Schreiben an Ester Chajot, Richterin am Obersten Gericht

von Gideon Spiro

Meine Dame,

die folgenden Zeilen sind meine erste Reaktion auf Ihr Urteil (4420/12 vom 14.5.2015), in dem sie den Einspruch des beduinischen Stammes Al Hukbi über das Urteil der Bezirksrichterin S. Dabrat abgelehnt haben, die die Klage von Al Hukbi verworfen hat, ihr Eigentum an dem Land, auf dem sie lebten, anzuerkennen und das durch die israelischen Regierungen enteignet worden ist.

Das Urteil war keine Überraschung. Als bekannt wurde, dass der Vorsitzende des Gerichts Eljakim Rubinstein ist, war klar, dass Gerechtigkeit aus diesem Trio nicht kommen wird. Seine sieben Jahre als Rechtsberater der Regierung und danach seine Entscheidungen als Richter am Obersten Gericht begründeten seinen Ruf als treuer Diener der Besatzung, Freund der Siedler und Beschützer der Militärgerichtsbarkeit mit all ihrem Unrecht. Innerhalb des festen Kreises derjenigen, die Menschenrechte für Palästinenser verweigern, hat er den Ruf eines brutalen Richters, der seine selbstgerechten Augen gen Himmel dreht, unter dem Schutz einer gestrickten rassistischen Kippa.  Weiterlesen

Israels „Waffe“: die Shoah?

von Ludwig Watzal

Der ehemalige israelische Außenminister Abba Eban prägte den unschätzbaren Satz: „There is no business like Shoah business.“ In seinem bahnbrechenden Buch „Die Holocaust-Industrie“ hat Norman G. Finkelstein den US-amerikanischen zionistischen Lobbyisten vorgeworfen, sie instrumentalisierten das Andenken an die Opfer der Shoah für ihre eigenen politischen Zwecke. Obwohl der berühmte Holocaust-Forscher Raul Hilberg das Buch ausdrücklich lobte, läutete es das Ende von Finkelsteins akademischer Laufbahn ein.

Was hat es mit der „Holocaust-Instrumentalisierung“ auf sich? Ist sie abwegig, weil sie ein Tabu darstellt? Am 25. Juni 2015 titelte die israelische Tageszeitung „Haaretz„: „Israeli Diplomat in Berlin: Maintaining German Guilt About Holocaust Helps Israel.“ In einem vertraulichen Gespräch mit israelischen Pressevertretern in der Botschaft des Staates Israel in Berlin hat die Pressesprecherin Adi Farjon erklärt, dass es im politischen Interesse Israel läge, wenn das Land Deutschlands Schuldgefühle gegenüber dem Holocaust aufrechterhalte. Israel strebe keine vollständige Normalisierung zwischen beiden Regierungen an.

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Internationale Nukleare Heuchelei

von Elias Akleh

Der „Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons“( NPT) (Vertrag über die Nichtverbreitung von  Kernwaffen) und der Atomaufsichtsbehörde der „International Atomic Energy Agency“ (IAEA) sind zu unterdrückerischen  Instrumenten geworden, um die Verbreitung sicherer Nuklear-Technologie zu begrenzen, und um zu verhindern, dass außer den fünf Atomstaaten (die fünf permanenten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates USA,UK, Frankreich, Russland und China) keine anderen Staaten Nuklearwaffen produzieren. Diese  Nuklearstaaten wollen ihre Waffen-Überlegenheit und -Vorherrschaft behalten.

