Der Krieg

von Eurich Lobenstein

Alle sind entsetzt; Gewaltanwendung von Mächten, denen man bisher den Willen zum Frieden unterstellt hatte, war unvorstellbar; jedenfalls so, als ob Krieg in Europa nicht mehr möglich sei: die „Russen“ hatten sich kampflos aus der DDR zurückgezogen, hatten eine Reihe von Sowjetstaaten in die Unabhängigkeit entlassen, haben zugesehen, wie die NATO die Verhältnisse in Jugoslawien neu organisierte und schienen unendlich friedlich zu sein. Aber was ist Krieg? Clausewitz schreibt, er sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Und genau hier haben wir es: man hat in Europa überhaupt darauf verzichtet, Politik zu machen, egal ob mit diesen oder mit „anderen“ Mitteln. Die Katalanen haben ihren eigenen Staat nicht bekommen; die Engländer dagegen   – sie sind aus der EU ausgetreten –    hatten den Schotten eine solche Chance eingeräumt, aber aus Angst, als souveräner Staat erst einmal nicht zur EU gehören zu können, haben sie für den Verbleib bei Britannien gestimmt. Sehr europäisch sind diese Schotten. Wahrscheinlich wären sowohl die Katalanen als auch die Schotten heute noch EU-Länder, auch als souveräne Staaten. Die EU hat sich zu einem Moloch entwickelt, wie er einst das Hl. Römische Reich deutscher Nation war. Ein äquilibriertes System, das wie ein Kartenhaus keine Strukturänderungen (v)erträgt.  Weiterlesen

Ist Dr. Josef Schuster größenwahnsinnig geworden?

von Eurich Lobenstein

Das sagt Wallenstein bei Schiller. Und wie erzählt man es seinen Kindern? Diese alte Frage, die spanische Realität „ad usum delphini“ darzustellen, ist nach wie vor aktuell. Antisemitismus, Holocaust, Apartheit, Israel, Adolf Hitler, all das „ad usum delphini“ will zur Befriedigung des Informationsbedürfnisses eines Kindes, aber ebenso zur Erinnerungserhaltung eines intellektuell ermüdeten Volkes, abgehandelt werden. Empörungsschreie? Nein, aber erstes Murren: Ist unser Volk wirklich intellektuell ermüdet?

Eins ist ganz offensichtlich: wenn Leute wie Franziska Giffey Regierende Bürgermeisterin (d.h. sonst Ministerpräsidentin) von 3 Millionen Berlinern werden kann, wenn eine Ursula von der Leyen, eine Annegret Kramp-Karrenbauer oder eine Christine Lamprecht en passant Verteidigungsministerinnen werden und eine Annalena Baerbock Außenministerin durch die Welt reist, alles natürlich alternativlos, dann stimmt etwas nicht mehr im Lande. Es gibt keine besseren als diese Damen von Welt, weil sich keine Besseren mehr für diese Ämter interessieren. Im Alten Rom mussten zuletzt die Leute gezwungen werden, Ämter in der staatlichen Verwaltung zu übernehmen. So schlimm ist es bei uns noch nicht. Oder doch schlimmer? Hätte sich der Kaiser mit einer Annalena Baerbock zufrieden gegeben, wie es der Souverän von heute hinnimmt?  Weiterlesen

Phrasen zum Antisemitismus

von Eurich Lobenstein

Das sicherste Mittel, Antisemit zu werden, ist ein Abonnement der Jüdischen Allgemeinen (JA). Die theoretischen Apologeten des Judentums sind praktische Antisemitenmacher. Die JA berichtet in einer diffusen Sprache; so etwa am 08.02.2022:

Trauer um Rabbiner Henry G. Brandt

Der langjährige Vorsitzende des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit starb im Alter von 94 Jahren…..Er hinterlässt eine große Lücke. Der Zentralrat der Juden trauert…..

Das klingt sehr würdevoll, aber nur einen Augenblick lang. Denn schnell fragt man sich wie es möglich sein könne, dass ein derart alter Mensch eine Lücke hinterlassen kann? Sie hätte längst besetzt sein müssen.

