Was Antisemitenmacher alles dürfen

Diese überaus wichtigen Bücher (erschienen im Westend-Verlag in Frankfurt/M.) zu den Hintergründes des Antisemitismus werden von den Mainstream Medien totgeschwiegen. Ein dümliches Pamphlet wie das von Oliver Polak wird dagegen in den Himmel gehoben.

Tatsächlich ist die Antisemitismus-Diskussion in Deutschland, und wahrscheinlich auch überall sonst, ein Witz. Diese angebliche Diskussion wird von Interessen gesteuert, die diese Debatte überlagern und immer bestimmen wollen, wer Antisemit ist oder nicht. Sie reißen mit Gewalt die Deutungshoheit über den Antisemitismus an sich und manipulieren damit die Öffentlichkeit. Man muss es nicht mehr sagen. Es ist ganz offensichtlich der Staat Israel, der mit seinem Propaganda-Ministerium hinter dieser Gehirnwäsche steht.

Es ist ansonsten kaum erklärbar, warum ein analytisches Buch über diese Debatte, wie „Der allgegenwärtige Antisemitismus oder Die Angst der Deutschen vor der Vergangenheit“ von Prof. Moshe Zuckermann, ein  emotional sachliches Buch wie „Die Antisemitenmacher – Wie Kritik an der Politik Israels verhindert wird“ von mir oder ein geschichtlich aufklärendes Buch wie „Hundert Jahre Heimatland“ von Prof. Rolf Verleger, von der Presse ignoriert und verschwiegen werden und ein unbedeutendes und überflüssiges Pamphlet von einem Comedian wie Oliver Polak im Spiegel drei Seiten bekommt und von den Medien so viel Aufmerksamkeit erfährt. Zu meinem Buch schrieb der Freitag: „Ein ungemein wichtiges Buch. Mögen es Viele lesen, um zu verstehen:“ Aber damit viele es lesen müsste die Presse darüber berichten. 

Man hat inzwischen den Eindruck, dass irgendwo im Hintergrund ein Programm abläuft, das diese Diskussion lenkt und manipuliert. Viele Journalisten gehen den Antisemitenmachern auf den Leim. Die pro-israelischen Meinungen und diejenigen, die laut davon reden, dass die deutsche DNA antisemitisch ist, bekommen in den Medien breiten Raum, ihre skurrilen und absurden Thesen zu verbreiten und Israels brutale und kaum noch erträgliche Politik in Schutz zu nehmen, obwohl es da kaum noch etwas gibt, was wert ist, verteidigt zu werden. Es ist jedem klar, dass es bei der Antisemitismus-Debatte gar nicht um Antisemitismus geht, sondern um die Verdrängung der berechtigten und notwendigen Kritik an Israels Politik.

Dass die Presse schweigt, wenn Benjamin Netanjahu einer der ersten Gratulanten vom neu gewählten faschistischen Präsidenten Brasiliens ist, zeigt nur, wo Israel heute steht. Netanjahu verbrüdert sich mit rechtsnationalen- und antisemitischem Regimes überall auf der Welt, Hauptsache sie stehen hinter seiner rechtsnationalen, faschistischen und Völkerrechtswidrigen Politik. Und Israel investiert Milliarden in eine Propaganda-Kampagne zur Unterdrückung jeder noch so geringen Kritik an einer solchen Politik.

Und deshalb kommt der israelischen Hasbara (Propaganda) ein Buch wie Oliver Polaks „Gegen Judenhass“, mit seinen 128 Seiten, von denen aber 37 Seiten fast leer sind und die Rückseite vollkommen leer ist, sehr gelegen. Auf den restlichen 54 Seiten erfährt man auch nichts über „Judenhass“, dafür aber viel über Oliver Polak.

