Süddeutsche Zeitung attackiert unfair und voreingenommen die BDS-Bewegung

von Jürgen Jung

Sehr geehrter Herr Kornelius,

Ihre Antwort macht mich schier fassungslos! Und zwar in zweierlei Hinsicht.

Zum einen: Ich bin E-Paper-Abonnent, und ich hab’s grad jetzt noch einmal probiert: der Artikel ist nach wie vor geschwärzt! (s. das Bildschirmfoto im Anhang) Wie können Sie mir sagen, dass der Artikel „in vollem Umfang“ abrufbar ist!? Diesen Widerspruch müssen sie – als Ressortleiter! – mir schon erklären.

Zum andern inhaltlich: Der Artikel ist in keiner Weise „fair“ und redlich. Er gibt sich den Anschein der Objektivität und verunglimpft durch seine Wortwahl und durch Auslassungen, Falschdarstellungen und Fehlinterpretationen letztlich doch die BDS-Bewegung als im Kern antisemitisch. Das ließe sich an etlichen Stellen leicht exemplifizieren. Bitte lesen Sie sich meinen Leserbrief noch einmal durch. Da hab ich schon ein paar entscheidende Gründe für die Absurdität dieser Sichtweise dargelegt. Wenn die SZ mit ihren immer wiederkehrenden Verunglimpfungen der von vielen bedeutenden Juden und Israelis unterstützten Kampagne Recht hätte, dann wären letztere alle Antisemiten. Wie abwegig!

Und ich bitte Sie, selbstverständlich gibt es immer Trittbrettfahrer, das kann doch aber kein Grund sein, die überwältigende Mehrheit der nun wirklich redlichen und respektablen Unterstützer der BDS-Bewegung, die sich ausdrücklich gegen jeden Antisemitismus ausspricht, zu verleumden und ihnen ihre Grundrechte (auf Meinungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit) zu beschneiden. Und nennen Sie mir bei der Gelegenheit doch bitte wenigstens einen Antisemiten, der „hinter BDS Deckung sucht“. 

Sie sollten Avi Shlaim – ist schließlich nicht irgendwer – schon ernst nehmen, dass die BDS-Kampagne „die einzige den Palästinensern noch verbliebene Hoffnung ist.“

Der verbissene „Kreuzzug“ der falschen Israelfreunde gegen BDS fällt  ja letzten Endes entsetzlicherweise auf „die Juden“ zurück. Darauf hat kürzlich höchst beunruhigt Jeremy Ben-Ami, der Vorsitzende von J-Street, der liberalen jüdisch-amerikanischen Organisation, die wohlgemerkt gegen BDS ist (!), sehr überzeugend hingewiesen

Selbst im amerikanischen Kongress sitzen jetzt – nach den Midterm-Wahlen – zwei BDS-Befürworter (bei den Demokraten natürlich). Und sogar die bisher grundsätzlich sehr israelfreundliche New York Times hat einen bemerkenswerten großen Artikel veröffentlicht, der den offensichtlich unaufhaltsam fortschreitenden Meinungsumschwung in Bezug auf Israel dokumentiert, der sich vor allem auch unter jungen Juden beobachten lässt.

Ich unterstelle der SZ bei dem Thema keineswegs „Blauäugigkeit“, aber sehr wohl die typische deutschbefindliche Unterwerfung unter den aggressiven zionistisch-kolonialistischen Diskurs, und das ist nun einmal eine durch und durch nationalistische, um nicht zu sagen chauvinistische Ideologie, der gerade wir Deutschen mit unserer Historie doch von vornherein sehr misstrauisch begegnen sollten, denn Nationalismus – so Francois Mitterrand –, „das ist Krieg“.

Ich sehe schon, ich werde mir wohl die Mühe machen müssen, den Schmitz-Artikel detailliert auseinanderzunehmen.

MfG

Jürgen Jung

PS. Da fällt mir gerade noch eine Äußerung ein, die T. Schmitz – nach seiner Korrespondententätigkeit in Tel Aviv – von sich gegeben hat. Es werde keinen Frieden in Nahost geben, „solange dort Juden getötet werden, weil sie Juden sind“. Wer so etwas sagt, hat im Grunde nichts begriffen, vor allem nicht den entscheidenden Unterschied zwischen Antisemitismus und Antizionismus.

Am 03.02.19 um 18:53 schrieb Kornelius, Stefan:

Sehr geehrter Herr Jung,

die E-Paper-Ausgabe beinhaltet den Artikel von Thorsten Schmitz in vollem Umfang, da ist nichts geschwärzt. Möglicherweise meinen Sie die Homepage: Auf der sind grundsätzlich nicht alle Inhalte der Zeitung frei verfügbar, sondern nur für  Abonnenten abrufbar.

