von Franz Piwonka
Die Amadeu Antonio Stiftung hat mit der Förderung des Familienministeriums eine Studie über israelbezogenen Antisemitismus erstellt mit dem Titel: „Eine pädagogische Handreichung zum Umgang mit israelbezogenem Antisemitismus“. Sie erhebt nicht nur den Anspruch, anhand der geschichtlichen Entwicklung Merkmale des Antisemitismus herauszuheben, sondern auch eine Unterscheidung von Antisemitismus und Israelkritik zu treffen. Ich werde aber an einigen argumentativen Beispielen zeigen, dass Letztere nicht gelingt und auch gar nicht beabsichtigt ist.
Den Anfang macht Frau Kahane, Vorsitzende des Vorstands der Stiftung. Sie schreibt in der Einleitung, dass bestritten werde, dass all das, was Antisemitismus charakterisiere, nicht mehr gelte, sobald Israel ins Spiel komme und fügt hinzu: „Hierzu hat sich eine ganze Argumentationsindustrie entwickelt, die von reichlich naiv über einseitig aggressiv bis bösartig ideologisch reicht“ (S.3). Dafür mag es Beispiele geben, aber bereits hier macht sich eine unzulässige Verallgemeinerung breit, die gar nicht belegbar ist.
In ihrem Artikel: „Israelbezogener Antisemitismus – zu Charakter, Quellen, Funktion und Effekten“ legt sie gleich im ersten Absatz ihre Sichtweise dar. Die Mechanismen und die Intention des Antisemitismus blieben stets die gleichen, auch wenn er zu den besten Formwandlern unsere Zeit gehöre. Er könne zwar seine Gestalt verändern, doch behalte er Intention und Mechanismen des Antisemitismus bei, was auch für die Narration über Israel gelte, denn der antisemitische Israelhass tue genau das, was der Hass auf Juden auch tue. Damit unterläuft sie bereits den Anspruch, sinnvoll zwischen Antisemitismus und Israelkritik zu unterscheiden. Der Ausdruck „Formwandler“ unterstellt, dass man auf Differenzierung verzichten könne. Wer so argumentiert, dass es sich lediglich um alten Wein in neuen Schläuchen handele, greift sofort zur psychologisierenden Strategie, dass, wer diesen Vorwurf zurückweist, nur seine tatsächlichen antisemitischen Ambitionen rationalisieren wolle. Auf diese Weise hat man sich gegen Kritik abgedichtet und bestätigt nur sich selbst auf zirkuläre Weise. Weiterlesen →