Sie schämen sich nicht!

Wir können noch so viele offene Briefe schreiben, wie den treffenden Brief von Siegfried Ullmann, den ich hier ungekürzt zitieren möchte:

Sehr geehrter Herr Präsident des Landtags NRW, zu dem o. a. Antrag gegen BDS möchte ich folgende Stellungnahme abgeben:

Es sind propagandistische “fake news” oder Desinformationen, zu behaupten, BDS wolle Israel destabilisieren und stelle sein Existenzrecht in Frage. Wegen der völkerrechtswidrig von Israel besetzten oder schon annektierten Gebiete sind Boykottmaßnahmen gegen Israel genauso gerechtfertigt, wie die gegen Rußland wegen der Annektierung der Krim verhängten. Warum sollen für Israel andere völkerrechtliche Maßstäbe gelten?

Wer versucht, die BDS-Bewegung als antisemitisch zu verleumden und zu kriminalisieren, der unterstützt die völker- und menschenrechtswidrige israelische Besetzung und Annektierung der restlichen palästinensischen Gebiete mit der entschädigungslosen Enteignung der Bevölkerung. Und offensichtlich fehlen ihm oder ihr jegliche Empathie mit den Leiden des palästinensischen Volkes.

Die Behauptung, BDS sei antisemitisch, ist natürlich das übliche perfide Mittel, um Artikel 5 des Grundgesetzes außer Kraft zu setzen. Dabei geht es der BDS-Bewegung nur um eine Beendigung der israelischen völkerrechtswidrigen Besetzung und Besiedlung palästinensischen Gebietes.

Die BDS-Kampagne will durch Druck auf die israelische Regierung doch nur das erreichen, was auch von der Bundesregierung gefordert wird: Einen souveränen palästinensischen Staat an der Seite Israels in dessen international anerkannten Grenzen, also ein Rückzug aus den völkerrechtswidrig besetzten oder annektierten Gebieten. Mit anderen Worten: “Ja zu Israel – in den Grenzen des Jahres 1967.”

Dies ist auch in Israels langfristigem Interesse. Deshalb wird BDS ebenfalls  von  jüdischen Menschen nicht nur als gerechtfertigt, sondern als notwendig betrachtet, wie zum Beispiel aus dem beigefügten Beitrag von Ilana Hammerman, der in der israelischen Zeitung Haaretz veröffentlicht wurde, hervorgeht. 

Der israelisch-amerikanische Filmregisseur Udi Aloni verteidigt in einem Beitrag in der Berliner Zeitung das Recht auf BDS. https://www.berliner-zeitung.de/kultur/-der-jude-ist-kein-singular–welche-richtung-des-judentums-wollen-wir-bewahren–31252776?dmcid=sm_em

Und der britische Guardian hat einen  ausführlichen Artikel zu BDS veröffentlicht:

https://www.theguardian.com/news/2018/aug/14/bds-boycott-divestment-sanctions-movement-transformed-israeli-palestinian-debate

Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Frederica Mogherini, verurteilte im Jahre 2016 die Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger/innen und erklärte, daß die Beteiligung an der palästinensisch-geführten Bewegung für Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) durch das Recht der europäischen Bürger/innen auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit geschützt sei. Über dieses Recht wollen sich die Antragsteller hinwegsetzen.

Und in einem Offenen Brief schrieben im Oktober 2016 israelische und jüdische Kulturschaffende

in Berlin zu BDS, “daß die Diskussion über diese Begriffe und die Argumente der BDS-Bewegung legitime Bestandteile einer öffentlichen Debatte über die politische Situation in Israel-Palästina sind.”

Der fraktionsübergreifende Antrag wurde allem Anschein nach von der Israel-Lobby formuliert und vorgelegt. Die Landtagsabgeordneten sollten sich aber nicht zu Instrumenten israelischer Propaganda machen lassen, sondern sich für die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte einsetzen sowie den tatsächlichen Antisemitismus wirksam bekämpfen.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie meine Stellungnahme den einzelnen Fraktionen zukommen lassen würden.