Und genau so ist es: Brandt hatte sich längst in die Schweiz zurückgezogen. Er hinterlässt keine Lücke. 2004 war Brandt noch zum Vorsitzenden der nichtorthodoxen Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK) gewählt worden und nahm das Amt bis 2019 wahr.  Simultan berief ihn die neu verfasste strömungsübergreifende Deutsche Rabbinerkonferenz 2005 zu ihrem Gründungsvorsitzenden. Was sind das für Manöver? Die Allgemeine Rabbinerkonferenz (ARK) ist ein Gremium des Zentralrates der Juden in Deutschland, die Rabbiner und Rabbinerinnen, die sowohl in jüdischen Einheitsgemeinden als auch in liberalen jüdischen Gemeinden in Deutschland tätig sind, an einen Tisch bringt. Die Deutsche Rabbinerkonferenz (DRK) war zuvor (2004) als der Zusammenschluss aller Rabbiner gegründet, die entweder in einer dem Zentralrat der Juden in Deutschland angehörenden Gemeinde amtieren oder einem Landesverband des Zentralrats angehören. Auf www.zentralratdjuden.de wird die Deutsche Rabbinerkonferenz gar nicht mehr unter Institutionen / Rabbinerkonferenzen gelistet. Die DRK war als Dachverband der

Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland (ARK) und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) geplant. Der Vorsitz wechselte zwischen einem Vertreter der ORD und der ARK, wobei die jeweils andere Organisation den stellvertretenden Vorsitzenden stellte.  Weiterlesen

Jud Kleinfeld

von Eurich Lobenstein

„Arte“ strahlte am 6.2.22. zum 80-jährigen Geburtstag von Al Pacino den Film „Carlitos Weg“ aus, den man genauso gut „Jud Kleinfeld“ hätte etikettieren können. David Kleinfeld (gespielt von Sean Penn) als zwielichtiger jüdischer Anwalt holt den Mörder Carlito Brigante wegen mehrerer Verfahrensfehler nach fünf Jahren aus dem Knast. Wer den Juden in Kleinfeld nicht aus dem Namen folgern kann, erfährt dessen jüdische Abstammung aus dem Mund des alten Mafiabosses Taglialucci:

„ich hasse Sie nicht, weil Sie Jude sind, sondern ein kleines Stück Scheiße“

WIKIPEDIA gibt den Inhalt des Films wieder:

„Carlito bedankt sich überschwänglich bei Anwalt Kleinfeld. Durch alte Kontakte Carlitos zur organisierten Kriminalität konnte Kleinfeld sein Anwaltsgeschäft ausbauen. Carlito will nach seiner Haftentlassung aus dem kriminellen Geschäft aussteigen und ein neues Leben in der Karibik als Autovermieter beginnen. Anwalt Kleinfeld zieht ihn aber immer wieder in die Welt des Verbrechens zurück. Kleinfeld wird von dem auf einem Gefängnisschiff inhaftierten Mafiaboss Taglialucci genötigt, dessen Flucht zu organisieren. Taglialucci kann das von Kleinfeld verlangen, weil ihm dieser eine Million Dollar unterschlagen hat, anstatt sie zur Bestechung von Richtern und Geschworenen zu verwenden. Kleinfeld bittet Carlito, ihn bei der Flucht des Mafiabosses zu helfen. An der Befreiungsaktion nimmt auch der Sohn des Bosses Frankie teil. In der Nacht läuft zunächst alles nach Plan, doch Kleinfeld zieht Taglialucci nicht aus dem Wasser, sondern erschlägt ihn, nachdem er zuvor dessen Sohn Frankie hinterrücks getötet hatte, während sich Carlito noch um die Bergung des Mafiabosses kümmerte ….“

