Omri Boehm: Israel eine Utopie. „Äußert Kritik und sagt, was Ihr denkt!“

von Arn Strohmeyer

Der israelische Philosoph Omri Bohm appelliert an die Deutschen: Bekämpft die Situation, in der einen das Aussprechen der Wahrheit zum Antisemiten macht!

Der israelische Philosoph Omri Boehm hat ein neues Buch herausgebracht, das den Titel „Israel – eine Utopie“ trägt. Im Vorwort der deutschen Ausgabe des Buches geht er auf die gegenwärtig in Deutschland herrschende Antisemitismus-Hysterie ein. Seine kritischen Ausführungen zu dieser deutschen Anomalie sind für die Debatte hierzulande so bedeutend, dass sie hier – unabhängig vom restlichen Text – ausführlich dargestellt werden.

Boehm erinnert zu Beginn seines Vorworts an eine Aussage des deutschen Philosophen Jürgen Habermas. Er wurde 2012 bei einem Besuch in Jerusalem von einem Journalisten der Zeitung „Haaretz“ nach seiner Meinung zur israelischen Politik gefragt. Habermas antwortete, dass zwar die gegenwärtige Lage und die Grundsätze der israelischen Regierung eine politische Bewertung erforderten, dies aber nicht Sache eines privaten deutschen Bürgers seiner Generation sei. Boehm hält dem entgegen, dass man Habermas, der eine Philosophie der Diskursethik begründet habe, schwerlich als „deutschen Privatbürger“ bezeichnen könne. Schweigen sei hier selbst ein Sprechakt und zwar ein höchst öffentlicher.  Weiterlesen

Im Namen der Thora

von Eurich Lobenstein

Der 403 Seiten lange Text ist ungewöhnlich spannend zu lesen, nicht zuletzt deswegen, weil er von Abraham Melzer, einem zweisprachigen Verleger für hebräische wie deutsche Geistesprodukte und Kenner der ganzen problematischen Materie, übersetzt worden ist. Problematisch warum? Der Text strotzt förmlich von Informationen, die dem normalen Sterblichen nicht nur in den Zusammenhängen nicht bewußt, sondern weitgehend unbekannt waren, die sich aber trotzdem aus viel zu wenig Details vollständige Überzeugungen geschaffen haben. Nach der Lektüre wird man manches anders sehen können. 3 Seiten „Danksagung“ an all diese, die dem Autor halfen, die Widersprüche und Zusammenhänge der verschiedenen jüdischen Bestrebungen zu erfassen und diese selbst zu begreifen, schließen sich an. Und der Autor hilft den Lesern, durch ein Lexikon der Fachausdrücke, durch „biographische Notizen“ und mittels einer Bibliographie eine grobe Orientierung im Dschungel der endlosen Varianten jüdischen Lebens in Europa, dem Mittelmeerraum und der Welt behalten zu können. Hand auf´s Herz: wer hat „die Bibel“ je in toto gelesen? Aber was aus dem christlichen Religionsunterricht herüberkam, reicht den meisten, sich ein Bild vom ganzen Judentum zu machen. In der Fülle des Stoffes trifft man zur Erleichterung der Orientierung auch auf Nachweise, die man anderswo und anderweitig schon mal vernommen hat und ist dadurch versichert, auf dem richtigen Weg des Verstehens zu sein.  Weiterlesen

„Der Zionismus untergräbt die Werte des Judentums“

von Arn Strohmeyer

Judentum, Antisemitismus und Israel sind Themen, die die politische Diskussion in Deutschland ganz maßgeblich beherrschen. Aber wissen die Vertreter von Politik, Medien und interessierter Öffentlichkeit, die diese Diskussion lautstark führen, auch wirklich über diese Begriffe und die dahinter stehenden Realitäten Bescheid? Da muss man große Zweifel anmelden, zumal das deutsche Schuldbewusstsein das Verständnis dieser Problematik ganz einseitig positiv auf Israel konzentriert und jede Kritik an der Politik dieses Staates gegenüber den Palästinensern als „Antisemitismus“ diffamiert. Zur Durchführung dieser inquisitorischen Aufgabe hat die deutsche Regierung sogar das Amt eines Aufpassers geschaffen, der darüber wacht, dass diese Doktrin auch eingehalten wird – das Amt des Antisemitismusbeauftragten.

Es ist deshalb von großer Bedeutung, wenn jüdische Intellektuelle von Rang in diese Diskussion eingreifen und den oft ans Absurde grenzenden deutschen Diskurs wieder ins richtige Lot bringen und an die politische und historische Realität anpassen. Das leistet in ganz vorzüglicher Weise das jetzt endlich von Abi Melzer aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzte Buch des im kanadischen Montreal lebenden Historikers Yakov M. Rabkin: „Im Namen der Thora. Die jüdische Opposition gegen den Zionismus“. (Da Rabkin den Text inzwischen nochmals überarbeitet hat, ist die Übersetzung von Abi Melzer auf dem letzten aktuellen Stand.)  Weiterlesen

Jüdischer Widerstand gegen Zionismus im Namen der Thora

von Ludwig Watzal

Erschienen hier.