Ihre Kritik an Herrn Schmitz Artikel teile ich nicht. Ich habe den Artikel aufmerksam gelesen und finde, dass er die BDS-Bewegung umfassend und fair dargestellt hat. Wie Sie selbst wissen, polarisiert die Bewegung und wird auch nicht von allen Sympathisanten aus denselben Gründen unterstützt. Unzweifelhaft ist, dass auch klare Antisemiten hinter BDS Deckung suchen. Schmitz beschriebt das mit journalistischer Distanz und lässt Zeugen für beide Lager zur Sprache kommen. Ich kann in der Darstellung keine Einseitigkeit erkennen, auch die am Ende vom Autor gewählte Beurteilung und Einordnung halte ich nach Abwägung der Argumente für nachvollziehbar. Dass dieses Thema zu einer extrem polarisierenden Wahrnehmung führt, und dass Sie anderer Meinung sind, respektieren und verstehen wir. Und weil Sie die SZ schon so lange kennen, vermute ich, dass Sie uns bei diesem heiklen Thema keine Blauäugigkeit unterstellen. Wir sind uns der Brisanz dieser Auseinandersetzung durchaus bewusst.

Freundliche Grüße, und bleiben Sie uns gewogen

Stefan Kornelius

Ressortleiter Außenpolitik. Süddeutsche Zeitung GmbH – Aussenpolitik –

Von: Jürgen Jung<juejung@online.de>  Gesendet: Samstag, 2. Februar 2019 16:26

Nachfrage zu meiner gestrigen Mail:

Habe gerade zu meiner Verblüffung feststellen müssen, dass der Artikel von T. Schmitz in der E-Paper-Ausgabe geschwärzt ist. Sehr ärgerlich!!! Könnte man mich freundlicherweise aufklären, warum?

Dank im Voraus und Gruß

Jürgen Jung

5 Gedanken zu „Süddeutsche Zeitung attackiert unfair und voreingenommen die BDS-Bewegung

  1. Für/in Redaktionen arbeiten einige NAtional-ZIonisten. So auch in der SZ (Föderl-Schmid, etc.)

    Es zeigt sich immer wieder, dass NAtional-ZIonisten in Redaktionen oder in der Politik nicht in der Lage sind, ausgewogen/neutral/seriös über Nahost zu berichten und dabei permanent Art.10, Art.14 EMRK verletzen als auch Art.3 und Art.5 Grundgesetz.

    Die SZ weiss das natürlich.

    Vielleicht gibt es inzwischen stille Gesellschafter/Beteiligungen oder Ähnliches dort, dass BDS, codepink, JVP.org, IJAN.org, Roger Waters, … (alles Apartheid- und Rassismusgegner).

    Wie man als SZ unter dem D-Grundgesetz Apartheid- und Rassismusgegner dämonisieren und verumglimpfen kann, verstehe ich überhaupt nicht. Denn die Bayern sind anders.

    • Guten Tag Frau Gabi G.,

      da ich die Berichte und Kommentare von Alexandra Föderl-Schmid regelmäßig lese, kann ich Ihre pauschale Verurteilung nicht nachvollziehen. Diskriminierend und bösartig finde besonders Ihr Buchstabenspiel NA…Zi.

      Rolf Eckart, München

    • >>Wie man als SZ unter dem D-Grundgesetz Apartheid- und Rassismusgegner dämonisieren und verumglimpfen kann, verstehe ich überhaupt nicht.<<

      Ich auch nicht.

      Ich lebe seit 1988 in den USA and muss leider festellen, dass man in Deutschland – und dort vor allem in Bayern (ich selber bin Muenchner) – offensichtlich unheimliche Schwierigkeiten hat, Anti-Zionismus und Anti-Semitismus zu unterscheiden. In der Tat, nichts ist einfacher.

      Die Anti-BDS Bewegung in Deutschland ist noch fanatischer als in den USA; mir ist noch nicht untergekommen, dass Anti-Zionisten wie Miko Peled, Gilad Atzmon, Ilan Pappe und Norman Finkelstein nach Vorbestellung eines Vortragsraumes wieder ausgeladen werden. Mir geht nicht in den Kopf, wie es sein kann, dass nach 1945 geborene Deutsche immer noch an einer Holocaust-Neurose leiden koennen. Allerdings weiss ich nicht, ob heutzutage in deutschen Schulen die nahezu hundert Jahre tragischer Geschichte der Palaestinenser gelehrt werden darf. Die Arschkriecheri der deutschen Poltiker dem kolonialistischen israelischen Staat gegenueber ist mir unfassbar.

      • Werter Herr Dr. Rückl!

        Als Staat, dessen Wirtschaft auf Export ausgerichtet ist, können sich die deutsche Protagonisten in Politik und Verwaltung nicht nachsagen lassen, dass sie als „Nazi“ beispielsweise wieder mal ihre hässlichen Gesichter zeigen würden, wenn Sie denn nicht zweierlei Maß in der Beurteilung zeitgenössischer Politik anlegen würden.

