Die Bombardierung des Gazastreifens und das zweifelhafte deutsche Israel-Bild

von Arn Strohmeyer

Deutsche Politiker übertreffen sich zur Zeit geradezu in Solidaritätserklärungen für Israel und sein „Recht auf Selbstverteidigung“. Nun gibt es Völkerrechtler, die solche Aussagen durchaus kritisch sehen. So hält der amerikanisch-jüdische Völkerrechtler Richard Falk dieses Argument nicht für stichhaltig, da eine Besatzungsmacht kein Recht auf Selbstverteidigung für sich in Anspruch nehmen kann.

Ähnlich argumentiert Norman Paech: „Wer eine völkerrechtliche Besatzung aufrechterhält und seine Pflichten daraus nicht nur vernachlässigt, sondern grob verletzt, dem steht nicht das Recht auf Selbstverteidigung zu. Er ist der Angreifer, gegen den Widerstand erlaubt ist. Die UNO-Generalversammlung hat bereits 1974 mit den Resolutionen 3236 und 3327 die PLO als legitime Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannt. Das bedeutete die Anerkennung des vollen Selbstbestimmungsrechtes für das palästinensische Volk sowie das Recht, es mit allen Mitteln durchzusetzen. (…) Der Widerstand der Palästinenser ist aber an das humanitäre Völkerrecht gebunden und verbietet den Angriff auf zivile Ziele. Die Raketen aus dem Gazastreifen sind daher ohne Zweifel völkerrechtswidrig.“  Weiterlesen

Ethnische Säuberungen in Jerusalem

Die Presse vermittelt und Bilder und die Agenturen dichten Texte über das, was in und wegen Sheikh Jarrah passiert. Die Hintergründe und Grundlagen dieses Gewaltausbruchs kommen langsamer ans Tageslicht; ein Urteil des Israelischen Obersten Gerichts erlaubt, einige Häuser palästinensischer Familien räumen zu lassen. Das Urteil fügt sich in die Praxis laufender „ethnischer Säuberung“ ein und bringt das Fass des Ertragens israelischer Besatzungsgewalt zum Überlaufen.

Warum betreibt der israelische Staat eine Politik des Überlaufens? Muss er nicht genug besetztes Land friedlich halten? Sind es die Häuser, deren Zahl sich an einer Hand abzählen lassen, überhaupt wert, das Leben israelischer Soldaten zu riskieren und Bomben zu werfen, deren Herstellung teurer war als die Häuser Wert haben? und um unbeteiligte palästinensische Zivilisten umzubringen?

Sheikh Jarrah ist auch in den 60 Jahren israelischer Besatzung ein palästinensisches Viertel in Ost-Jerusalem geblieben. 1956 hatten sich weitere 28 palästinensische Familien dort etabliert, die schon vor 1948 dort gelebt hatten, Dass sie auch einmal von zionistischen Freischärlern mit Waffengewalt vertrieben worden waren, ist eine Episode geblieben. Weiterlesen

Die eigentliche Katastrophe von Meron

von Richard C. Schneider

Ein ausgehendes Staatsbudget, das Unverständnis von Demokratie und ein Premier, der die Ultraorthodoxen braucht, weil er sonst im Gefängnis landet, waren nur die Vorboten des Unglücks von letzter Woche.

Nein, die Katastrophe von Meron entstand nicht viel anders als viele andere Katastrophen weltweit: Man wusste immer, dass dort Gefahren lauern. Es war stets klar, dass die Menschenmasse, die dort jedes Jahr an Lag Baomer zusammenkam, für diesen kleinen Ort zu viel war, dass jederzeit etwas Schlimmes geschehen könnte. Und als es dann geschah, wurde klar, dass es schon lange Warnungen gab: Informationen, Untersuchungen, die voraussagten, dass eines Tages die Katastrophe kommen würde. Und als sie effektiv kam, war niemand darauf vorbereitet. Nicht die Polizei, nicht die Krankenhäuser, nicht die Sicherheitsorgane und schon gar nicht die Politik. Letztere am wenigsten. Denn die israelische Politik spielte das zynische Spiel, das sie so oft spielt: Sie verwaltete bloss Interessen. Warum? Aus Machtgier. Denn wer ist mächtiger als die Orthodoxen, die Charedim, in Israel? Wer kann eine Regierung leichter lahmlegen als die Charedim? Wer kann einen Premier, wenn er denn Binyamin Netanyahu heisst, besser erpressen als die Charedim, seine treuesten und einzigen Verbündeten, die er so dringend braucht, um irgendwie an der Macht zu bleiben? Bislang zumindest. >>>