Mit freundlichen Grüßen Siegfried Ullmann

Es hilft nichts und wird auch in absehbarer Zukunft nicht helfen. Man kann ihnen die besten und ehrlichsten Argumente entgegensetzen, sie sagen immer wieder: Antisemit. Sie schämen sich nicht, im Gegenteil, sie sind noch davon überzeugt, dass sie zu den „Gutmenschen“ gehören. Warum tun sie das? Versuchen sie damit, die deutsche Schuld zu tilgen? Wollen sie, dass die Israelis, die ja auch Juden sind, für ewig Täter bleiben, um damit die deutschen Täter zu entlasten? Der Jude Henryk Broder behauptet, dass die Israelis „Täter“ seien und dass „Täter sein“ Spaß mache. Meine Großeltern, die in Auschwitz umgekommen sind, hätten das sicherlich anders gesehen. Den KZ-Schergen hat es vielleicht Spaß gemacht, Täter zu sein. Nicht aber den Opfern. Und so macht es den Palästinensern sicher auch keinen Spaß.

Die Palästinenser kämpfen um ihre Freiheit und ihre Würde, von den Zionisten werden sie aber als Antisemiten diffamiert, auch die Juden und Israelis, die diesen Kampf unterstützen. Stadtparlamente und Landtage schämen sich nicht, in den Chor der fanatischen Antideutschen einzustimmen und BDS als eine antisemitische Organisation zu verleumden. Mich erinnert das daran, das man einem Gegner immer wieder vorwirft, seine Schwester sei eine Hure, auch wenn der Beschuldigte klarstellt, dass er gar keine Schwester habe.

Die Damen und Herren des Nordrhein-Westfälischen Landtages sollten sich doch mal ein wenig Zeit nehmen und sich über BDS informieren. Die Wahrheit über BDS steht klar und deutlich auf der Webseite der Bewegung: Es ist eine Protestbewegung, die 2005 von palästinensischen Organisationen gegründet wurde mit dem Ziel eines gewaltlosen Kampfes für Gleichheit und Freiheit der Palästinenser:

Die Bewegung stellt drei Forderungen:

  1. Das Ende der Besatzung
  2. Volle Gleichberechtigung
  3. Die Implementierung der UN-Resolution 194 in Bezug auf das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge.

Die Vernichtung des Staates Israel findet sich – wie immer wieder unterstellt – in der Agenda der BDS keineswegs, und der Antisemitismus wird ausdrücklich verurteilt! Die israelische Regierung ist aber nicht bereit, auch nur eine der BDS-Forderungen zu erfüllen, und mit dem neuen Nationalstaatgesetz hat sich Israel endgültig für die Apartheid entschieden. Nach dem Völkerrecht, das auch Israel anerkannt hat, ist es einer Besatzungsmacht verboten, das Streben eines Volkes nach Selbstbestimmung gewaltsam zu unterdrücken, wohingegen es einem Volk mitnichten verboten ist, gegenüber einer widerrechtlichen Besatzung Gewalt anzuwenden. In einem Rechtsgutachten von 2004 hat der Internationale Gerichtshof das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung ausdrücklich bestätigt. Israel fährt aber ungerührt fort, das palästinensische Streben nach Freiheit und Selbstbestimmung gewaltsam zu unterdrücken, und Deutschland, Europa, die ganze Welt schauen zu und schweigen. Die Besatzung ist völkerrechtswidrig und muss beendet werden, und es ist höchste Zeit, dass deutsche Stadtmagistrate und Landesparlamente das endlich auch erkennen und nachdrücklich  fordern. Da darf ich an das Sprichwort erinnern: Wer Unrecht sieht und es duldet, hat es mitverschuldet. Die Forderung nach Gleichberechtigung ist auch Bestandteil des Grundgesetzes. Warum steht Deutschland nicht hinter einer solchen Forderung, sondern deckt – ganz im Gegenteil – die israelischen Verletzungen der Menschenrechte? Und was das Rückkehrrecht der Palästinenser betrifft, so stellen sich deutsche Parlamente bis hin zur Regierung auf denselben Standpunkt wie die linksradikale und fanatische Antideutsche Jutta Ditfurth, die die Forderung der Palästinenser, dass auch die Kinder und Kindeskinder der Flüchtlinge das Recht auf Rückkehr in ihre Heimat haben, als antisemitisch diskreditiert. Sie behauptet, das Völkerrecht kenne kein „vererbbares Rückkehrrecht“ und dass die Forderung der Palästinenser die „neue Gestalt der antisemitischen Forderung: Juden ins Meer“ sei. Wenn aber das Völkerrecht kein vererbbares Rückkehrrecht kennt, dann beruht doch der ganze Zionismus auf einer Lüge und muss sofort gestoppt werden. Denn, während die Palästinenser die Rückkehr von Flüchtlingen fordern, die vor gerade mal ein paar Jahrzehnten vertrieben wurden, handelt es sich bei den jüdischen „Rückkehrern“ um solche, deren Familien schon seit zweitausend Jahren nicht mehr in Palästina leben, ganz davon abgesehen, dass der größte Teil von ihnen gar keine Verbindung zu Palästina und zum Judentum haben, denn das Gros des Ostjudentums –daran hat der israelische Historiker Shlomo Sand erinnert – stammt vom Volk der Chasaren ab.