Schon der Film „Es war einmal in Amerika“ spielt im jüdischen Gangstermilieu. Wenn man die Offenheit vergleicht mit den Mühen unserer Regierungsjuden und ihrer Adlati von Antisemitismusbeauftragten, andere Filme unter Verschluss zu halten, dann versteht man die jüdische Welt nicht mehr. „Hollywood“ ist eigentlich in jüdischer Hand. Mit Carlitos Weg übertreffen die Herrschaften Veit Harlans Film Jud Süß bei weitem. Jud Süß ist kein Verbrecher im klassischen Sinn wie David Kleinfeld geworden, sondern ein moderner Ökonom geblieben, der auf einen Staatsstreich in Württemberg zusteuert. Seine Geschichte ist historisch, die Gestalt des Jud Süß, gespielt von Ferdinand Mariam ist edel.  Barbara Gerber hat sie im Wesentlichen bestätigt. Leon Feuchtwangers Jud Süß Roman und dessen Verfilmung (mit Conrad Veith) sind unhistorisch und viel geeigneter, Antisemitismus zu fördern: In einer Szene kritisiert der unhistorische Kabbalist Gabriel den Jud Süß, dass er offen Einfluss auf den Herzog nehme; er wirke im Verborgenen. Das entspricht ganz den Rezepten der „Weisen von Zion“. Aber unsere Juden merken das nicht. Was merken sie überhaupt, fragte sich von Eva G. Reichmann (in: Flucht in den Hass). In einer „Filmanalyse“ von Wolfgang M. Schmitt kann man den größten Unsinn über die Jud Süß Filme erfahren, warum der eine Film antisemitisch, der andere es dagegen nicht sei. Fakt ist, Harlan hat die Szenen-Ideen des nicht-antisemitischen Films (z.B. das Kartenspiel) übernommen und seine Gegenspieler, den Proto-Nazi „Faber“ als albernen Idealisten und den Landschaftskonsulenten Sturm als spießigen Patriarchen hingestellt, den Jud Süß dagegen als Mann von Welt von Ferdinand Mariam spielen lassen. Identifiziert sich der Deutsche immer noch mit dem Amalgam von Spießigkeit und Patriarchalismus von Faber und Sturm?

Und genau das ist es: man kann es heute wieder erkennen: Der deutsche Mensch sieht im Mann von Welt (Marc Zuckerberg), in dem Mitbürger, der in seiner Wohngemeinde keine Wurzeln hat (Kristina Söderbaum: „Hat er denn keine Heimat?“), im Juden, der rechnen kann (Soros), auch heute noch das Böse. Nur sind unsere Juden von heute weder Leute von Welt (Josef Schuster) noch können sie rechnen. Sie applaudieren dem Film „Jud Kleinfeld“, merken nicht, dass nur das Etikett (Carlito…) den Antisemitismus verdeckt,  und halten historische Filmkunst unter Verschluss. Sie fechten gegen alte Straßennamen an, hören Wagner-Musik und wollen den Richard Wagnerplatz umbenennen. Aber wie? Wissen sie auch nicht. Aber hier gäbe es bessere Bezüge als solche „Heimatverlorenen“  zu Golda Meir: Es gibt weder in Berlin noch sonst wo in Deutschland eine Simon Dubnow Straße, geschweige denn einen so benannten Platz. Auch die großen Denker Georg Jellinek und Carl Loewenstein werden nicht geehrt; aber Mercèdes Jellinek, die Tochter des Autohändlers Emil Jellinek, Enkelin eines Rabbiners, ist als Ikone der Autoindustrie in Heidelberg straßennamentlich bedacht. Das weiß natürlich auch niemand, weil die Jellineks marranische Beziehungen hatten. Und Adolf Hitler konnte offiziell ein Fan der Marke Mercedes bleiben. Das ungefähr ist der geistige Dschungel, in dem Leute wie Schuster, Klein und Pipapo ihr Dschungelcamp haben, von wo aus sie Antisemitismus bekämpfen wollen. Das wird eine ewige Life-Show bleiben.

Sascha Lobo – ahnungslos und ideologisch verblendet

von Franz Piwonka

Sehr geehrter herr lobo,

ich frage mich, warum und vor allem für wen sie den artikel geschrieben? Wenn man öffentlich politische position bezieht, dann doch nur deswegen, damit es darüber einen diskussionsprozeß gibt, was nur möglich ist, wenn es dazu kontroverse positionen gibt. wie aber soll diese auseinandersetzung stattfinden, wenn man selbst so extreme positionen bezieht, daß der öffentliche widerspruch lediglich noch einmal als bestätigung der eigenen auffassung vom antisemitismus ihrer kontrahenten fungiert und man sich so nur um sich selbst dreht. Wen also möchten sie überzeugen, natürlich niemand, da der kontrahent  nur als bestätigung der eigenen weltsicht fungiert. Warum also haben sie diesen artikel geschrieben? Zur selbstbestätigung? Sie haben somit gar keinen wahrheitsanspruch, denn dieser kann sich nur in der kontroversen auseinandersetzung profilieren.

