“Israeli Border Policewoman Arrested on Suspicion of Shooting Palestinian for Fun. Judge says suspect shot the man, who was seriously wounded, ‚as a dubious form of entertainment’”
Als ich diese Nachricht in Haaretz las, wollte ich meinen Augen kaum trauen. Viel schneller als erwartet, ist in Israel das Realität geworden, wovor ich seit Jahren warne. Schon der reaktionäre jüdische Publizist Henryk M. Broder schrieb bereits vor fast zehn Jahren, „Es stimmt, Israel ist heute mehr Täter als Opfer. Das ist auch gut und richtig so… es macht mehr Spaß, Täter als Opfer zu sein.“ Damals hat es niemand ernst genommen.
Heute müssen alle, die es jahrelang ignoriert oder totgeschwiegen haben, sich fragen, was sie sich dabei gedacht haben? Etwa, dass Israel sich von selbst besinnen und zur Normalität zurückkehren würde, zur Bewahrung der Menschenrechte und Achtung der Menschenwürde? Das hat offensichtlich nicht stattgefunden. Stattdessen wurde aus dem, was der Schreibtischtäter im Übermut, und möglicherweise auch zum Spaß, geschrieben hatte, bittere Realität. In Israel töten Soldatinnen und Soldaten Palästinenser aus Spaß, zur Unterhaltung. Selbst israelische Richter meinen, dass dies eine seltsame Art von „Entertainment“ sei.
Als ich das las, wünschte ich, dass die Erde sich auftun und mich verschlingen möge, so sehr habe ich mich geschämt. Inzwischen meine ich, dass es für uns alle und für den Weltfrieden besser wäre, die Erde würde sich auftun und die rassistisch-kolonialistischen Israelis verschlingen, damit wir endlich Ruhe vor ihrer Überheblichkeit und ihrer Selbstgerechtigkeit haben.
Liebe Freunde, was ist bloß aus Israel geworden? Eine 20jährige Grenzschutzpolizistin schießt „just for fun“, nur aus Spaß, auf einen Palästinenser und verletzt ihn schwer? Was für ein „Entertainment“ soll denn das sein? In den Nazi-Konzentrationslagern wurden auch „zum Spaß“ Juden ermordet. Alle haben sich amüsiert. Nur die Juden nicht.
Als Henryk Broder schrieb: „es macht mehr Spaß, Täter als Opfer zu sein“, meinte er damit die Israelis. Macht es ihnen wirklich Spaß? Ja, sagte mein Freund Hajo Meyer, der Auschwitz überlebt hatte, ja, es macht Spaß – wenn man kein Gewissen hat. Hajo Meyer nannte Broder einen „Berufsüberlebenden“, weil er überlebt hat und sich in seinen letzten Lebensjahren um Gerechtigkeit für die Palästinenser eingesetzt hat.
Es ist schon das zweite Mal, dass ein wehrloser Palästinenser kaltblütig oder aus Spaß angeschossen wurde, nachdem am 24. März 2016 der israelische Soldat Elor Azaria dem verwundeten und hilflos am Boden liegenden Palästinenser Abdel Fata al-Sharif skrupellos aus nächster Nähe eine Kugel in den Kopf schoss. Es gab zwar eine Gerichtsverhandlung, die aber mehr einer Jahrmarktsposse glich, als einem ordentlichen Gerichtsverfahren. Die Strafe von 18 Monaten war lächerlich gering, und nach gerade einmal neun Monaten wurde er bereits entlassen. Das Leben von Palästinensern ist billig in Israel, nachdem ein Richter in Beer Sheva einst entschied, dass „jüdisches Blut wertvoller ist als arabisches Blut“.