Und wenn unsere Regierung für eine Zweistaaten-Lösung ist, dann frage ich mich, warum man den zweiten Staat, Palästina, nicht endlich anerkennt, damit die Palästinenser endlich auf Augenhöhe verhandeln können.

Man fragt sich, nicht nur hier, sondern auch in Israel, wie es so weit kommen konnte, dass wir alle diesen Köder, diese Propagandalüge der israelischen „Hasbara“, dass die BDS-Bewegung antisemitisch sei, geschluckt haben, bis auf wenige tapfere Ausnahmen, die allerdings immer mehr werden und inzwischen die BDS-Bewegung sogar unterstützen. Die Absicht der Hasbara, die mit allen nur denkbaren unlauteren Mitteln vorgeht, ist es, die Besatzung und das Apartheid-Regime zu bewahren, mit dem Unrecht fortzufahren, weiter Land zu rauben, Siedlungen zu bauen und den Völkern der Welt und ihren Politikern Sand in die Augen zu streuen. In deutschen Magistraten und Parlamenten ist dieser Sand inzwischen auch im Gehirn der Politiker gelandet. Deshalb ist es so schwer, mit solchen instrumentalisierten und manipulierten Volksvertretern in ein vernünftiges Gespräch zu kommen, wie sich neulich wieder in Bad Boll zeigte, als der Baden-Württembergische Beauftragte gegen Antisemitismus israelische Propaganda ungefiltert von sich gab bis hin zu der Behauptung, der Irak habe 130 000 irakische Juden vertrieben. Dabei weiß doch jeder, der sich damit beschäftigt hat, dass hinter der Vertreibung der Juden aus dem Irak die israelische Regierung stand, deren Mossad-Agenten Bomben in Synagogen in Bagdad legten, um die Juden zu verunsichern und in die Flucht ins „gelobte Land“ zu treiben, wo sie Jahre im Elend verbrachten. Wer das nicht glaubt, sollte die Bücher irakischer Juden lesen, die darüber berichtet haben.

Bei Leuten wie dem „Antisemitismusbeauftragten“ dürfte eine solche Empfehlung aber kaum auf fruchtbaren Boden fallen. Er weiß ohnehin alles besser. Er wurde ja durch die Hasbara „informiert“. Er wehrte sich in Bad Boll gegen die Titulierung „Antisemitismus-Beauftragter“, weil er in Wirklichkeit, nach eigenen Worten, ein „Beauftragter gegen Antisemitismus“ sei. Mag sein, dass er das so sieht, aber für mich und andere ist er ein Antisemitismusbeauftragter, der Antisemitismus eher schürt als verhindert..