Polak schreibt, und seine Worte können nur an Palästinenser gerichtet sein, kaum an deutsche Leser: „Juden nehmen dir dein Land nicht weg, töten deine Kinder nicht und trinken auch dein Blut nicht.“ Er macht genau das, wovor andere warnen, nämlich alles in einem Topf werfen und kräftig mischen. Nicht alle Israelis sind Juden und nicht alle Juden sind Israelis. Natürlich nehmen nicht Juden das Land der Palästinenser weg. Es sind Israelis. Und natürlich töten Juden keine Kinder, und gemeint sind palästinensische Kinder, es sind Israelis, die das tun. Und dass Polak in diesem Zusammenhang auf die mittelalterliche Ritualmord-Beschuldigung herüberspringt, die bis in die Neuzeit, bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, besonders in Osteuropa, zu hören war, dass nämlich Juden gerne Christenblut an Ostern trinken, zeigt uns nur, wie wirr und absurd seine Ideologie ist, die von keiner anderen Stelle gelenkt wird, als von der israelischen Hasbara, der es durchaus passt, wenn der Antisemitismus in Deutschland wachsen würde. Denn Antisemitismus treibt die Juden zur Auswanderung und Israel wartet auf weitere Einwanderungsschübe, damit Juden weiter in Israel die Mehrheit bilden. Antisemitismus ist wie Schmieröl für den Zionismus, der Antisemitismus braucht den Zionismus, wie die Luft zum Atmen. Er treibt die Juden nach Israel, wie Israels Ministerpräsident Ariel Sharon es einmal bezeichnete. Er vergaß hinzuzufügen, dass es gleichzeitig die Palästinenser vertreibt.

Deshalb ist es auch kein Zufall, dass Polak die Begegnung mit einem Herausgeber einer Wochenzeitung und Kolumnist eines Nachrichtenmagazins ausführlich beschreibt. Ohne, dass er den Namen nennt, ist jedem halbwegs informierten Leser klar, dass er Jakob Augstein meint, der in seinen Kolumnen im SPIEGEL öfters Israels Politik kritisiert hat. Polak, wie übrigens viele andere Zionisten und Israelfans, machen keinen Unterschied zwischen Israel und Israels Politik. Wer Israels Politik kritisiert, ist ein Antizionist und somit auch automatisch ein Antisemit. Als ob jemand, der die kommunistische Ideologie kritisierte, auch automatisch ein Feind Russlands war oder jemand, der den Kapitalismus verteufelte, automatisch auch ein Gegner der USA war. Er fragt Augstein ob „er schon mal in Israel gewesen sei“, und kommentiert selbstgerecht und arrogant: „Stille. Er räuspert sich und entgegnet, dass er noch nicht da war.“

Ist es denn unbedingt notwendig, in Israel gewesen zu sein, um Israels Politik zu kritisieren? Muss man denn überhaupt in dem Land gewesen sein, dessen Politik man kritisiert? Wie viele Publizisten kritisieren Putins Politik und wie viele Trumps Politik, ohne dass sie in Russland oder den USA gewesen sind?

Polak wirft Augstein vor, keine Haltung und Moral zu haben und empfiehlt ihm nach Israel zu fahren, wo auch er zwei Wochen gewesen ist. So sind sie die Verteidiger Israels. Sie waren dort zwei Wochen, haben offensichtlich einen Crashkurs in Zionismus und Rechtfertigung der israelischen Politik gemacht, wurden in Selbstgerechtigkeit eingewiesen und glauben jetzt alles besser zu wissen. Vor allem wissen sie Netanjahus Haltung und Moral zu ignorieren, denn darüber spricht man nicht, weil dieser keine hat.

Polak meint, dass ein- oder zwei Wochen in Israel reichen würden, um ein schiefes Israel Bild zurecht zu rücken. Wenn man dann zurückkommt, nachdem man in einem Kibbuz am Gazastreifen war und die Leiden der Bewohner gesehen hat, die manche Zionisten mit den Leiden der Juden im Warschauer Ghetto vergleichen, dann wird man erkennen, dass alles, was man über die desolate und unerträgliche Lage der Bewohner von Gaza geschrieben hat, dumm und falsch war. In Gaza lebt man, wie es Henryk M. Broder einmal beschrieb, wie in einem Club Mediterrane, von allem das Beste.

