Zukunft für Palästina?

Die Konferenz über die Zukunft Palästinas hat ein sehr düsteres und hoffnungsloses Bild der Entwicklung des Nahost-Konflikts gezeigt. Die gut informierten und leidenschaftlich engagierten Referenten vermochten es aber leider nicht, die Stimmung zu heben und Hoffnung zu verbreiten.

Rolf Verleger erklärte in seiner Eröffnungsrede, wo der Zionismus entstanden ist, nämlich in Osteuropa, und wurde nicht müde zu betonen, dass bei all den zionistischen Schriften und Erklärungen, Träumen und Plänen die Palästinenser, die das Land bewohnten, eigentlich nie erwähnt wurden, als ob das Land tatsächlich ohne Volk gewesen wäre und auf ein Volk ohne Land nur gewartet hätte. Die Ursünde des Zionismus steckte schon in seiner Gründung. Weder Pinsker noch Herzl beschäftigten sich mit den Bewohnern des Landes Palästina, mit den Palästinensern.

Die folgenden Referenten Dr. Ghaleb Natour und Ekkerhard Drost berichteten über das hoffnungslose Leben der unterdrückten Palästinenser in ihrem eigenen Land, das ihnen nicht mehr gehört. Ich gehe davon aus, dass für die meisten Zuhörer und Teilnehmer an diesem Kongress das alles nicht neu war, denn viele von ihnen kennen das z. B. aus Reisen nach Israel und Palästina. Weiterlesen

Wer ist der wahre Feind der Juden? Aus David wird Goliath

von Heiko Flottau

Es gibt Bücher, die man unseren politischen Entscheidungsträgern als Pflichtlektüre auf den Tisch legen sollte, bevor sie sich mit den üblichen abgenutzten Schlagworten in die alltägliche Medienschlacht begeben.

Und bevor sie zu ihren nächsten politischen Taten schreiten, sollten sie glaubhaft versichern, dass sie diese Werke auch intensiv studiert haben. Zu diesen grundlegenden Arbeiten gehört sicher Alan Harts umfangreiche, detaillierte und vor allem lehrreiche Geschichte des Zionismus. Wer sie gelesen und in seinen politischen und historischen Wissensschatz aufgenommen hat, wird nicht mehr glaubhaft versichern können, dass er – zum Beispiel – die israelische Siedlungspolitik verurteile, dass es ihm aber, leider, die deutsche Vergangenheit und die Ermordung von sechs Millionen Juden verbiete, Israel wirklich zu kritisieren.

Alan Hart nämlich verfolgt die Geschichte des Zionismus von ihren Wurzeln an. Durch diese grundlegende Darstellung wird klar, dass den Protagonisten des politischen Zionismus von Anbeginn an klar war, oder doch klar sein musste, dass die Gründung eines „jüdischen Staates“, wie sie ihn anstrebten, nur auf Kosten der einheimischen Bevölkerung zu bewerkstelligen, das heißt durch Vertreibung möglichst vieler Palästinenser und durch Unterdrückung des verbliebenen Restes zu bewerkstelligen sei.  Weiterlesen

Deutsche politische Klasse schweigt zum israelischen Massaker in Gaza

von Abed Schokry 

Sehr geehrte Damen und Herren,  liebe Freundinnen und liebe Freunde,

Meine letzte Email hatte ich mit den Sätzen: „Ich bin wütend“ und „ich bin verzweifelt“  begonnen. Nach den Ereignissen gestern, bin ich nun sprachlos, fassungslos, machtlos, ohnmächtig. Und um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so recht, wie ich in Worte fassen kann, was in mir vorgeht, was ich zum Ausdruck bringen möchte. Denn es ist gestern ein Verbrechen/Blutbad geschehen, es wurde ein Massaker verübt, das zum Himmel schreit.