Das iranische Nuklearprogramm ist ein typisches Beispiel. Der Iran startete sein Nuklearprogramm 1957 unter Mohammad Reza Shah Pahlavi mit dem Abkommen und in Zusammenarbeit mit den USA unter dem „Atoms for Peace Program“ . 1960 verkauften die US Iran einen kleinen Forschungsreaktor, der im Teheraner Nuklear-Forschungszentrum steht. Der Reaktor begann 1967  seine Arbeit mit dem  von den USA gelieferten angereicherten Uran-Brennmaterial, etwa 10 Pfund hoch angereichertem Uran für die ersten Jahre der Reaktorarbeit. 1968 unterzeichnete der Iran den NPT.  Weiterlesen

Jüdischer Weltkongress (WJC) kritisiert Gabriel-Besuch in Iran

Ausgerechnet Ronald Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongress (WJC), wirft Gabriel Mangel an Moral vor, weil er es wagte, in den Iran zu fahren, um wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Kommende Woche wird freilich auch der französische Außenminister, der Jude Laurent Fabius folgen. Lauder könnte dann auch Fabius Mangel an Moral vorwerfen oder sogar behaupten, er sei ein jüdischer Antisemit oder zumindest ein Selbsthasser.

Wann hat Ronald Lauder Israel vorgeworfen, es habe ein moralisches Defizit? Als Israel etwa Waffen an korrupte Diktatoren in Lateinamerika verkauft hat? Als die „moralischste Armee der Welt“, die israelische „Verteidigungsarmee“, Gaza bombardierte und ganze Wohnviertel platt gemacht hat mit unzähligen Opfern, darunter auch Kinder? Als Israel ein Passagierschiff gekapert hat, als es auf dem Weg nach Gaza war und acht Zivilisten getötet hat?  Weiterlesen

Ist Israel eine Demokratie?

Moshe Arens, Israels früherer Außenminister und Verteidigungsminister, ein äußerst rechts stehender und denkender Politiker, meinte in einem überheblich-arroganten Kommentar in der liberalen Tageszeitung Haaretz, dass Barak Obama die iranischen Politiker nicht kennt und nicht weiß, mit wem er es zu tun hat. Er wollte damit sagen, dass das theokratische Regime im Iran nicht mit dem aufgeklärten, demokratischen Regime in Israel verglichen werden kann.

Ich denke aber, dass Obama sehr gut weiß, mit wem er es auf der iranischen Seite zu tun hat. Mit fanatischen aber auch pragmatischen Menschen, die sehr genau wissen was sie wollen und wie sie es erreichen, mit Menschen aber, die die Existenz ihres Staates nicht leichtfertig auf´s Spiel setzen würden. Der Iran ist immerhin schon eine Jahrtausend alte Kultur, die nicht von leichtfertigen Selbstmördern mutwillig zerstört werden kann.  Weiterlesen

Fantasien im politischen Gewand

von Elias Davidsson

Schapira-HafnerDer erste Satz des Vorwortes von Esther Schapira sagt schon Vieles: “Wenn es um Israel geht, bin ich befangen.” Der Leser wird damit im Klartext gewarnt, er solle keine sachliche Behandlung des Themas von den Autoren erwarten. Das Buch handele viel mehr vom Jammern über die “Kälte” und die “Kaltschnäutzigkeit”, mit der “den Juden [in Deutschland] die Leviten gelesen werden.” (Vorwort, S. 11). Es sind die verlesenen Leviten über die Politik des Staates Israels, mit der die hauptamtlichen jüdischen Organisationen in Deutschland sich identifizieren.

Die Autoren versuchen nicht, ihrem 300-seitigen Buch einen Anschein der Sachlichkeit zu geben. Das Buch beinhaltet keine Fußnoten, keine Quellenangeben und kein Namenverzeichnis. Aber auch als Fiktion ist das Buch dürftig. Die Autoren erwarten von ihren Leser Treue und Glauben.  Weiterlesen

Israel und AIPAC kämpfen gegen Iran-Deal

von Ludwig Watzal

Eine Stunde bevor US-Präsident Barack Obama seinen Verhandlungserfolg mit Iran in Washington der Öffentlichkeit verkündete, kamen Netanyahu und seine Helfershelfer von AIPAC aus ihrer Deckung und bliesen zum Angriff auf das zwischen den fünf Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates und Deutschland zusammen ausgehandelte Nuklear-Abkommen mit der Islamischen Republik Iran. Heißt das, dass der Mossad vor Obama informiert war, oder gab es andere undichte Quellen in der US-Delegation? Haben die USA mit dem Abschluss dieses Abkommens endlich gezeigt, dass ihnen die Marschbefehle aus Tel Aviv egal sind?

