Merkel wegen Israelpolitik nicht wählbar – Offener Brief

von Torsten Kemme

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel, natürlich verstehe ich jeden gut, der Sie als Bundeskanzlerin behalten will: Sie sind erfahren, weil Sie seit Jahren diesen Job machen; Sie zeigen sich (zumindest äußerlich) auch in kritischen Situationen gelassen und ziemlich belastbar; und Sie haben, wenn Sie es denn wollen, eine begegnungsoffene Ausstrahlung, der man sich kaum entziehen kann. Ihr jungmädchenhaftes Lächeln und Ihre liebenswürdige Freundlichkeit beeindrucken und überzeugen jeden, weil er sich einfach von Ihnen sehr geschätzt fühlt. Ich gehe noch einen Schritt weiter: In den großen Krisen der Vergangenheit sind Ihnen zwar immer wieder mal Fehler unterlaufen; und oftmals ist es zu Versäumnissen gekommen, an denen Sie auch beteiligt waren. Aber Politik ist komplex, und Politiker sind keine Säkularmenschen, die immer richtig liegen und alles richtig machen. Übertriebene Erwartungen an unsere Politiker sind deshalb fehl am Platz. Im Gegenteil, wir Bürger sollten nachsichtig sein und die Fehler unserer Politiker tolerieren und abhaken. Besonders dann, wenn man spürt: Dahinter steckt die richtige Einstellung, und im Grunde war es gut gemeint. Insofern kann ich mit Ihrem Politik-Stil und Ihren politischen Erfolgen oder Misserfolgen gut zurechtkommen. Und so gesehen, gibt es für mich auch keinen Grund, Ihnen eine weitere Amtsperiode vorzuenthalten.

Dass ich Sie dieses Mal trotz diesen Überlegungen nicht wähle, lässt sich auf zwei Punkte zurückführen, die für mich ausschlaggebend sind und die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.  Weiterlesen

Keine Wahl?

Die Situation in Israel erinnert mich manchmal an den Film „Jakobowsky und der Oberst“. Da ich das Buch von Franz Werfel nicht gelesen habe, muss ich an den Film denken. Der jüdische Komiker Danny Kaye spielte den Juden Samuel L. Jakobowsky. Curd Jürgens den polnischen Oberst Thaddäus Prokoszny.

Die Handlung spielt im Paris des Jahres 1940, kurz vor dem Überfall der Deutschen Wehrmacht. Aber eigentlich ist die Handlung beliebig austauschbar, denn es geht um etwas ganz anderes, um „Sein oder Nichtsein“ um zwei Welten, die sich begegnen und nach einer langen Odyssee sich annähern und sogar verwandeln. Werfel thematisiert das Verhältnis zwischen einem Juden und einem Oberst, die beide – trotz anfänglicher Abneigung gegeneinander – zusammenhalten müssen, um zu überleben.

Das Lebensmotto Jakobowskys zieht sich wie ein „roter Faden“ durch den Film: „Man hat immer zwei Möglichkeiten im Leben!“ Als Gegensatz dazu ist der fanatische Oberst zu Beginn des Films davon überzeugt, dass es für einen Mann von Ehre immer nur eine Möglichkeit gibt. Die Gegenüberstellung beider Aussagen findet in der Schlüsselszene im Café statt, als Jakobowsky sich nicht sicher ist, was er tun soll und aus Angst vor dem vielleicht nahenden Tod durch die Deutschen, sich selbst umbringen möchte. Da rettet ihn der Oberst, der plötzlich erkennt, dass es immer noch eine andere Möglichkeit gibt.  Weiterlesen

SPD geht gegen BDS-Bewegung vor

von Ludwig Watzal

Nach Frankfurt, München und Berlin plant nun auch die Kölner-SPD Fraktion einen Antrag zur Abstimmung zu stellen, der die zivilgesellschaftliche BDS-Bewegung kriminalisieren soll. BDS ist eine demokratische Bewegung, die auf friedlichem Weg Unternehmen auffordert, ihr Engagement und ihre Investitionen aus den völkerrechtswidrigen Siedlungen zu beenden und die Waren, die dort hergestellt werden, nicht weiter zu vertreiben bzw. zu boykottieren. BDS ist weder antisemitisch noch bestreitet sie das „Existenzrecht“ Israels. Die BDS-Bewegung ist auch keine obskure Bewegung, sondern sie ist weltweit aktiv, insbesondere in den USA und in Europa.