Die Täter sind die Soldaten und Befehlshaber und letztlich die Regierung „der einzigen  Demokratie im Nahen Osten“. Die Opfer sind die unbewaffnet demonstrierenden Palästinenserinnen und Palästinenser an der von Israel festgesetzten Grenze zwischen dem  Gazastreifen und Israel. Die Demonstranten mit leeren Händen, nur mit Mut und Courage ausgerüstet. Sie tragen keine Schutzanzüge, keine Gewehre, keine Zielfernrohre wie die  Soldaten auf der anderen Seite. Diesen Soldaten wurde kein Haar gekrümmt, keiner von ihnen wurde verletzt. Aber sie schießen auf Männer, Frauen und Kinder. Es gibt Videos, in denen zu hören ist, wie sie sich über einen „Treffer“, einen Erschossenen freuen. Das ist so unglaublich menschenverachtend, dass ich laut schreien möchte. 

Seit fast 12 Jahren leben wir im größten Freiluftgefängnis der Welt. Wie der Alltag in diesem  Gefängnis aussieht, habe ich Ihnen schon oft beschrieben. Strom bekommen wir vier Stunden täglich, das Wasser aus der Leitung ist sehr salzig oder mit Abwasser vermischt, also ungeeignet um zu duschen oder um Gemüse oder Obst damit zu waschen. Die Jugendlichen haben keine Hoffnung, sie sehen keine Perspektive, sie sehen sich auch als Opfer der Besatzung, der Abriegelung und der zerstrittenen palästinensischen Gruppen. Inzwischen sind fast 70% von ihnen arbeitslos. Die Jugendlichen kennen nichts anderes als das Leben mit permanenten Problemen, denn mal mangelt es an Brennstoffen bzw. Kochgas, mal an Grundnahrungsmitteln, vor allem auch an Medikamenten. Und die Familienmitglieder, die überhaupt Arbeit haben, bekommen oft ihr Gehalt nicht. Es ist ein Leben, das nicht nur zornig und wütend macht, sondern das auch krank macht, oft genug körperlich krank aber vor allem psychisch krank.

Gestern bin ich am Rande der Demonstration in Gaza Stadt gewesen. Ich habe die vielen  Menschen gesehen, junge und alte Menschen, Männer und Frauen, auch Kinder mit ihren Eltern. Danach kehrte ich heim und kaum war ich Zuhause, da erfuhr ich, dass der 17 Jahre alte Sohn meiner Cousine erschossen worden war. Danach kamen Meldungen, dass weitere Verwandte von mir verletzt wurden. Einige hatten Schusswunden an den Beinen, andere an der Brust und weitere hatten Bauchschüsse erlitten. Manche von ihnen wurden sofort in den  Krankenhäusern operiert, andere warten darauf, ins Ausland verlegt zu werden, denn es fehlen geeignete medizinische Geräte oder Medikamente. Ob man sie aus Gaza raus lässt, weiß ich nicht.

Ich lief sofort los, um meine Verwandten im Krankenhaus zu besuchen. Es fällt mir immer  schwer, ein Krankenhaus zu betreten, aber was ich diesmal sah, das übersteigt alles, was man sich vorstellen kann. Verletzte in den Gängen, überall Blut, die Patientenräume überfüllt. Weiterlesen

Israel First – Trump beugt sich Netanyahu

von Ludwig Watzal

Es war zu erwarten, dass Präsident Donald Trump das Nuklearabkommen mit dem Iran verlässt, das die USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland mit dem Iran abgeschlossen haben. Das Abkommen war ein großer Erfolg Obamas, schon deshalb musste Trump es zerreißen. Die Vereinbarung beinhaltet, dass Iran sein Nuklearprogramm vollständig einstellt und im Gegenzug die drakonischen Sanktionen des Westens aufgehoben werden.

Bisher hat sich Iran minutiös an die Vereinbarungen gehalten, was die Inspektoren der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) in Wien regelmäßig bestätigt haben. Selbst der jetzige amerikanische Außenminister Mike Pompeo hat dies bei seiner Anhörung vor dem US-Senat noch bestätigt. Auch Verteidigungsminister James Mattis war dergleichen Meinung. Die anderen fünf Unterzeichnerstaaten sprachen sich für das Verbleiben der USA in diesem Abkommen aus.  Weiterlesen

Netanyahu the New Reality TV Star

by Ludwig Watzal

With his newest anti-Iranian rant, Netanyahu wanted to impress another braggart of reality-TV, President Donald Trump. This time, Netanyahu got professional, speaking in English, using slides and pictures, not cartoons like in the United Nations where he had ridiculed himself. He even exposed two „monuments,“ one showing shelves full of folders apparently containing documents about Iran’s secret nuclear program. Perhaps these files were just for decoration. He avoided revealing its contents.