Skandalös war aber nicht nur das Urteil, sondern vor allem die Tatsache, dass es keinen Aufschrei in der israelischen Gesellschaft gab, wie auch später, als der Soldat Azaria seine Bluttat durchführte. Wenn es so leicht und billig ist, Palästinenser zu töten, dann macht man es, weil man Spaß haben will und weiß, dass es kaum eine Bestrafung geben wird. Es ist wie bei den Nazis. Man wurde lang genug durch Propagandafilme z. B. dahingehend manipuliert, dass das Leben von Juden nicht mehr wert sei als das Leben von Ratten. Und so wie man Ratten aus Langeweile, zum Spaß tötet, so kann man im heutigen Israel Palästinenser erschießen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Die Israelis haben erst vor kurzem an der Grenze zum Gazastreifen gezeigt, wozu sie fähig sind, als sie annähernd 200 (!) Palästinenser erschossen und jedes Mal nahezu in Ekstase gerieten, als sie trafen. Es hat bestimmt sehr viel Spaß gemacht! Man hat kein Gewissen und folglich keine Gewissensbisse. Gewissen ist ja eine jüdische Erfindung, und der Zionismus hält nichts vom Judentum. *
Die kleine radikal-linke Organisation „Matzpen“ veröffentlichte 1967 – in der Euphorie nach dem gewonnenen Sechstagekrieg! – ein Inserat mit prophetischem Inhalt: „Besatzung führt zu Fremdherrschaft. Fremdherrschaft führt zu Widerstand. Widerstand führt zu Unterdrückung. Unterdrückung führt zu Terrorismus und Gegenterrorismus. Die Opfer von Terrorismus sind in der Regel unschuldig. Wenn wir die besetzten Gebiete behalten, werden wir eine Nation von Mördern und Opfern.“ Jetzt ist es soweit. Israel ist in der Tat ein Land von Mördern und Opfern geworden.
Als Ersatz für das Wort „Gegenterrorismus“ erfanden die Israelis den Begriff „Vergeltung“, was ja ein biblischer Begriff ist, der so gar nicht nach Terror klingt. Und so stellen sich die Israelis als die ewigen Opfer dar, die sich ja immer nur verteidigen – durch „Vergeltungsschläge“ –, und die Palästinenser sind natürlich die ewigen Terroristen.
Das ist der klare Ausdruck einer Herrenvolkmentalität, wie sie einst die Deutschen in Osteuropa, die Franzosen in Nordafrika, die Engländer in Indien, aber auch andere europäische Völker im Zuge der Kolonialisierung der Welt an den Tag gelegt haben. Jetzt ist auch aus den jüdischen Israelis ein Herrenvolk ohne Gewissen geworden. Täter sein macht jetzt wirklich Spaß, und der Schreibtischtäter Broder wird seine Hände in Unschuld waschen – er hat ja nur geschrieben. Ähnlich war es auch mit dem Kölner Initiator der Mahnwache, Walter Hermann, der von einer fanatisierten Frau mit einem Messer schwer verletzt wurde, kurz nachdem Broder in seinem Blog empfohlen hatte, Herrmann plattzumachen – eine unzweideutige Aufforderung zur Tat! Damals hat erstaunlicherweise kein Journalist darüber berichtet, niemand protestiert. Keiner hat daran gedacht, dass „plattmachen“ auch totmachen bedeuten könnte.
Daniel Barnboim verkündete neulich, dass er sich wegen der Politik Israels schämt. In meinem Archiv fand ich einen Aufsatz, den ich 2005 geschrieben habe, mit dem Titel: „Ich schäme mich“. Sich schämen reicht aber nicht mehr, man muss schreien, dagegen kämpfen, mit aller Kraft, die man noch aufbringen kann. Es geht darum, Israel vor jüdischen Israelis zu retten, vor den fanatischen Nationalisten, die, wie dieses 20jährige Mädchen Opfer der Gehirnwäsche durch ihre eigene Regierung, durch gewissenlose Politiker und Publizisten – Schreibtischtäter eben –geworden sind. Wir sollten deshalb nicht dieses Mädchen anklagen, sondern das ganze zionistische System, am besten vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.
In Israels Militärelite herrscht eine regelrechte panische Angst, in Den Haag verklagt zu werden. Die Militärführung hat bereits Broschüren verteilt, wie man sich in einem solchen Fall verhalten sollte. Das zeigt, dass man sich in Israel durchaus bewusst ist, dass Israels Armee Kriegsverbrechen begeht. Der Traum von der „moralischsten Armee der Welt“ ist schon lange ausgeträumt. Man weiß, dass Soldaten und Offiziere Kriegsverbrechen begehen. Wann wird der erste israelische Offizier in Den Haag landen?
Schuldig sind aber auch die sogenannten demokratischen Regierungen des Westens, besonders die deutsche, die dazu schweigen, wie Angela Merkel, die zur Zerstörung des Beduinen-Dorfes Khan al-Ahmar nichts Besseres zu sagen wusste als: „Was in Israel passiert, geht uns nicht an. Das ist eine inner-israelische Angelegenheit.“ Der Internationale Gerichtshof warnte Israel am 17. Oktober 2018, dass die Zerstörung des Dorfs ein Kriegsverbrechen sein könnte.