Beide Vorwürfe dienen sowohl der CDU als auch der SPD als Vorwand, um die Bewegung zu diskreditieren und zu kriminalisieren. BDS beinhaltet keinen „Judenboykott“,  boykottiert nicht die Juden. Es wird nur dazu aufgerufen, das brutale israelische Besatzungsregime solange zu boykottieren, bis Israel die Besatzung beendet und seine kolonialistischen Siedler ins Kernland zurückführt.  Matthias Jochheim hat hierzu in einem Interview klar Stellung genommen.

Dass diese grundgesetzwidrigen Anträge zur Einschränkung der Meinungsfreiheit aus eigenem Antrieb eingebracht worden sind, können nur politische Naivlinge glauben. Alle Parteien stehen unter massiven Druck der zionistischen Israellobby und müssen deren Wünschen Folge leisten. Alle Parteien haben bisher Lehrgeld bezahlen müssen. Die SPD kann davon ein besonderes Lied singen.

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Amira Hass fordert „schmerzhafte Sanktionen“ der Europäer gegen Israel

von Amira Hass

Holland, Belgien und Frankreich: Es genügt nicht, nur mit Worten die israelische Zerstörungspolitik zu verurteilen, mit euren Steuergeldern finanzierte Einrichtungen und Gebäude wurden zerstört. Dass ihr darüber verärgert seid, ist gut, aber das Tempo, in dem eure Wut darüber steigt, bleibt weit zurück hinter dem rasanten und gefährlichen Tempo der Bulldozer der Zivilverwaltung in der Westbank und der Verteidigungskräfte der Siedlungen.

Die Verurteilungen werden als Nebensache ohne Dringlichkeit angesehen. Ihr müsst konkrete Maßnahmen ergreifen. Ja, offene und erklärte Sanktionen, die verschärft werden könnten. Schmerzhafte Sanktionen. Dies könnte die letzte Chance sein, den Durchschnitts-Israeli, darunter Geschäftsleute, Touristen, Richter, Wissenschaftler, Farmer und ausländische Fußballkonsumenten aus ihrer Gleichgültigkeit und verbrecherischen Selbstgefälligkeit loszulösen.

Hört auf, euch vor der israelischen emotionalen Erpressung zu fürchten. Israel tauscht die Erinnerung an unsere in Europa ermordeten Familien ein, um die Vertreibung der Palästinenser aus dem größten Teil des Westbank-Gebietes in Enklaven der Palästinensischen Autorität zu beschleunigen. Das ist die Absicht hinter all den Zerstörungen und Beschlagnahmungen sowie Bauverboten und Verboten der Herdenhaltung und Feldbewässerung. Wer auch immer diese geringe sukzessive Vertreibung plant und umsetzt, denkt bereits an die große Vertreibung, und zwar nach Jordanien. Und was werdet ihr dann tun? Verurteilungen aussprechen und den Vertriebenen Wassertanks und Zelte senden?  Weiterlesen

Die vermeintliche Antisemitismus-Expertin Sina Arnold

Und schon wieder wollte uns eine sogenannte „Antisemitismus“-Expertin, Sina Arnold, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Politikwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, belehren, was Antisemitismus ist und vor allem, wo die richtigen, unsichtbaren Antisemiten sich verstecken. Ihr Vortragsthema: „Das unsichtbare Vorurteil. Antisemitismus in der US-amerikanischen Linken nach 9/11.“  

Schon der Titel ließ nichts Gutes erahnen. Und so kam es dann auch. Da sprach eine junge „Expertin“ über etwas, wovon sie wenig Ahnung hatte. Ihre Qualifikation bestand darin, dass sie vor den letzten Präsidentschaftswahlen in die USA reiste und dort, man höre und staune und kann es kaum glauben, dreißig Interviews mit amerikanischen Linken geführt hat, die sie jetzt zu einer „Expertin über Antisemitismus“ machten.