Jeder, der die zionistischen „Märchen“ nicht glaubt, ist natürlich ein Antisemit, und inzwischen gibt es davon in Deutschland viel zu viele, was auch für die Philosemiten gilt. Diese versuchen mit aller Gewalt, Manipulation und Verdrängung, die Meinungshoheit über den Antisemitismus-Diskurs zu gewinnen, und da sie merken, dass es ihnen immer weniger gelingt und das Schlagwort „Antisemitismus“ zu einem immer stumpferen Schwert geworden ist, haben sie in letzter Zeit ihre Taktik verändert und führen den Kampf gegen Kritiker und Gegner der israelischen Politik über eine neue Schiene, eben über den Vorwurf, BDS sei antisemitisch. Sie kümmern sich so sehr um BDS, weil die Bewegung in der letzten Zeit sehr erfolgreich wurde, und auch wenn israelische Bananen und Avocados immer noch in deutschen Supermärkten verkauft werden, so hat das Image Israels doch arg  gelitten. Das schmerzt die Israelis sehr, mehr jedenfalls als der Boykott von Bananen oder Avocados, der in Israel kaum jemanden interessiert. Wenn aber international bekannte Sänger und Bands nicht mehr in Israel auftreten, dann tut es den Israelis in der Seele weh, denn sie verstehen einfach nicht, warum diese Künstler nicht nach Israel kommen wollen, wo doch die Besatzung Palästinas in den Augen der Zionisten vollkommen normal und berechtigt ist. Künstler, die nicht in Israel auftreten wollen, gelten daher als berüchtigte Antisemiten.

Kein Israeli muss einverstanden sein mit den Forderungen der BDS-Bewegung, aber jeder Israeli sollte sich mit ihr auseinandersetzen, selbst urteilen und nicht die Propaganda seiner Regierung schlucken. Und jeder Israeli und auch jeder bei uns sollte sich fragen, was den Palästinensern denn noch übrig bleibt? Sollen sie wieder Selbstmord-Attentate unternehmen, weil ein ehrenvoller Tod immer noch besser ist als ein Leben in Angst und Würdelosigkeit unter israelischer Besatzung? Sollen die Palästinenser sich wieder dem bewaffneten Kampf anschließen? Oder sollen sie aufgeben und tatenlos zusehen, wie die Israelis weiter ihr Land rauben und sie umbringen?

Unsere Volksvertreter sollten alle nach Palästina fahren und sich die Lage vor Ort ansehen. Natürlich werden einige, die Antideutschen, die Naiven und Gutmenschen alles gut und richtig finden. Aber es reicht, wenn einigen die Augen geöffnet werden und sie begreifen, was im Nahen Osten vor sich geht. Ein Land, Israel, das von sich behauptet, demokratisch zu sein und in Wirklichkeit ein Apartheid-Regime ist, und ein Volk, das palästinensische, das nichts anderes will als das, was wir alle wollen: Freiheit, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und  Frieden.

Ein Gedanke zu „Sie schämen sich nicht!

  1. „gegen Antisemitismus“ ist auch ein Zensurprojekt, um #IsraelApartheid (u.a. Diskriminierung von >5 Mio. Nichtjuden, ethnische Säuberungen, Vertreibungen, Enteignungen, ..) zu verteidigen und zu fördern.

    Das sieht man seit 3 Jahren recht gut in UK, wo rechtsextreme Judenorganisationen den Antirassisten und Apartheidgegner Corbyn laufend als „Antisemiten“ diffamieren u beleidigen, weil dieser gegen Rassismus in Nahost auftritt.

    Organisationen wie Bnai Brith, AJC, AIPAC, ADL, .. unterstützen daher auch Apartheid, Rassismus, ethnische Säuberungen, … Und das wissen die seit Jahrzehnten sehr genau, weil eine #Judeokratie mit den internat. Menschenrechten nie kompatibel war und nicht sein kann.

    Es ist zu hoffen, dass jüdische Organisationen wie jStreet, ijan.org, jvp.org, IfNotNow, etc. an Unterstützung und Spenden gewinnen.

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