von den Verstößen Israels gegen das Völkerrecht und den Kriegsverbrechen der israelischen Armee abzulenken.

Wir haben die „Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus“ zum Anlass genommen, um den Verleger, Publizisten und israelkritischen Aktivisten Abraham (Abi) Melzer zu einem ausführlichen Gespräch zu den Problemkreisen Antisemitismus und Israelkritik einzuladen. Er weiß aus eigener leidvoller Erfahrung Bescheid über die rücksichtslosen Methoden, welche die israelische Regierung und ihre Lobbyisten gegen Kritiker einsetzt.

Ein dringend nötiges Gespräch, welches Anlass zum Nachdenken geben sollte.

Irgendwann ist Zahltag

von Eurich Lobenstein

Eigentlich kann einem alles egal sein: man hat der alternativlosen “Regierung“ Merkel jahrelang zugesehen; man hat sich daran gewöhnt, daß die Presse ihre Schnitzer deckte. Aber ewig kann so etwas nicht gut gehen. Walter Rathenau hatte vor 100 Jahren geschrieben, daß das Auswechseln des Vorstandes der Deutschen Bank durch Putzfrauen, Portiers und Chauffeure erst einmal gar nicht auffallen würde. Die Eigendynamik des Instituts liefe seinen gewohnten Gang. Aber nach 5 Jahren würden es die ersten merken, daß etwas nicht stimme. Nur 5 Jahre? Wahrscheinlich deswegen, weil Banken Konkurrenz haben und der Portiers-Vorstand im Wettbewerb unterliegt. Aber die Konkurrenz unter den europäischen Staaten ist durch den Verein „Europäische Union“ neutralisiert. Also können Staaten und andere Monopolorganisationen länger von Ursulinen wie von der Leyen oder Karrenbäuerinnen wie Annegret und Engeln wie Mutti Merkel nach Hausfrauenart moderiert werden. Sekundiert werden sie von Typen wie Altmeier, Spahn und Dobrindt, ihren Lieblingssöhnen. Man kann von Glück sprechen, daß es nur um das Impfchaos geht, daß die allgemeine Inkompetenz herauskommt. Aber es kommt viel mehr heraus, als was der loyale Bürger erfahren will:  Weiterlesen