Eine wissenschaftliche Arbeit, vermutlich ihre Dissertation, die sich auf 30 Interviews stützt, die dann als Grundlage für so weitreichende Schlussfolgerungen führt, waren selbst einem jeglicher Israelkritik abholden Michael Wolffsohn, ehemaliger Professor an der Bundeswehr Universität in München, zu wenig, wie er in seiner Rezension des Buches in der FAZ vom 8. November 2016 hervorhob. Auch ist nicht klar, ob Arnold mit so genannten linken Zionisten oder linken Anti-Zionisten gesprochen hat, oder einfach mit Linken über israelkritische Linke oder knallharten Zionisten über Linke in den USA.  Weiterlesen

Warum ich kein Zionist sein kann: offener Brief an Emmanuel Macron

von Shlomo Sand

Als ich begann, Ihre Rede anlässlich der Vel-d’Hiv-Massenverhaftung zu lesen, war ich Ihnen dankbar. Angesichts der langen Tradition politischer Führer von Links und Rechts in Vergangenheit und Gegenwart, die Frankreichs Beteiligung und Verantwortlichkeit für die Deportation jüdisch-stämmiger Menschen in die Todeslager leugnen, war ich dankbar, dass Sie stattdessen eine klare Position bezogen, ohne Doppeldeutigkeit: Ja, Frankreich ist für die Deportation verantwortlich, ja, es gab Antisemitismus in Frankreich vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Ja, wir müssen alle Formen des Rassismus‘ bekämpfen. Ich sah diese Positionen in der Kontinuität Ihrer mutigen Aussage in Algerien, als Sie sagten, dass Kolonialismus ein Verbrechen gegen die Menschheit darstelle.

Aber um ganz ehrlich zu sein. Ich war verärgert darüber, dass Sie Benjamin Netanyahu eingeladen hatten. Er sollte zweifellos in die Kategorie der Unterdrücker gehören, also kann er sich nicht als Vertreter der Opfer der Vergangenheit inszenieren. Natürlich weiß ich seit langem von die Unmöglichkeit, die Erinnerung von der Politik zu trennen. Vielleicht verfolgten Sie eine ausgefeilte Strategie, die Sie noch enthüllen müssen und die auf einen Beitrag zur Umsetzung eines gerechten Kompromisses im Nahen Osten abzielt?  Weiterlesen

Setzt die Israellobby deutsche Politiker unter Druck?

von Ludwig Watzal

Jüngstes Beispiel dieser politischen Rückgratlosigkeit und des bewussten Wegschauens ist der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller. Ein denunziatorischer Artikel des berühmt-berüchtigten Kampangenjournalisten Benjamin Weinthal, der für die rechtsnationalistische Zeitung „Jerusalem Post“ in Deutschland auf Antisemiten-Jagd geht, hat insinuiert, dass Müller unter die berühmtesten zehn „Antisemiten“ auf der Welt vom „Simon-Wiesenthal-Zentrum“ (SWC) in Los Angeles eingereiht werden könnte. Die Bedingungen, unter denen man dies eventuell vermeiden könnte, wurden in diesem denunziatorischen Artikel gleich genannt.

Das SWC in Los Angeles hat nichts, aber auch gar nichts mit dem ehemaligen Nazi-Jäger Simon Wiesenthal gemein, außer den Namen, den die rechte zionistische Propaganda-Organisation gekauft hat. Dieser Hasbara-Organisation geht es um die Verfolgung und Verleumdung vermeintlicher Antisemiten, die von Denunzianten in verschiedenen Ländern nach L. A. gemeldet werden. Der zionistische Hetzer Weinthal, der sich selber gerne als  Stimme aus Israel darstellt, scheint enge Kontakte zu Efraim Zufroff, einem Siedler, der in völkerrechtswidrigen Siedlung Efrat lebt, zu pflegen, der oft in seinen Artikeln zitiert wird. Seine Artikel weisen immer das gleiche Muster auf. Er ruft fast immer die gleichen rechtsradikalen Zionisten an, die ihm dann den „Antisemitismus“ des Gejagten bestätigen oder dessen Namen verunglimpfen. Hier eine kleine Sammlung Weinthalscher Denunziationsartikel.