Professor Jakov M. Rabins Buch „A Threat from within. A Century of Jewish Opposition to Zionism“ erschien zuerst 2004 auf Französisch und 2006 in englischer Übersetzung, Seitdem ist es in 14 Sprachen übersetzt worden. Merkwürdigerweise aber nicht ins Deutsche. Aufgrund der Angst und der historischen Befangenheit der Deutschen, die Wahrheit über die zionistisch-rassistische Ideologie und Israel zu erfahren, ist dies nicht verwunderlich.

Das Damoklesschwert des Antisemitismus schwebt über jedem in Deutschland, der es wagt, die Politik des Besatzerstaates und dessen rassistische zionistische Ideologie zu kritisieren. Die wichtigste Opposition gegen den Zionismus kam zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Judentum, und dies gilt auch noch heute. Wirklich gläubige Juden halten diesen Staat für eine „Gotteslästerung“. Er erste Zionismus-Kongress 1897 musste von München nach Basel umziehen, weil es erheblichen Widerstand von Seiten der Rabbiner gab.

Dies ist ein außergewöhnlichste Buch und überaus wichtiges Buch. Das Unterfangen des Autors ist überaus mutig, weil er den Zionismus und dessen Ideologie frontal angreift und zeigt, welches die größte Gefahr für den Fortbestand des jüdischen Nationalismus‘ darstellt, nämlich das wirkliche Judentum. Die Ausführungen zeigen, dass Zionismus wenig bis gar nichts mit Judentum zu tun hat. Das Judentum steht für ein völlig anderes Wertesystem als der Zionismus. Die Quellen, die der Autor zitiert, zeigen, dass die zionistische Ideologie in absoluter Opposition zum Judentum steht, und dass sie dessen Lehre für politische Ziele missbraucht. Zionismus ist eine Häresie des Judentums. Weiterlesen

Warum die Anti-Antisemitismusjäger so „erfolgreich“ sind

von Franz Piwonka

Warum die Anti-Antisemitismusjäger so „erfolgreich“ sind d.h. Israelkritiker im Handumdrehen als „Antisemiten“ „überführen“ können, möchte ich paradigmatisch anhand meiner Auseinandersetzung per Mail mit einem Mbembe-Kritiker aufzeigen, der Mbembe des Antisemitismus und Israelhasses bezichtigt. Um die Anonymität zu wahren, soll der Mbembe-Kritiker Alfred Müller heißen.

Ich schrieb ihn deshalb an und teilte ihm mit, daß, wer von „Israelhass“ spreche, dem Beschuldigten niedere Motive unterstelle und daher an einer Auseinandersetzung mit Andersdenkenden gar kein Interesse habe. Er antwortete mir, daß er sich davon gar nicht betroffen fühle und der Vorwurf präzise sei. Ich konkretisiere , der Vorwurf impliziere, daß der Beschuldigte gar keine Argumente habe und lediglich einen Vorwand suche. Die Quintessenz des Begriffes „Israelhass“ ist: es gibt objektiv keine Gründer für eine israelkritische Haltung, womit allein mit dem Begriff eine unverkennbare israelapologetische Einstellung verbunden ist.  Weiterlesen

BDS wird in Zukunft noch noch besser zu hören sein!

Leserbrief zum Artikel von Thomas E. Schmidt ”Was ist BDS”? in DIE ZEIT vom 10.06.2020.

von Hermann Dierkes

 ”In Zukunft könnte BDS laut zu hören sein: Wenn Netanjahus Regierung wie angekuendigt in den nächsten Monaten Teile des Westjordanlandes annektiert, wird das eine neue und heftige Welle antiisraelischer Proteste auslösen” prognostiziert T.E. Schmidt ganz zutreffend. Schlimm, geradezu fatal wäre es doch, wenn dem nicht so wäre. Wenn das geschundene, kolonisierte palästinensische Volk wieder einmal weitgehend im Stich gelassen wuerde. Wenn Völkerrecht, Gerechtigkeit und Moral nur in Lippenbekenntnissen bemueht und Bundesregierung, Zweierlei-Maas, EU und weitere verantwortliche Akteure es wie gehabt nur mit dem Ausdruck ihrer ach so grossen Sorge bewenden lassen wuerden und weiter in business as usual machen (Ruestungsgeschäfte, ”Sicherheitstechnik – und Konzepte”, Polizeiausbildung, geostrategische Frontbildung usw.). Wollen wir hoffen, dass die weltweite Bewegung fuer Menschenrechte, Gleichstellung und strukturelle Veränderungen sowie gegen Unterdrueckungsgewalt auch ”Palestinian Lives Matter” noch stärker auf ihre Fahnen schreibt!  Weiterlesen