At least, it was a stagy performance that could only impress bimbos. Netanyahu missed his job; he should have been a bingo caller. He is the most untrustworthy politician, and a ‚liar‘ like former French President Nikolas Sarkozy once said to President Obama at the G-20 meeting in Cannes: ‚I can’t stand him. He’s a liar.‘ Netanyahu behaves like a boy having called wolf for more than two decades.  Weiterlesen

Vom gesunden Menschenverstand …

Im Spiegel vom 21. April 2018 befürchtet Jan Fleischauer, dass die Deutschen sich „israelisieren“, weil sie inzwischen Erfahrungen gemacht haben mit „Leuten, die den Koran als Anleitung zum Selbstmordattentat lesen“. Schlaflose Nächte bereitet ihm offensichtlich der Gedanke, dass es mit dem Terror in Deutschland so lange weitergehen wird, bis „man in Berlin oder München bald nicht mehr viel sicherer“ sein wird als in Jerusalem oder Tel Aviv.

Warum man in Jerusalem oder Tel Aviv nicht sicher ist, erklärt er uns nicht und zieht stattdessen einen Vergleich mit der Lage in Deutschland. „Wenn man den Deutschen heute vorschlagen würde, sie sollten die Anschläge als Ausdruck der Verzweiflung sehen und lieber nach den Ursachen des Terrors fragen, anstatt die Täter zu jagen, hätten sie auch kein Verständnis dafür“. Mit „auch“ meint er wohl die Israelis, die in der Mehrzahl zwar kein Verständnis für die Anschläge der palästinensischen Widerstandskämpfer haben, diese aber durchaus verstehen. Jan Fleischauer argumentiert aus der Perspektive des Stammtisches in einer heruntergekommenen Kneipe.  Weiterlesen

70 Jahre Israel – 70 Jahre Siedlerkolonialismus und Krieg gegen Palästinenser

von Arn Strohmeyer

Israel feiert sich selbst anlässlich des 70. Geburtsages des Staates, und die westlichen Staaten stimmen in den Jubelchor ein und schicken hochrangige Regierungsdelegationen zu den Feierlichkeiten der selbst ernannten „einzigen Demokratie im Nahen Osten“, bei denen man die „gemeinsamen Werte“ beschwören wird. Aber eigentlich gibt es keinen Anlass zu feiern, denn dieser Staat verdankt seine Existenz der Vertreibung und Unterdrückung eines anderen Volkes, dessen Land er sich angeeignet hat. Das zionistische siedlerkolonialistische Israel führt seit über 70 Jahren einen grausamen Krieg gegen die Palästinenser, der ihn aber in eine ausweglose Lage gebracht hat, an der das ganze zionistische Unternehmen nun zu scheitern droht.

Die israelische Politik, der die Ideologie des Zionismus zu Grunde liegt, ist eigentlich nur mit dem Begriff des Tragischen zu verstehen, wobei man in diesem Zusammenhang natürlich an die griechische Tragödie denken muss. Sie thematisiert die Verstrickung des Protagonisten, der sich in eine so ausweglose Lage bringt, dass er das Verhängnis durch jedwedes Handeln nicht mehr abwenden kann und schuldig werden muss. Sein Scheitern ist unausweichlich. Die herannahende Katastrophe lässt sich nicht mehr abwenden. Der Keim der Tragödie ist, dass der Protagonist der Hybris – der Arroganz, dem Hochmut und der Selbstverblendung – verfällt. Die Übereinstimmung mit der Situation Israels liegt auf der Hand. Nur eines gibt es in der der israelisch-jüdischen Tragödie nicht: Die griechische Tragödie sollte einen Sinneswandel bei den Beteiligten hervorrufen – eine Reinigung oder Katharsis. Das Durchleben von Jammer und Rührung, die das Drama hervorrief, sollte zu einer seelischen und moralischen Läuterung führen, davon kann in der israelisch-jüdischen Tragödie keine Rede sein. Es gibt keinerlei Empathie.  Weiterlesen