Netanyahu reagierte so, als sei er politisch nicht zurechnungsfähig, dass er in Sachen iranisches Nuklear-Programm paranoid ist, ist allseits bekannt. Die Quintessenz seiner kriegslüsternen Aussagen ist, dass sich Israel nicht an dieses Abkommen gebunden fühle. Mit Verlaub: Wen interessiert dies eigentlich. Er wollte schon immer den Krieg gegen Iran, am liebsten die USA führten ihn für Israel wie weiland im Irak, nur wurden er und sein damaliger Verteidigungsminister Ehud Barak („Messianics„) von den eigenen rationalen Geheimdienstleuten ausgebremst. Mit diesem Abkommen ist jedenfalls die Kriegsoption vom Tisch. Netanyahu und die zionistische Lobby in den USA haben immer noch begriffen, dass der Kaiser nackt ist.

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Ein Atom-Deal

Am Dienstag wurde nach jahrelangen Verhandlungen eine Einigung mit dem Iran über dessen Atompolitik erreicht. Dazu erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster:

„Ich wünschte, ich könnte die Euphorie über den Deal mit dem Iran teilen, doch sehe ich ihn angesichts des bisherigen Verhaltens des Ayatollah-Regimes äußerst skeptisch. Ein solcher Deal setzt gegenseitiges Vertrauen voraus. Dies ist jedoch mit einem Staat, der sich die Vernichtung Israels auf die Fahnen geschrieben hat und den Holocaust regelmäßig leugnet, nicht zu erreichen. Eine große Sorge bereitet mir die kontinuierliche Aufhebung der Sanktionen, obwohl offenbar kein direkter und zu jederzeit möglicher Zugang für internationale Inspekteure zu den militärischen Einrichtungen des Irans garantiert ist, welches dem Iran wiederum eine Verschleierung ihrer atomaren Technologie-entwicklung weiterhin erlauben würde. Daher bin ich sehr skeptisch, ob sich der Iran an die Vereinbarungen halten und tatsächlich die Atomenergie nur zivil nutzen wird. Eine künftige internationale wirksame Kontrolle muss gewährleistet sein, damit die wahren Ambitionen des Irans nicht erst bemerkt werden, wenn es bereits zu spät ist. Ich hoffe, dass durch diese Einigung die Lage für Israel und den gesamten Nahen Osten nicht noch riskanter geworden ist.“  Weiterlesen

Juden sind auch für den Nahostkonflikt verantwortlich

Der Nahostkonflikt ist nicht nur der längste Regionalkonflikt, den die Welt kennt, sondern auch der Konflikt, über den es die meisten Kommentare, Kritiken und Propaganda gibt. Es schreiben Politiker, Journalisten, Sayanim (Inoffizielle Mitarbeiter des Mossad)  und Philosemiten eine Menge Unsinn, darunter auch solchen, wie der unlängst beim Deutschlandradio erschienen Beitrag des Sayanisten Ofer Waldman, von dem ich bisher noch nie etwas gehört habe. Er soll ein Musiker des arabisch-israelischen West-Eastern-Divan-Orchesters sein, und man kann für ihn nur hoffen, dass seine musikalische Begabung seine schriftstellerische übertrifft. Ich kann mir auch vorstellen, dass sein Maestro, der Dirigent Daniel Barenboim, mit dem Unsinn einverstanden wäre, den der diplomierte Orchestermusiker verzapft hat.

Er beginnt seinen polemischen Beitrag mit der Behauptung, dass die Juden nicht für den Nahostkonflikt verantwortlich sind. Er bleibt uns aber die Antwort schuldig, wer nun für diesen Konflikt verantwortlich ist, wenn nicht die Juden. Er suggeriert dümmlich und naiv, dass es die Palästinenser sind, aber da muss er erst Leser finden, die ihm das abnehmen. „Juden für die Politik Netanjahus haftbar zu machen, sei nicht nur undemokratisch, sondern auch gefährlich“, meint Waldman.  Weiterlesen