daß sie alter ego für ihre zwecke mißbrauchen, geht auch daraus hervor, daß sie selbst vor verschwörungstheoretischen vorstellungen nicht gefeit sind, denn die artikulation  israelkritischer bzw antizionistischer ist für sie lediglich vorwand für ganz andere absichten, nämlich judenhass und damit antisemitismus. Der kritiker ihrer position verbirgt nämlich nur sein wahres gesicht. Das ist einer der billigsten entlarvungstricks, denn diese unterstellungslogik  kann ich für jede denkbare  kontroverse position völlig beliebig deshalb anwenden, weil ich sie gar nicht begründen muß. Genau genommen handelt es sich hier um ein argumentum ad personam.  Weiterlesen

Sascha Lobo’s Unkenntnis des Nahostkonflikts

von Arn Strohmeyer

Gehört Sacha Lobo auch zur israelischen Hasbara (Propaganda)?

Gehört Sacha Lobo auch zur israelischen Hasbara (Propaganda)?

Lieber Sascha Lobo,

Ich danke Ihnen für Ihre sehr aufschlussreichen Ausführungen über den so umstrittenen Komplex Israel/ Antisemitismus/ Palästinenser im SPIEGEL. Ich habe bisher leider an die Legende und das Märchen von den siedlerkolonialistischen Zionisten geglaubt, die seit ungefähr 140 Jahren in Palästina einwandern und das Land langsam aber sicher – zuerst mit Hilfe der britischen Mandatsmacht – in ihren Besitz gebracht haben. Nach der Lektüre Ihres Artikels bin ich mir bewusst geworden, dass ich im Irrtum bin, die Geschichte ist offensichtlich ganz anders – eben umgekehrt – verlaufen. Ich muss deshalb notgedrungen auch meine Einstellung zum Antizionismus/Antisemitismus ändern. Danke für die Aufklärung!

Die Geschichte verlief dann wohl so: Ab etwa 1880 sind die Palästinenser in mehreren Wellen in Palästina mit der Absicht eingefallen, um das Land, das ja eigentlich „leer“ war, aber in Wirklichkeit von Juden bevölkert war, unter Berufung auf ihre kanaanäischen Vorfahren, die dort vor 3000 Jahren gelebt haben, zu übernehmen und einen palästinensischen Staat dort zu errichten. Die Briten, die der Völkerbund als Mandatsmacht dorthin geschickt hatte, leisteten bei der Realisierung des siedlerkolonialistischen palästinensischen Projekts aktive Unterstützung. Mit Kauf und später auch mit Gewalt schafften die Palästinenser es wirklich, das Land zu erobern.  Weiterlesen

Wie die IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus falsch dargestellt wird

von Jamie Stern-Weiner

Vorwort

Was als Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) angepriesen wird, ist keine Definition, hat wenig mit Antisemitismus zu tun und wurde von der IHRA weder geschrieben noch gebilligt. Das sind die Ergebnisse dieses akribisch recherchierten und politisch brisanten Berichts.

Wissenschaftler und Rechtsexperten haben überzeugend argumentiert, dass die Definition des IHRA inkohärent, vage, anfällig für politischen Missbrauch und nicht zweckdienlich ist. Sie erfüllt nicht einmal die elementarste Anforderung an eine Definition, nämlich zu definieren. Die entscheidende Rolle von Pro-Israel-Lobbygruppen bei der Ausarbeitung und Förderung der Definition ist ebenfalls erwiesen.

Dieser bemerkenswerte Bericht bekräftigt diese Schlussfolgerungen. Aber er betritt auch wichtiges Neuland. Expertenkritik und politische Kontroversen haben sich auf eine Liste von 11 hochproblematischen Beispielen vermeintlich antisemitischer Aussagen und Verhaltensweisen konzentriert. Sieben dieser 11 Beispiele beziehen sich auf Israel. Alle diese Beispiele, so die Befürworter Israels, bildeten einen integralen Bestandteil der IHRA-Definition.