Israel und die vielen Fragezeichen

Nach dem Massaker in Kishinew an Ostern 1903 hat Russland weltweit an Ansehen verloren. Nach dem Massaker von Amritsar am 13. April 1919 an indischen Demonstranten, angeführt von Gandhi, hat das britische Königreich weltweit an Ansehen verloren. Nach dem Massaker an Demonstranten in Soweto am 16. Juni 1976 hat die Apartheid-Regierung in Südafrika an Ansehen verloren. Ähnliche Beispiele wird es noch mehr geben. Nur Israel verliert sein Ansehen nicht. Oder vielleicht doch? Was in Gaza Ostern 2018, genau 115 Jahre nach dem Massaker in Kishinew geschah, ist ebenfalls ein Massaker. Oder wie soll man es nennen, wenn Soldaten auf unbewaffnete Zivilisten, darunter auch Kinder, schießen, 17 von ihnen töten und mehr als 700 verletzen und am Ende noch verhindern, dass Sanitäter den Verletzten zu Hilfe kommen? Für die meisten Menschen auf der Welt ist das ein Massaker. Zur Schande der Israelis muss man aber hinzufügen, dass sie sich deswegen nicht schämen, sondern im Gegenteil, darauf stolz sind.

Israelis, besonders rechtsgerichtete Netanjahu- und Benett-Anhänger, finden das gut und richtig. Schließlich handelt es sich nur um Palästinenser, deren Leben weniger wert ist, als das Leben von Ratten oder Insekten, und überhaupt nicht zu vergleichen mit dem Leben von Juden. So ähnlich dachten auch die Nazis über die Juden. Weiterlesen

Die Geburt eines Liedes

von Uri Avnery

Ein Freund aus Übersee schickte mir die Aufnahme eines Liedes. Eines arabischen Liedes. Mit einer sanften arabischen Melodie, ausgeführt von jungen Mädchen und begleitet von einer Flöte.

Es geht so:

Ahed/

Du bist das Versprechen und der Glanz/

Du bist so hoch wie ein Olivenbaum/

Von der Wiege bis heute/

Deine Ehre wird nicht entweiht/

Palästina ist in uns gepflanzt/

Wie ein Landungssteg für jedes Schiff/

Wir sind die Erde und du bist das Wasser/

Dein Kopf ist bedeckt mit blondem Haar/

Du bist rein wie Jerusalem/

Du hast uns gelehrt wie das vergessene Volk rebellieren muss/

Sie glaubten, dass die Palästinenser sie fürchten, weil sie Waffen tragen/

Palästina ist in uns gepflanzt/

Wie ein Landungssteg für jedes Schiff/

Unsere Nation muss sich einigen und Widerstand leisten, für die Freiheit von Palästina und für die Freiheit der Gefangenen/

Deine blauen Augen sind ein Leuchtturm/

Für ein Land in dem alle Religionen sind/

Du hast das Volk geeinigt, das nahe und das ferne/

Du hast den Funken in unserem Herzen gezündet/

Dein erhobenes Haupt gibt uns Hoffnung/

Du hast das Licht gezündet in unserer Dunkelheit/

Obwohl deine Hände weich sind/

Haben deine Hände die Welt erschüttert/

Deine Hände haben die Ohrfeige des Eroberers erwidert/

Und gaben der Nation ihre Ehre wieder/

Palästina ist in uns gepflanzt/

Wie ein Landungssteg für jedes Schiff/

 Wir sind die Erde und du bist das Wasser.

Wäre ich ein Anhänger der Besatzung, hätte dieses Lied mich sehr verängstigt.

Weil die Macht von Liedern stärker ist als die Macht von Gewehren. Ein Gewehr kann beschädigt werden. Ein Lied niemals.

In den ersten Tagen der israelischen Armee hing im Speiseraum meiner Kompanie das Motto: „Eine Armee, die singt, ist eine siegreiche Armee“.  Weiterlesen