Akademische Lehr- und Forschungsfreiheit?

von Georg Meggle

(Öffentliche Stellungnahme zur Absage meines Seminars

von Seiten des Rektorats der Universität Salzburg)

1          Meine Themen in Lehre und Forschung

2          Meine Seminare an der Universität Salzburg

            2.1       Mein aktuelles Forschungsprojekt

            2.2       Das vorige Seminar: Zum Antisemitismus

            2.3       Ankündigung & Programm des neuen Seminars

3          Die Absage des Seminars

            3.1       Zum Kern

3.2       Die vom Rektorat vorgebrachten Gründe

3.3       Mein Gegengrund: „Die Freiheit der akademischen Lehre ist nicht verhandelbar“

4          Wie weiter?

            4.1       Das Konzept des Rektorats

            4.2       Ein alternatives Konzept

5          Resümee

1          Meine Themen in Lehre und Forschung

Auch nach meiner Emeritierung an der Universität Leipzig (2009) unterrichte ich regelmäßig Philosophie an mehreren Universitäten, zunächst als Inhaber einer J. G. Herder-Professur an der „Al Azhar Universität“ Kairo, dann an der staatlichen „Cairo University“, an der Kairoer „6. Oktober Universität“ und seit einigen Jahren im Wintersemester jeweils an der „American University“ in Kairo und im Sommersemester an der „Paris London Universität“ Salzburg.

Das Philosophische Institut der Uni Salzburg ist stark durch die Analytische Philosophie geprägt. Eine informelle „Standing Invitation“ durch das Institut ermöglicht es mir, in den Sommersemestern quasi unbegrenzt weiterhin das zu tun, was ich in meinem Beruf stets für meine Pflicht gehalten habe: Mich mit engagierten Studierenden in unbekanntes Gelände aufzumachen und gemeinsam nach geistigen (insbesondere also auch nach sprachlichen bzw. begrifflichen) Orientierungen zu suchen.

Anfangs gehörte dieses Gelände ganz zum Bereich der Theoretischen Philosophie – wo meine Schwerpunkte in den Bereichen Kommunikationstheorie und Sprachphilosophie liegen; in den letzten Jahren aber, auch dem Bedürfnis des Salzburger Instituts entsprechend, zum Bereich der Praktischen Philosophie, insbesondere der Ethik und noch spezieller der Angewandten oder Praktischen Ethik. Die „Philosophischen Interventionen“, so der ursprüngliche Obertitel meiner Salzburger Sommerseminare, heißen seitdem entsprechend „Ethische Interventionen“.  Weiterlesen

Der Irrsinn unseres Zeitabschnitts

von Eurich Lobenstein

Wenn unseren Zeitabschnitt etwas charakterisiert, ist es die unverdaute Vergangenheit. Auch sie „vererbt sich wie Gesetz und Rechte als eine ewige Krankheit fort; Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage ….Vom Recht und der unserer eigenen Gegenwart, die mit uns geboren sind, ist nie die Frage. So sagt es Goethe und genauso meine ich es. Für viele Altruisten ist die Vergangenheit sogar unverdaubar, daß ihnen dabei so schlecht wird, daß sie die Gegenwart nicht mehr gesund wahrnehmen können.

Als Zeichen der Unverdaubarkeit gibt es gelbe Judensterne, in denen das Wort „Jude“ durch den Begriff „ungeimpft“ ersetzt wurde, obwohl der Narr sicher gegen Pocken und Masern geimpft worden ist. Nach Paul Watzlawick ist ein solcher gelber Stern Ausdruck einer schizophrenistischen Gedankenbildung. Die Corona-Impfgegner verstehen sich als verfolgt, obwohl niemand hinter ihnen her ist noch sie zum Impfen zwingt.  Andere vergleichen sich mit verfilmten Opfern wie Anne Frank oder den Geschwistern Scholl. Bruno Bettelheim (in: Aufstand gegen die Masse) spricht von einem „Anne-Frank-Komplex“, einer Sucht, als Opfer zu gelten. Öffentliche Plätze und Baukomplexe erinnern an diese Personen, die von einem „pauschal Bösen“ verfolgt und umgebracht wurden. Jedoch entspricht das pauschal Böse von Gestern nicht dem pauschal Bösen von heute; letzteres sollte man besser das „pauschal Banale“ nennen, wenn man ein wenig an Hannah Arendts Philosophie anknüpfen will.