Der Bericht zeigt, dass das Entscheidungsgremium der IHRA, das Plenum, in der Tat beschlossen hat, alle diese Beispiele aus der Definition auszuschließen. Die IHRA-Definition enthält keine Beispiele. Wenn hierüber weitverbreitete Verwirrung herrscht, dann deshalb, weil die Verfechter der Beispiele innerhalb und außerhalb der IHRA die Entscheidung des Plenums systematisch und methodisch falsch dargestellt haben.

Die Beispiele, die fälschlicherweise als Teil der IHRA-Definition dargestellt werden, wurden benutzt, um legitime Kritik an Israel zu delegitimieren und zu zensieren und, weiter gefasst, um die freie Rede über Israel zu beschneiden. Dies schirmt Israel von der Rechenschaftspflicht für seine schweren Menschenrechtsverletzungen ab, die folglich unkontrolliert weitergehen.  Weiterlesen

Ein obsurer Kasseler Blog schreit „Antisemitismus!“ DIE ZEIT konstruiert daraus eine Kampagne

von Arn Strohmeyer

Wenn Feuilleton-Redakteur Thomas E. Schmidt von der ZEIT das Wort Palästina hört, fällt er offensichtlich sofort in eine Art hysterischen Zustand, wie jetzt geschehen anlässlich der Antisemitismus-Vorwürfe gegen das indonesische Kollektiv, das die Kunstausstellung Documenta in diesem Jahr organisiert. Wer denkt da nicht gleich an Jutta Dittfurths schon zum negativen Klassiker gewordene Hetz-Parole „Palästina, halt‘s Maul!“ oder den ebenfalls schon klassisch gewordenen denunziatorischen Ausspruch des Berliner Antisemitismus-Beauftragten Samuel Salzborn, der bekannte: „Wenn im Zug am Nachbartisch Leute anfangen ohne jeden Grund auf ‚Palästina‘ zu sprechen kommen, ist es wahlweise Zeit, auszusteigen, Kopfhörer aufzusetzen oder sie anzuschreien.“

Etwas gewählter drückte sich ZEIT-Redakteur Schmidt in seinem Beitrag gegen die Documenta-Macher schon aus. Aber einen Blog-Beitrag eines abstrusen Kasseler „Bündnisses gegen Antisemitismus“ für eine groß angelegte Kampagne zu nutzen, um den Indonesiern Antisemitismus vorzuwerfen, ist schon ein starkes Stück. Denn konkrete und überzeugende Beweise für seine Attacke hat er nicht – außer der Einladung von Palästinensern aus einem Kulturzentrum in Ramallah zur Documenta. Dieses Zentrum trägt den Namen eines antizionistischen Patrioten, der aber schon 1953 gestorben ist. Das reicht aus, um „Antisemitismus!“ und „Palästina, halt‘s Maul!“ zu schreien. Man muss sich wirklich fragen, in welcher politischen Kultur wir eigentlich leben. Gerade Kunst und Kultur brauchen offene Diskurse, in denen auch andere Narrative zu Wort kommen können, will man den demokratischen Anspruch nicht der Lächerlichkeit preisegeben.  Weiterlesen

Der Staat Israel gegen die Juden

von Robert Herbst

Sylvain Cypels „Der Staat Israel gegen die Juden“ [Franz. u. Engl.] zeigt, wie sehr die Israelis in ihrer Behandlung der Palästinenser den menschlichen Anstand verloren haben und wie viel jüdisches moralisches Erbe bei der Schaffung, Unterstützung und Duldung eines jüdischen Staates aufgegeben wurde.

Im Jahr 2014, nach der Operation „Protective Edge“, die den Gazastreifen verwüstete und 2.000 Palästinenser, darunter mehr als 500 Kinder, tötete, wurde die kognitive Dissonanz zwischen jüdischen moralischen und religiösen Werten und der israelischen antipalästinensischen Apartheid – und der US-amerikanisch-jüdischen Unterstützung für all das – für mich zu groß, und ich begann, mich gegen die jüdische Unterdrückung der Palästinenser auszusprechen – außerhalb des jüdischen Stammes. Nach einigen Jahren fing ich an, einen Satz zu verwenden, der meiner Meinung nach meine Gefühle in dieser Sache angemessen zusammenfasste: Die Unterdrückung der Palästinenser wird von Juden verübt, in einem Israel von, durch und für Juden, aber sie ist nicht jüdisch>>>