Polak empfiehlt Augstein all seine Kolumnen der letzten Jahre über Israel nochmal zu lesen, und dann zu prüfen, was es mit ihm, Augstein, macht. Ich weiß nicht, ob Augstein das gemacht hat. Ich habe aber all meine Artikel der letzten Jahre über Israel, Palästina und Gaza gelesen und musste feststellen, dass ich viel zu leise, viel zu feige und viel zu ungerecht gegenüber den Palästinensern war. Was in Gaza geschieht ist tausendfach schlimmer, als ich es je beschrieben habe, und meine Kritik an Israels Politik war viel zu zahm und zurückhaltend, auch wenn manche mich schon wegen dieser Kritik als Antisemiten diskriminiert haben und Charlotte Knobloch, die grausame, unerbittliche greise Präsidentin der Israelitischen Gemeinde in München, sogar als einen „berüchtigten Antisemiten“. So leicht wird man heute zum Antisemiten und sogar zu einem Berüchtigten.

Und so wird aus Antisemitismus immer mehr eine Farce und die Debatte darüber ein Witz und ein Skandal. Die großen deutschen Tages- und Wochenzeitungen, von der BILD, FAZ, taz, Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung bis zu der ZEIT, dem Spiegel und manche Monatsmagazine – überall wird das Thema Antisemitismus mit zittrigen Händen und vollen Hosen behandelt, man überlässt es entweder den Hofjuden, die jede Zeitung inzwischen hat oder den Philosemiten, die auch nichts besseres sind, als die gewöhnlichen Antisemiten. Jede noch so absurde und geringfügige Sonderstellung der Juden innerhalb der Gesellschaft ist eine Form von Antisemitismus. Entweder sind die Juden vollkommen gleichberechtigt, mit allen Rechten und Pflichten, mit allen Vorteilen und Nachteilen einer demokratischen Gesellschaft, oder sie sind etwas Besonderes, eine Gruppe unter Denkmalschutz, für die im Guten wie im Schlechten besondere Gesetze gelten.

Wenn ein Jude wie Oliver Polak ein Buch schreiben und veröffentlichen kann, wie „Ich bin Jude – ich darf das“, dann ist in unserer Gesellschaft etwas faul. Und wenn ein jüdischer Publizist wie Henryk M. Broder sich so benimmt, von Knobloch, Schuster und Maxim Biller ganz zu schweigen, dann haben wir in diesem Land ein viel größeres Problem, als wir bisher dachten. Ein Nobelpreisträger wie Günter Grass wird wegen eines harmlosen Gedichts mit Kübeln von Jauche übergossen und bei Broder, der wirklich schlimme Thesen von sich abgegeben hat, schweigt man und traut sich nicht, ihn anzugreifen, weil er Jude ist, und weil man Angst vor ihm hat, vor dem Gift, das er mit seine Feder verspritzt.

Auch als Juden dürfen Polak, Broder und Biller nicht weniger, aber auch nicht mehr, als jeder andere Bürger. Und damit man mich nicht falsch versteht, muss ich das wiederholen: Jeder darf alles schreiben und veröffentlichen, natürlich solange es keine Hetze und Diskriminierung anderer ist, aber faul ist es, wenn ein Jude im heutigen Deutschland glaubt, alles sagen und schreiben zu dürfen, nur weil er Jude ist. Es ist und bleibt eine gewollte Provokation. Aber dann soll sich derjenige, der auf diesem Niveau provoziert nicht wundern, wenn er auf dem gleichen Niveau angegriffen wird.