Anfänglich konnte man den Eindruck gewinnen, Müller handele souverän und lasse diese denunziatorische Attacke an sich abperlen, weil nichts, aber auch gar nichts an den Vorwürfen dran ist. Weit gefehlt! Es scheint in Deutschland fast keinen Politiker zu geben, der den Mut und das Rückgrat besitzt, um gegen Verleumdungen der zionistischen Israellobby und dem Wink mit der Antisemitismus-Keule zu bestehen. Menschen, die es scheinbar hatten, wählten letztendlich den „Freitod“.  Weiterlesen

Israels Justizministerin Shaked entlarvt das wahre Gesicht des Zionismus

von Ludwig Watzal

So, jetzt ist es endlich raus! Der Zionismus steht nicht nur zu den Menschenrechten im Widerspruch, sondern auch zur universellen Gerechtigkeit. Zionismus steht über allem. Niemand geringerer als die israelische Justizministerin Ayelet Shaked sagte das auf einer Konferenz, die von der Israeli Bar Association in Tel Aviv organisiert war. Gideon Levy, Journalist bei Haaretz, nennt sie „Israels Ministerin der Wahrheit„. Die oberste Riege des rechtsgerichteten Zionismus verleugnet die Menschenrechte.

Shaked und ihresgleichen haben sich sehr kritisch gegenüber dem Obersten Gerichtshof Israels verhalten. In ihrer Rede kritisierte sie den Gerichtshof, weil er dem Zionismus und der jüdischen Mehrheit im Land nicht genug Aufmerksamkeit gegeben hätte. Der Zionismus und die Herausforderungen, vor die das Land gestellt ist, sind ein blinder Fleck geworden, der im Vergleich zu individuellen Rechten nicht ins Gewicht fällt. Nach ihr sollte die Demografie und die jüdische Mehrheit mehr Aufmerksamkeit erfahren. Vielleicht sollten die israelischen Gerichte dem Beispiel Saudi Arabiens und der Türkei folgen.

„Der Zionismus darf sich nicht, und ich sage hier, er wird sich nicht weiterhin dem System der individuellen Rechte unterwerfen, das in einer universellen Weise interpretiert wird, die sie von der Geschichte der Knesset und der Geschichte der Gesetzgebung trennt, die wir alle kennen“, sagte Shaked. Die Regierung von Netanyahu treibt den umstittenen „nation-state-bill“ voran, der festlegen wird, dass Israel das „nationale Heim des jüdischen Volkes“ ist, und nur sie können das Recht auf Selbstbestimmung im Staat verwirklichen.  Weiterlesen

Justice Minister Shaked Shows the Real Face of Zionism

by Ludwig Watzal

There, said it! Zionism contradicts not only human rights but also universal justice. Zionism is above all. No less than the Israeli Minister of Justice Ayelet Shaked said this at a conference organized by the Israeli Bar Association in Tel Aviv. Haaretz journalist Gideon Levy calls her „Israel’s Minister of Truth.“ The top echelons of right-wing Zionism negate human rights.

Shaked and their ilk have been very critical of Israel’s High Court of Justice. In her speech, she criticized the court for giving insufficient attention to Zionism and the country’s Jewish majority. Zionism and the challenges the country is facing have become a blind spot, which carries no certain weight in comparison to individual rights. According to her, demography and the Jewish majority should be taken more into consideration. Perhaps the Israeli courts should follow Saudi Arabia’s or Turkey’s examples.

„Zionism should not continue, and I say here, it will not continue to bow down to the system of individual rights interpreted in a universal way that divorces them from the history of the Knesset and the history of legislation that we all know,“ Shaked said. The Netanyahu government pushes the controversial „nation-state bill“ that will determine that Israel is the „national home of the Jewish people“ and only they can realize the right to self-determination in the state. Shaked considers national and Zionist values as an „absolute truth.“  Weiterlesen