Viel zu vielen ist der Blick durch amtlich vorgeschriebene Brillen getrübt worden. Schon der SPIEGEL stellte Ende letzten Jahrhunderts fest, daß die verunglimpften „rechtsradikalen Republikaner“ im Grunde kreuzbrave Leute waren. Wie kommt es dann zum bösbanalen politischen Plakatismus? Weil man „nix gwiß woaß; schaung ma deshoib a bisserl gnaua hi“:  Weiterlesen

„Mein Vater liebte deutsche Literatur, aber misstraute den Deutschen“

Was für ein Schicksal! 1933 floh der jüdische Verleger Joseph Melzer vor den Nazis, überlebte zwei Jahre sibirische Gulag-Haft und wanderte nach Israel aus. 1958 kehrte er nach Deutschland zurück. Die Liebe zur deutschen Literatur sei letztlich stärker gewesen, sagte sein Sohn Abraham Melzer im Dlf.

Abraham Melzer im Gespräch mit Gisa Funck

„Ich habe neun Leben gelebt“: So heißt die jetzt erschienene Autobiografie des am 4. Januar 1984 verstorbenen Verlegers Joseph Melzer. Sie vermittelt in der Tat Einblicke in ein überaus bewegtes, aber auch ein sehr leidvolles Leben. Mehrmals sprang er sozusagen dem Tod in letzter Sekunde von der Schippe. Melzers Sohn Abraham Abraham ist ebenfalls Verleger, zudem Buchautor und Blogger.

Gisa  Funck: Herr Melzer, Wussten Sie eigentlich auch schon vor diesen Lebenserinnerungen Ihres Vaters, was für ein windungsreiches, brutales Leben ihr Vater hatte?

Melzer: Nein, so genau nicht. In groben Zügen wusste ich schon, dass er aus Berlin fliehen musste. Dass er in Sibirien war. Aber ich kannte nicht die Einzelheiten. Er hat wenig darüber gesprochen. So wie im Prinzip die ganze Generation der Nazi-Verfolgten wenig über ihr Schicksal gesprochen hat. >>>

Irgendwann ist Zahltag

von Eurich Lobenstein

Eigentlich kann einem alles egal sein: man hat der alternativlosen “Regierung“ Merkel jahrelang zugesehen; man hat sich daran gewöhnt, daß die Presse ihre Schnitzer deckte. Aber ewig kann so etwas nicht gut gehen. Walter Rathenau hatte vor 100 Jahren geschrieben, daß das Auswechseln des Vorstandes der Deutschen Bank durch Putzfrauen, Portiers und Chauffeure erst einmal gar nicht auffallen würde. Die Eigendynamik des Instituts liefe seinen gewohnten Gang. Aber nach 5 Jahren würden es die ersten merken, daß etwas nicht stimme. Nur 5 Jahre? Wahrscheinlich deswegen, weil Banken Konkurrenz haben und der Portiers-Vorstand im Wettbewerb unterliegt. Aber die Konkurrenz unter den europäischen Staaten ist durch den Verein „Europäische Union“ neutralisiert. Also können Staaten und andere Monopolorganisationen länger von Ursulinen wie von der Leyen oder Karrenbäuerinnen wie Annegret und Engeln wie Mutti Merkel nach Hausfrauenart moderiert werden. Sekundiert werden sie von Typen wie Altmeier, Spahn und Dobrindt, ihren Lieblingssöhnen. Man kann von Glück sprechen, daß es nur um das Impfchaos geht, daß die allgemeine Inkompetenz herauskommt. Aber es kommt viel mehr heraus, als was der loyale Bürger erfahren will:  Weiterlesen

Uwe Becker, der Möchtegern-Jude, hat zu einem Bürgermeister-Treffen eingeladen

von Helmut Suttor

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Becker,

gestatten Sie einige Anmerkungen zu Ihrem Brief an Abraham Melzer (Mein lieber Herr Melzer), weil Sie sich ja auch auf unseren Brief an die Teilnehmer beziehen:

  • Die Veranstaltung wurde von Frankfurt aus mit organisiert. Sie listen Teilnehmer aus aller Herren Länder auf. Aus Deutschland ist niemand dabei, außer Bürgermeister Becker, der im Übrigen an keiner Stelle klar stellt, dass er in seiner Stadt nicht der erste Bürgermeister ist.
  • Ich habe nicht alle Beiträge gesehen. Einige gingen nicht über ritualisierte Pflichtübungen hinaus, was bei Veranstaltungen dieser Art nicht zu vermeiden ist. Dort wo v.a. die Bürgermeister und die Verantwortlichen in jüdischen Gemeinden und Organisationen über die Auseinandersetzung mit Antisemtismus in ihren Kommunen berichteten war es durchaus auch interessant und informativ.
  • Viele Beiträge waren doch erkennbar von einem universellen Ansatz im Hinblick auf die Menschenrechte geprägt. Wenige brachten dies in so expliziter Form zum Ausdruck, wie die Bürgermeisterin Femke Helsema von Amsterdam, die ausführte, der Kampf gegen den Antisemitismus werde entwertet, wenn die Aufnahme von Untersuchungen des Internationalen Gerichtshofs zu möglichen Kriegsverbrechen der Israelischen Regierung im Gaza-Konflikt als antisemitisch denunziert werden, wie dies durch Ministerpräsident Netanyhu geschehen ist. Dieses Argument liegt auf der Linie der Kritik an der politischen Funktionalisierung des Antisemitsmusvorwurfs, wie wir dies in unserem Brief am Beispiel SWC / Initiative GG 5.3. Weltoffenheit angesprochen haben.
  • Im Unterschied zu diesen Stimmen auf der Veranstaltung vertreten Sie doch keinen universellen Ansatz zu Menschen- und Völkerrecht, wie es dem Grundgesetz entspricht. Wenn es um die Palästinenser geht, ignorieren Sie die Menschenrechte bzw. treten offen für den Bruch des Völkerrechts ein, wie in Ihrer Stellungnahme für den Trump-Plan. In Ihrem Statement auf der Konferenz beriefen Sie sich auf die Grundprinzipien der Bundesrepublik Deutschland, obwohl für Sie die Grundwerte unserer Verfassung offensichtlich eine Angelegenheit politischer Opportunität sind.
  • Zur „Einschüchterung“ von Bürgermeister Leoluca Orlando, der neben dem Bürgermeister von Bologna seine Teilnahme zurückgezogen hat: Orlando war bisher 24 Jahr Bürgermeister von Palermo. Er ist international bekannt für seinen Kampf gegen die Mafia und lebt unter permanenten Polizeischutz. Der soll sich einschüchtern lassen von ein paar Briefen, die ihm die Nichtteilnahme an Ihrer Veranstaltung nahe legen. Das ist Ihr Ernst, Herr Becker?

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Werder Bremen kämpft jetzt gegen den Abstieg und gegen den Antisemitismus

Anmerkungen der Redaktion: Angeblich übernehmen  jetzt im Namen von Toleranz und Weltoffenheit  die Bundesliga-Verein die fragwürdige IHRA-Definition von Antisemitismus, die von der Israellobby nicht nur Deutschland, sondern der EU abgezwungen worden ist. Ihr einziger Zweck ist die Immunisierung der israelelischen Okkupations- und Expansionspolitik gegen Kritik, indem man jegliche Kritik an dieser Politik als „Antismeitismus“ stigmatisiert. Wäre es nicht ein Segen, wenn Werder Bremen zusammen mit dem Antisemitismus „absteigen“ würde?

von Arn Strohmeyer

Der Bundesliga-Fußball- Club Werder Bremen will künftig gegen Antisemitismus vorgehen. Der Präsident des Vereins, Hubertus Hess-Grunewald, erklärte jetzt: „Der SV Werder steht seit Jahren für Vielfalt und Toleranz und zeigt ‚klare Kante‘ gegen jede Form von Diskriminierung und Rassismus. Dieses Bekenntnis untermauern wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern, Fans und Mitarbeitern/innen durch zahlreiche Projekte, Workshops und Aktionsspieltage.“

Der Werder-Präsident fährt fort: „Daher ist es für uns wichtig, dass wir uns der IHRA-Definition anschließen und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, diese Einordnung zu verbreiten und für eine offenes und tolerantes Miteinander einzustehen.“ Der Präsident erläutert dann noch das Engagement des Vereins: Ein gemeinsames Verständnis von Antisemitismus sei eine Voraussetzung für dessen Bekämpfung. Immer mehr Profi-Klubs schlössen sich der Definition an, um ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und deutlich zu machen, dass Antisemitismus im Fußball keinen Platz habe. (Zu Einzelheiten der IHRA-Definition siehe Anhang)  Weiterlesen