von Eurich Lobenstein
1.
Schon Otto Weininger sprach es aus (in: Geschlecht und Charakter): der Zionismus ist die Negation des Judentums. Das bedeutet, daß zu Beginn des letzten Jahrhunderts erst eine Minderheit der Juden das Judentum negierte, daß aber zu dessen Ende die Mehrheit der Juden (im Sinne der Nürnberger Gesetze) vom Glauben abgefallen waren. Die amerikanischen Juden leiteten ihr säkularisiertes Judentum von einem geistigen Schulterschluß mit Israel ab (John Maersheimer in: Die Israellobby), wogegen wahrlich fromme Juden (wie Nerutai Karta) den Staat Israel vehement ablehnen. Wendet man die Zahlen, die für die katholische Kirche ermittelt wurden, auf „die Juden“ an, würden man annehmen, daß von den Juden (im Sinn der Nürnberger Gesetze) die Hälfte ihr Judentum negierende Zionisten sein müssen, 10 Prozent dagegen fromm und dem zionistischen Staat gegenüber kritisch eingestellt wären und eine nicht zu vernachlässigende Mehrheit von 40% Mischpositionen vertrete. Hinzu kämen aber auch noch Personen, die sich überhaupt vom Judentum komplett abgewandt haben, die also überhaupt sich nur mehr Amerikaner oder als Angehörige eines europäischen Staates verstehen; aber wer vertritt nun wen? Die simple Folge dieser Diversität dürfte sein, daß die US-Regierung auf ihre US-Juden hören dürfte, wogegen die deutsche Regierung in der israelischen ihren Gesprächspartner sucht. Das nötigt die jüdische Repräsentanz in Deutschland, sich vollständig in das Fahrwasser der „zionistischen“ Regierung zu begeben und die israelische Regierung, auf die Vorstellungen der US-Juden zu achten. Man könnte also sagen, der „dritte“ Tempel stünde inzwischen in New York.
In dieser Logik sind die Antisemiten alter Schule auch keine Feinde Israels, sondern applaudieren dessen Politik. Und die, die sich für Palästinenser und Araber gegen Israel prononcieren, entstammen meist der klassischen Linken (vgl. Jüdische Rundschau), die aber objektiv gesehen auch keinen „neuen Antisemitismus“ formuliert. Die alten Klischees stimmen nicht mehr, sehr zum Problem „der Deutschen“, die diese Klischees noch intellektuell „intus“ haben. Hier treten dann die ersten Hirnrissigkeiten in der Argumentation zutage bei denen, die Kritik an Israel als Antisemitismus denunzieren. Weiterlesen