In Zeiten, in denen es fast täglich zu Angriffen auf Unterkünfte von Geflüchteten kommt, in denen organisierte faschistische Kräfte durch die Straße marschieren, um auf Menschen Jagd zu machen, in denen mit der AfD eine rechtspopulistische, rassistische, antisemitische und israelsolidarische Partei im Bundestag sitzt, in diesen Zeiten haben Zionisten wie Polak und Broder nichts Besseres zu tun, als Israel vor berechtigter Kritik zu schützen und diese Kritik als Antisemitismus zu diskreditieren. Die geforderte Israelsolidarität ist politisch falsch und hilft kein Stück im Kampf gegen tatsächlichen Antisemitismus.

3 Gedanken zu „Was Antisemitenmacher alles dürfen

  1. Die Fragen werden vermengt statt analysiert. Israel kann man kritisieren, es kann aber der Kritik nicht Folge leisten. Seine Nachbarn sind unzuverlässig: Saudi Arabien ist undurchsichtig, Syrien ist ein Terrorstaat: mit wem will Israel kollaborieren? Man sollte entweder ein Aufnahmeprogramm für Millionen Juden in Europa vorbereiten oder Waffen und Söldner werben, um den Suezkanal unter israelische Kontrolle zu bringen.
    So oder so

    • Man sollte entweder ein Aufnahmeprogramm für Millionen Juden in Europa vorbereiten oder Waffen und Söldner werben, um den Suezkanal unter israelische Kontrolle zu bringen. s.o.

      Das klingt hart, ist aber im Prinzip richtig: Die Zionisten in der israelischen Führung regieren sich gegenüber ihren Nachbarn um Kopf und Kragen.
      Sie können unter der gegebenen Politik nur auf Dominanz und Vorherrschaft setzen.
      Die Söldner/Waffen dazu holen sie sich aus den USA und der EU, auch aus Deutschland! Und um deutsche Politiker gefügig zu machen, ziehen Leute wie Polak und Broder hier mit Hilfe unserer Medien eine widerliche Show ab; über Polaks Show hat Abi Melzer ja schon in seinem letzten Artikel berichtet. Wenn ich solche Witze risse, würde ich vor den Kadi gezogen. Und weil Polak ein Jude ist, darf er solche Witze machen. Da beginnt die Ungleichbehandlung von Bürgern. Und wozu so etwas im Endeffekt führen kann, hat Abi Melzer oben schlicht und einfach beschrieben.
      M.E. wollen solche „Witzfiguren“ die deutsche Politik gefügig machen, den Wählern durch Frechheit den Mund verbieten und sie einschüchtern.
      Teile und herrsche! Heißt es nicht so?
      Mandy

  2. Was hier (wieder) angesprochen wird, ist international sehr verbreitet: jüdische/zionistische/israelische Zensur und Selbstzensur aus Angst. Das Unterdrücken von Nachrichten ist schon auf der Ebene apa, dpa, .. festzustellen.

    Das ist einfach nachzuprüfen: sobald man die Nachrichten aus Israel (Haaretz, ..) oder aus dem arabischen Raum (AlJazeera, etc.) mit denen unserer Massenmedien vergleicht, stellen sich gewaltige „Lücken“ heraus. Dass zionSpringer (als bekennende Zionisten) und damit zionBILD, etc. Nachrichten aus Nahost in grossem Umfange unterdrückt und damit seit Jahrzehnten prozionistisch agiert, ist schon lange kein Geheimnis mehr.

    IKG, AJC, ZdJ, etc. leisten hier auch eine gewaltige Unterdrückungsarbeit und Ablenkungsarbeit von israelischen Verbrechen, Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen. Genau das ist Sinn und Zweck der #hasbara- und #sayanim-Netzwerke, die die Menschenrechtsverletzungen (u.a. Diskriminierung von Nichtjuden) in Nahost unterstützen, obwohl dies das D-Grundgesetz verletzt.

    „Antisemitismus“, „Judenhasser“, „Terrorist“ sind die drei zionistischen Schimpfworte um pol. Gegner zu beleidigen und zu diffamieren. Und diese „Antisemitismus-Strategie“ funktioniert recht gut: Journalisten haben Angst, dieses Thema anzufassen.

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