War die israelische Plünderung ’48 Teil einer breiteren Politik zur Vertreibung der Araber?

Die dunklen Seiten des Unabhängigkeitskrieges werden in einem Buch über die massive jüdische Plünderung von arabischem Eigentum beleuchtet, das die Verbindung zwischen der Plünderung und Ben-Gurions Politik, das Land von seinen arabischen Bewohnern zu befreien, zeigt.

von Benny Morris

In seinem neuen Buch beschäftigt sich der Historiker Adam Raz mit den jüdischen
Plünderungen von 1948 – nicht aber mit der kollektiven Plünderung von Immobilien, Häusern und Ländereien von Arabern, die von der israelischen Regierung während des
Unabhängigkeitskrieges und danach (auch lange danach, muss man sagen) konfisziert
wurden. Raz konzentriert sich auf die Plünderung des arabischen beweglichen Vermögens durch Zivilisten, einzelne Soldaten, Armeeeinheiten und Institutionen des entstehenden Staates und des Staates selbst. Verschiedene Historiker haben diesen Aspekt des Krieges schon früher angesprochen, aber nicht mit diesem Fokus oder Detailgrad.

.Während des Krieges sagte David Ben-Gurion, der provisorische Premierminister, er sei von zwei Phänomenen überrascht gewesen: der Flucht der Araber und den Plünderungen der Juden. Zu letzterem erklärte er auf einer Sitzung des Zentralkomitees von Mapai, der Regierungspartei und Vorläuferin der Arbeitspartei, am 24. Juli 1948: „Es stellt sich heraus,  dass die meisten Juden Diebe sind …. Leute aus dem Jesreel-Tal haben gestohlen! Die Pioniere der Pioniere, die Eltern der Palmach [vorstaatliche Kommandotruppe] Kinder! Und alle haben sich daran beteiligt.“ Er hätte hinzufügen können, dass die Palmach-Angehörigen selbst nicht widerstehen konnten, hier und da zu plündern. Am 14. Juli versammelte Shmuel „Mula“ Cohen, der Kommandeur der Yiftah-Brigade des Palmach, seine Bataillone im Ben-Shemen-Wald, tadelte sie für die Plünderungen in der eroberten Stadt Lod ein oder zwei Tage zuvor („Leute aus unseren Einheiten begannen auch zu plündern und das verlassene Eigentum an sich zu
reißen“, schrieb er Jahre später) und zwang sie, das gestohlene Eigentum dem Hauptquartier der Brigade zu übergeben oder es zu zerstören.  Weiterlesen

Hört auf, Russland und Belarus durch eine rosarote Brille zu betrachten!

Es gibt tatsächlich noch Menschen, die davon ausgehen, dass Weißrussland „das letzte kommunistische Land Europas“ sei, weil es in seiner Verfassung so steht. Es war möglicherweise das letzte kommunistische Land in Europa und ist jetzt eine Diktatur. Es gab auch Menschen, die geglaubt haben, dass die DDR tatsächlich eine „Demokratie“ war, weil der Staat „Deutsche demokratische Republik“ hieß. Es gibt auch noch vereinzelt Menschen, die glauben, dass Stalin kein Diktator war und Hitler ein „gutmensch“ gewesen ist, der Autobahnen gebaut hat und andere glauben, dass Putin ein „lupenreiner Demokrat“ ist. Ich verstehe, warum Gerhard Schröder das sagt. Immerhin wird er dafür fürstlich entlohnt. Ich verstehe aber nicht warum das Menschen sagen, die nichts davon haben, außer Spaß an einer dümmlichen Meinung.

Einer meiner Freunde meint: „Der Westen muss Weißrussland um Verzeihung bitten!“ Warum eigentlich? Weil der Machthaber Alexander Lukaschenko die Opposition im Land unterdrückt und im Ausland verfolgt? Erst vor wenigen Tagen hat der Diktator zwei junge Leute nach einer erzwungenen Umleitung von Ryanair Flug 4978 von Athen nach Vilnius und Landung in Minsk, verhaften lassen. Der griechische Außenminister nannte den Vorfall das, was es auch war, „Luftpiraterie“. Polens Premier sprach von „Staatsterrorismus“.