Was haben die gegenwärtigen Unruhen und Proteste in den USA mit Israel zu tun haben?

von Arn Strohmeyer

Im Jahr 2015 hat der israelische Anthropologe Jeff Halper sein Buch „War against the People“ veröffentlicht. Der Titel sagt es schon, wovon dieser Text handelt: Regierungen der Welt rüsten auf gegen die eigene Bevölkerung, um vor allem das Überleben des neoliberalen Wirtschaftssystems und ihrer Eliten zu sichern. Bei der Entwicklung dieser Politik spielt neben den USA Israel als treibende Kraft eine wichtige Rolle. Dort arbeitet man unter den Labeln „Sicherheitspolitik“ und „juristische Kriegsführung“ (lawfare) daran, das Völkerrecht im Sinne des zionistischen Staates zu „reformieren“, das heißt, es den Interessen Israels anzupassen

Ausgangspunkt dieser Arbeit ist der Konflikt mit den Palästinensern. Der Widerstand dieses Volkes gegen die Besatzung und seine permanente Unterdrückung ist nach israelischer Auffassung „Terrorismus“, obwohl das Völkerrecht solchen von kolonialer Unterwerfung betroffenen Ländern und Völkern ein Recht auf – auch gewaltsamen – Widerstand einräumt, wenn dieser sich nicht gegen die Zivilbevölkerung richtet (UNO-Resolution 1960). Vor allem diese Bestimmung möchte Israel aushebeln – unterstützt von den USA, die nach dem Anschlag auf das World Trade Center den „Krieg gegen den Terror“ ausgerufen haben.  Weiterlesen

Palästinenser, gib dein Leben auf!

von Odeh Bisharat

„Wir müssen nicht nachgeben, sondern die Palästinenser“, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einem Interview mit der Tageszeitung Yisrael Hayom über den Annexionsplan im Jordantal, der im Juli umgesetzt werden soll. Ich sehe mich um und frage, was werden die Palästinenser aufgeben, die sie böswillig noch nicht zugunsten ihrer Cousins ​​aufgegeben haben?

In dem Sketch „Cracker vs. Cracker“ von Hagashash Hahiver, einer klassischen israelischen Comedy-Truppe, blieb dem Ehemann Mr. Cracker nach der Aufteilung seines Eigentums nur noch das Verlängerungskabel, nachdem seine Frau Bracha alles genommen hatte. Aber „Helicopter“ von Felix Movers kam wie der faire amerikanische Vermittler mit Beschwerden zu ihm: „Sie hätten ihr etwas mehr nachgeben können.“  Weiterlesen

Israel und Südafrika waren allerbeste Freunde Herr Felix Klein

Arn Strohmeyer

Wenn in Deutschland Israel als „Apartheidstaat“ bezeichnet wird und auch noch Vergleiche mit dem Apartheidstaat Südafrika angestellt werden (wie jetzt in der Debatte um Achille Mbembe), dann klingeln bei den Antisemitismusbeauftragten und den Anhängern Israels alle Alarmglocken, und der „Antisemitismus“-Vorwurf folgt auf dem Fuße. Dabei drängt sich bei einer Analyse der israelischen Realität die Bezeichnung Apartheid geradezu auf. Im Herrschaftsbereich des zionistischen Staates leben fünf Millionen Palästinenser ohne politische und bürgerliche Rechte – weggesperrt hinter Mauern und Zäunen – in „besetzten Gebieten“, die nichts anderes sind als Reservate, die man in Südafrika „Bantustans“ oder „Homelands“ nannte. Im Westjordanland gibt es für die jüdische und die palästinensische Bevölkerung eine getrennte Gerichtsbarkeit und auch getrennte Straßen. Die Palästinenser im Kernstaat Israel sind in jeder Weise diskriminiert und deshalb Menschen zweiter Klasse, was durch das Nationalstaatsgesetz sogar gesetzlich festgeschrieben ist.

Südafrikaner, die Israel und die besetzten Gebiete besucht haben, haben sich immer wieder in der Weise geäußert, dass die Verhältnisse dort viel schlimmer seien als im Apartheid-Südafrika, denn in den Homelands und Bantustans sei die Absperrung nicht so total gewesen und die weißen Herren hätten dort trotz aller Unmenschlichkeit des Systems niemals so brutale Militäraktionen durchgeführt wie Israel im Westjordanland und im Gazastreifen. Wie stand es aber um die Beziehungen zwischen Israel und dem Südafrika der Apartheid? Haben die Israelis dieses rassistische System verabscheut und gemieden, weil die Juden selbst in ihrer Geschichte so oft Opfer des Rassismus waren? Der folgende Text soll darüber Auskunft geben.  Weiterlesen