Da müssen wir uns alle schämen, eine solche Kanzlerin zu haben, die vor Unrecht, Gewalt und Rassismus die Augen verschließt: „Das geht uns nicht an“, so ähnlich wie in den 30er Jahren Regierungen überall auf der Welt gesagt oder gedacht haben: Das Schicksal der Juden geht uns nichts an.
Was mag diese Pfarrerstochter wohl aus der Geschichte gelernt haben? Wie es scheint, v. a. Egoismus und Rücksichtslosigkeit, und ihr „Wir schaffen das!“ war wohl eher ein der Situation geschuldeter gefühlsduseliger Ausrutscher. Sie schützt aber angeblich die Juden in Deutschland, die keines Schutzes bedürfen, mit der Witzfigur eines „Antisemitismusbeauftragten“, der dem Wort nach eigentlich den „Auftrag“ hat, Antisemitismus zu fördern. Wo bleibt eigentlich der „Flüchtlinsbeauftragter“? Sie verhöhnt die Palästinenser, die echten Opfer, die Juden der Juden, indem sie ihnen sagt: „Euch kann und will ich nicht schützen!“ Das internationale Renommee, das sie mit ihrer Entscheidung in der Flüchtlings Frage genoss, hat sie längst verspielt.
Es brennt, Brüder, es brennt. Wenn ihr Israel helfen wollt, dann sofort, denn es ist nicht fünf Minuten vor Zwölf, es ist schon Zwölf, und bald wird es zu spät sein. Wer jetzt noch schweigt, macht sich mitschuldig. Wer jetzt noch schweigt, muss überlegen, was er seinen Kindern und Enkelkindern erzählen will, wenn sie ihn eines Tages fragen sollten: Was hast du damals gemacht, als man die Palästinenser verraten hat? Mit seinem berühmten Lied, Undzer shtetl brent, wollte Mordechai Gebirtig die Juden Osteuropas wecken und vor der kommenden Gefahr warnen. Die Juden aber zogen es vor, weiter zu schlafen, bis es zu spät war. Mein Vater verließ Deutschland schon Anfang 1933, da er ahnte, was kommen würde. Seine Familie hat ihn ausgelacht. Am Ende musste er sie 1938, nach der Kristallnacht, mit Mühe und Beziehungen aus Deutschland rausholen und sie damit vor der Vergasung retten.
Es brennt Brüder, es brennt! Jetzt müssen wir alle laut aufschreien und Israels Regierung anklagen. Und wie einst Emil Zola die französische Regierung mit seinem „J`Accuse“ aufschreckte, müssen wir heute die israelische Öffentlichkeit wachrütteln. Bei der gegenwärtigen nationalistischen und chauvinistischen Regierung Benjamin Netanjahus und chauvinistisch-rassistischen Ministern wie Bennet, Shaked und Regev, macht es keinen Sinn, an diese einen Aufruf zu richten. Bleibt zu hoffen, dass im Volk noch ein Rest von Anstand und Vernunft vorhanden ist. Auch wenn man immer wieder hört, dass Moral nichts mit Politik zu tun hat, möchte ich Ihnen, lieber Leser, versichern, dass dies eine Lüge der Politiker ist, denen es nur darum geht, an der Macht zu bleiben, koste es was es wolle. Lasst euch nicht euer Gehirn waschen. Nicht von einem Donald Trump und erst recht nicht von einem Rassisten wie Benjamin Netanjahu. Politik ohne Moral ist letztendlich zum Scheitern verurteilt. Im vergangenen Jahrhundert, dem Zwanzigsten, haben wir genug Beispiele gescheiterter Regime gesehen, die auf Moral „verzichtet“ haben und am Ende auf dem Misthaufen der Geschichte gelandet sind: Der russische Kommunismus, der deutsche DDR-Sozialismus, das Polpot-Regime in Kambodscha, das Apartheid-Regime in Südafrika, Idi Amins Diktatur in Uganda und manch andere Gewaltherrschaft von Cuba bis Portugal. Gute Politik lebt von Recht und Gerechtigkeit, von Moral und Menschenrechten und vor allem von Meinungsfreiheit. Dafür haben wir 1948 die Charta der Menschenrechte von den Vereinten Nationen und von allen Staaten, die damals Mitglied waren, unterschreiben lassen. Und das ist gut so.
Lesen Sie dazu das Buch von Jakov Rabkin: Der Widerstand des Judentums gegen den Zionismus.