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Hamas und die leeren Schlagworte

von Heiko Flottau

„Radikalislamische Hamas“? Die Gründer der Widerstandsgruppe hatten einen Geburtshelfer – Israel.

Sprache kann Tatbestände verhüllen – dann, wenn Schlagworte ohne Erklärung bleiben. Sie kann auch etwas über die Urheber aussagen – etwa über Reporter und politische Analysten – dann nämlich, wenn diese gedankenlos immer wieder dieselben Floskeln benutzen.

Auch Besatzung ist Gewalt

„Radikalislamische Hamas“ – „Militante Palästinenser“ – diese Worthülsen sind uns im letzten Krieg zwischen Israel und der Hamas nur so um die Ohren geflogen. Sie suggerieren, dass nur von einer Seite Gewalt ausgeübt wurde – nämlich von irgendwie stets „militanten“ Palästinensern. Weitgehend unerwähnt blieb eine andere Gewalt – nämlich die seit 1967 andauernde israelische Herrschaft über die Palästinenser im Westjordanland, in Gaza und in Ost-Jerusalem.

Denn Besatzung ist Gewalt – Gewalt über Menschen, über ihr tägliches Leben, über die Zukunft der jungen Generation. Wer etwa im Westjordanland lebt, kann nie sicher sein, wann und wo er an einem der zahlreichen israelischen Kontrollposten aufgehalten und kontrolliert wird.   Dass solche Gewalt Gegengewalt erzeugt, sollte eigentlich niemanden mehr wundern. >>>

Unterschiedliche Perspektiven über Israel: Abi Melzer vs Aliza Mermelstein

Ich möchte den Lesern des „Semit“ einen Disput zur Kenntnis bringen, der sich zwischen mir und Aliza Mermelstein aufgrund meines Beitrages „Genug ist genug“ entwickelte hat. Die Haltung von Aliza Mermelstein ist symptomatisch für viele Israelis, sowohl alte Überlebende der Shoah, wie auch deren Kinder und Kindeskinder, die alle glauben, dass die Welt ihnen Wiedergutmachung schuldet und die Palästinenser diese Wiedergutmachung zahlen müssen.

Die westliche Welt, insbesondere Europa und USA, sind an der Ermordung von 6 Millionen Juden schuldig. Nicht aber die östliche Welt, China, Japan, Südost-Asien, Afrika und Latein-Amerika und schon gar nicht die Palästinenser, die für alles büßen müssen. Die Vereinten Nationen haben beschlossen, den Juden die Hälfte von Palästina zu geben. Mit welchem Recht? Das Land gehörte den Palästinensern. Wenn man die Juden entschädigen wollte, warum hat man ihnen nicht Hessen gegeben?

Von: Aliza Mermelstein <lici.mer@gmail.com>
Gesendet: Donnerstag, 20. Mai 2021 08:58
An: A. Melzer <abimelzer@t-online.de>
Betreff: Re: Genug ist genug

bitte in der zukunft erspare mir deine weisheiten.  selbsthass ist nicht mein cup of tea  Weiterlesen

Genug ist genug

Die Hysterie in Deutschland bei Politikern und in den Medien angesichts der Ereignisse im „Heiligen Land“, wie Israel im ZDF bezeichnet wird, ist inzwischen unerträglich geworden. Man mag diese Hysterie kaum mehr kritisieren, denn das ähnelt dem Versuch, Wasser in einen Eimer gießen, der ein Loch im Boden hat. Die Bombennächte von Tel Aviv gleichen zwar den Bombennächten von Gaza, zumindest was die Angst der Bevölkerung betrifft, aber zu viele Israelis akzeptieren leider die Lügen ihrer Regierung, und in Deutschland ist es nicht anders. Besatzer und Besetzte haben Angst vor einem drohenden Krieg, vor einer ungewissen Zukunft. Bei einem Krieg gibt es keine Sieger, nur Verlierer. Und wir in Deutschland haben Angst vor verzweifelt protestierenden palästinensischen und moslemischen Jugendlichen und schützen uns, indem wir sie Antisemiten nennen. Auf einer proisraelischen Demonstration in München sagte eine Jüdin, die in Israel lebt, sie habe in München mehr Angst als in Sderot, wo täglich Raketen aus Gaza fallen. Das ist nicht nur übertrieben, das ist vollkommen krankhaft. Die Polizei und die Medien berichten, dass fast alle Kundgebungen und Demonstrationen friedlich verlaufen sind. Wie dogmatisch muss man sein, um nicht nur zu ignorieren was in Deutschland stattfindet, sondern auch was in Sderot passiert.

