C. Bernd Sucher erzählt in seinem sehr persönlichen Buch „Mamsi und ich“ von seiner Mutter, die als Jüdin im Dritten Reich verfolgt, ins KZ deportiert wurde und nach dem Krieg einen Protestanten aus einem konservativen religiösen Elternhaus heiratete. Sie willigte ein – und es bleibt ein Geheimnis warum –, einen Sohn, der noch nicht einmal in Planung war, christlich zu erziehen, was sie ein Leben lang quälte. Seinen jüdischen Glauben, den er als Erwachsener annahm, sah sie durchaus kritisch. Ihr Leben lang trieb sie ihn unerbittlich an, im Leben das zu erreichen, was ihr durch die NS-Verfolgung verwehrt blieb. Das Buch ist auf der einen Seite Spurensuche und gleichzeitig die Geschichte seiner Emanzipation von der Mutter.
Als ich anfing, das Buch zu lesen, hatte ich das Gefühl, dass ich es bald zur Seite legen würde. Ich tat es aber nicht und habe das Buch in zwei Tagen und einer halben Nacht bis zur letzten Seite gelesen. Es ist tatsächlich eine sehr ungewöhnliche Lebensgeschichte, die mich persönlich berührt hat, nicht nur weil ich Jude bin. Es hat mich an meinen vor 30 Jahren verstorbenen Vater erinnert, der meine Leistungen auch sehr kritisch beurteilte. Er hat mich auch fast nie gelobt, und selten fand er das, was ich geschrieben hatte, gut. Ich war damals noch sehr jung und brachte zusammen mit Henryk M. Broder eine jüdische Zeitschrift heraus. Wenn mein Vater einen Text von mir gelungen fand, was zuweilen vorkam, dann lobte er mich nicht, sondern fragte grimmig und vorwurfsvoll: „Wer hat das geschrieben?“ Wenn er diese Frage stellte, wusste ich: Test bestanden. Weiterlesen