Seit Jahren werden Palästinenser aus ihren Wohnungen und Häusern in Ostjerusalem vertrieben. Sie sollen Platz machen für national-religiöse jüdische Siedler. Was zurzeit in Sheikh Jarrah passiert, ist nicht nur ein Paradebeispiel ethnischer Säuberung und israelischer Besatzungsgewalt, sondern gleichzeitig auch ein Beispiel für die skrupellose Politik eines rechtsreaktionären, autoritären Ministerpräsidenten, der bereit ist, israelische Soldaten und palästinensische Zivilisten zu opfern, nur um von seinen Gerichtsverfahren abzulenken und an der Macht zu bleiben. Da Netanjahu keine Mehrheit hat, um eine Koalition zu bilden, sucht er die Eskalation in Jerusalem, um einen Keil zwischen seine politischen Gegner zu treiben, was ihm ja auch gelungen ist, denn die arabische Raam-Partei, die bereit war, mit seinen Gegnern zu koalieren, hat dies jetzt angesichts der jüngsten Entwicklungen natürlich widerrufen.  Weiterlesen

Ethnische Säuberungen in Jerusalem

Die Presse vermittelt und Bilder und die Agenturen dichten Texte über das, was in und wegen Sheikh Jarrah passiert. Die Hintergründe und Grundlagen dieses Gewaltausbruchs kommen langsamer ans Tageslicht; ein Urteil des Israelischen Obersten Gerichts erlaubt, einige Häuser palästinensischer Familien räumen zu lassen. Das Urteil fügt sich in die Praxis laufender „ethnischer Säuberung“ ein und bringt das Fass des Ertragens israelischer Besatzungsgewalt zum Überlaufen.

Warum betreibt der israelische Staat eine Politik des Überlaufens? Muss er nicht genug besetztes Land friedlich halten? Sind es die Häuser, deren Zahl sich an einer Hand abzählen lassen, überhaupt wert, das Leben israelischer Soldaten zu riskieren und Bomben zu werfen, deren Herstellung teurer war als die Häuser Wert haben? und um unbeteiligte palästinensische Zivilisten umzubringen?

Sheikh Jarrah ist auch in den 60 Jahren israelischer Besatzung ein palästinensisches Viertel in Ost-Jerusalem geblieben. 1956 hatten sich weitere 28 palästinensische Familien dort etabliert, die schon vor 1948 dort gelebt hatten, Dass sie auch einmal von zionistischen Freischärlern mit Waffengewalt vertrieben worden waren, ist eine Episode geblieben. Weiterlesen

Ist die BDS-Bewegung antisemitisch?

In der berühmt-berüchtigten IHRA-Definition wird klipp und klar festgestellt, dass Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden kann. Die entsprechende Kritik der BDS-Bewegung hat nichts mit Hass gegen Juden, nur weil sie Juden sind, zu tun. Das ist die kurze, aber treffende Definition von Antisemitismus. BDS kämpft keineswegs gegen Juden, sondern für die Rechte der Palästinenser, und diese Rechte werden nicht durch Juden verletzt, sondern durch Israelis. Deshalb haben die Palästinenser auch das Recht, sich gegen die völkerrechtswidrige Besatzung ihres Landes und die Unterdrückung ihres Volkes zu wehren.

„Die BDS-Bewegung hat die Auslöschung des Staates Israel zum Ziel, auch wenn viele ihrer Anhänger das Gegenteil behaupten.“ Das schreibt Thomas Thiel im Feuilleton der FAZ und beruft sich auf die Neuerscheinung von Alex Feuerherdt und Florian Markl: „Die Israel-Boykottbewegung – Alter Hass in neuem Gewand“, die im Hentrich & Hentrich Verlag in Leipzig erschienen ist, und fügt noch hinzu, dass das Buch „insofern zur rechten Zeit kommt“. Allerdings von einem Verlag veröffentlicht, von dem man annehmen könnte, dass er im Auftrag des israelischen Propagandaministeriums („Ministry of Strategic Affairs“) arbeitet.  Weiterlesen

Die eigentliche Katastrophe von Meron

von Richard C. Schneider

Ein ausgehendes Staatsbudget, das Unverständnis von Demokratie und ein Premier, der die Ultraorthodoxen braucht, weil er sonst im Gefängnis landet, waren nur die Vorboten des Unglücks von letzter Woche.

Nein, die Katastrophe von Meron entstand nicht viel anders als viele andere Katastrophen weltweit: Man wusste immer, dass dort Gefahren lauern. Es war stets klar, dass die Menschenmasse, die dort jedes Jahr an Lag Baomer zusammenkam, für diesen kleinen Ort zu viel war, dass jederzeit etwas Schlimmes geschehen könnte. Und als es dann geschah, wurde klar, dass es schon lange Warnungen gab: Informationen, Untersuchungen, die voraussagten, dass eines Tages die Katastrophe kommen würde. Und als sie effektiv kam, war niemand darauf vorbereitet. Nicht die Polizei, nicht die Krankenhäuser, nicht die Sicherheitsorgane und schon gar nicht die Politik. Letztere am wenigsten. Denn die israelische Politik spielte das zynische Spiel, das sie so oft spielt: Sie verwaltete bloss Interessen. Warum? Aus Machtgier. Denn wer ist mächtiger als die Orthodoxen, die Charedim, in Israel? Wer kann eine Regierung leichter lahmlegen als die Charedim? Wer kann einen Premier, wenn er denn Binyamin Netanyahu heisst, besser erpressen als die Charedim, seine treuesten und einzigen Verbündeten, die er so dringend braucht, um irgendwie an der Macht zu bleiben? Bislang zumindest. >>>

Antisemitismusbeauftragte oder Judenreferenten?

Wozu brauchen die Juden diese sogenannten Antisemitismusbeauftragten, die mich an die Judenreferenten im Dritten Reich erinnern. Sie werden niemals den Antisemitismus beseitigen, weil sie nicht daran interessiert sein können, die Grundlage ihres Jobs zu eliminieren. Das würde nämlich ihre Entlassung bedeuten. Früher hatten die orthodoxen Juden sogenannte „Schabes Goijs“, die für sie das Feuer am Schabat anlegten und allerhand Tätigkeiten ausübten, die den Juden am Schabat verboten waren. Brauchen wir heute noch diese Wasserträger? Brauchen wir noch diese Gojim, dass sie uns vor BDS warnen und nicht müde werden zu behaupten, dass die BDS-Bewegung „ein zentraler Akteur des antiisraelischen Antisemitismus“ sei.

BDS ist eine politische Bewegung, die sich um die Rechte der Palästinenser kümmert und die Einhaltung des Völkerrechts fordert. Antisemitismus gehört nicht in ihr Programm, eher Antizionismus. Aber Antizionismus ist nicht Antisemitismus, auch wenn Leute wie Felix Klein, Samuel Salzborn und andere Antisemitismusbeauftragte es tausendfach behaupten. Antisemitismus ist Hass auf Juden nur weil sie Juden sind. Antizionismus heute ist dagegen Hass auf Israels Politik, weil das Land die Palästinenser unterdrückt, weil es hunderttausende Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben hat und weil es seit mehr als siebzig Jahre die Rechte der Palästinenser, wie im Völkerrecht beschrieben, missachtet. Die arabische und auch palästinensische Welt hat sich inzwischen längst mit der Existenz des Staates Israel arrangiert. Es geht nicht mehr um die Vernichtung bzw. Delegitimierung des Staates. Es geht um die aktuelle Politik. Juden sind Menschen wie alle anderen auch. Zionismus ist aber eine Ideologie, die man unterstützen, aber auch bekämpfen kann und darf, ohne gleich als Rassist diffamiert zu werden.  Weiterlesen