        Die Waffenkammer der Freunde Israels liegt für alle einsehbar bereit – und Chefredakteure deutscher Massenmedien sind alle bereit, darüber tagelang zu berichten, bis denn der Mensch, der gegen das zentrale Gebot der politischen Philosophie der gegenwärtige Herrschenden verstoßen hat, die sich nicht der Aufklärung im Sinne von Immanuel Kant, seinem „Kategorischen Impera-tiv“ und dem „sapere aude“ verbunden fühlen, sondern sich als „Gegenentwurf zum Nationalsozialismus“ sehen, wie Bundesverfassungsrichter vor wenigen Jahren verkündeten, sich im Büßergewand zeigt.

        Wenn denn die Vorsitzenden jüdischer Kultusgemeinden, von Zentralräte der Juden in Deutschland und jüdischer Opferverbände in und außerhalb Deutschlands beschlossen haben, dass es keinen Unterschied zwischen „Antizionismus“ oder „Antisemitismus“ mehr gibt – was insofern seine Berechtigung hat, da der „Zionismus“ – einst eine verachtete Minderheit innerhalb des säkularen, assimilierten europäischen Judentums – heute zum jüdischen Mainstream geworden ist, dann wird das ein deutscher Politiker und Verwaltungsbeamter auch nicht machen – außer in einem privaten Hinterzimmer, aber dies ohne jede Bedeutung, da er in der Öffentlichkeit für eine solche Haltung nicht eintreten würde.

        Was den „Holocaust“ anbelangt, so ist diese „Erinnerungskultur“ die wirksamste Waffe der Neoliberalen und Antifaschisten, die mit ihren Massenmedien den gesamten öffentlichen Raum beschallen, den Deutschen ihr Selbstwertgefühl zu zerstören, in der etwas trügerischen Hoffnung, dass sie einmal eine glücklichere Zukunft als „Europäer“ finden werden. Polen, Tschechen, Litauer beobachten mit großem Interesse diese Neuausrichtung der Identität der Deutschen – allerdings verbunden mit dem Gefühl, dass diese zentraleuropäische Großmacht nun in einem anderen Gewand daherkommt, die Großmachtgelüste einiger Protagonisten zu befriedigen, andere Nationen ebenfalls in ihrem Selbstwertgefühl zu zerstören um die Märkte in deren Länder zu erobern, die besten Kräfte abzusaugen.

        Der „Arschkriecheri“ deutscher Politiker gegenüber Israel sollten Sie angesichts der Geschichte der Deutschen – und nun insbesondere ihres ausgesprochenen Vasallenstatus – etwas mehr Nachsicht entgegenbringen. Es war immer nur wenigen Wohlhabenden und das immer nur in kurzen Zeitabschnitten im Lande vergönnt, zu leben und zu sagen, wie es die Art von Fürst Bismarck oder Friedrich dem Großen war. Nur die Gedanken waren in Deutschland immer frei – doch nie die Worte und die Taten. Es wäre schön zu wissen, was Bert Brecht heutzutage sagen würde.

        Die von Ihnen genannten jüdischen Anwälte für ein vom Anstand geprägten Miteinander zwischen Juden und Arabern im „Heiligen Land“ wurden – und werden auch zukünftig – allesamt als „Antisemiten“ aus dem öffentlichen Diskurs ausgesondert. Der scheue Blick auf den Daumen einflussreicher Cäsaren ist auch den meisten Deutschen in die Wiege gelegt, ob als Subalterne oder als Chefredakteure, Parteivorsitzende, Verfassungsjuristen oder an Hochschulen Lehrende tätig.

        Man könnte Hitler zurechnen, die Juden Europas vernichten zu wollen; den Geist eines nach Freiheit strebenden Judentums, den haben Zionisten auf dem Gewissen.

  2. Es ist immer das Gleiche. Bei der braunen, zionistischen Propaganda wird v.a. BDS-Forderung Nr. 2 übergangen — denn diese BDS-Forderung ist Gift für den „jüdischen“ Staat (eine Judeokratie).

    „Gleichberechtigung für Juden und Nichtjuden“ lehnen NAtional-ZIonisten vehement ab. Und genau dies fordern BDS, codepink, JVP.org, jStreet, usw. Nachdem diese Forderung im Grundgesetz Art. 3 steht, ist mir diese BDS-Forderung sehr sympathisch.

    Rechtsextreme Juden wie Knobloch, Fischer, Deidre, .. lehnen BDS deswegen ab. Aber in D, in Europa, in USA geniessen auch diese Juden den Grundsatz „gleiche Rechte für Juden und Nichtjuden“, wofür Juden sehr lange gekämpft haben.

    Braune NAtional-ZIonisten haben den Spiess umgedreht: Privilegien für „Juden“ und Diskriminierung von Nichtjuden. Das ist mit BDS-Forderung Nr. 2 nicht kompatibel und auch nicht mit EMRK Art.10 und Art.14.

    SZ und ihre rechtsnationalen Journalisten vermeiden diese Frage wie der Teufel das Weihwasser – obwohl es die „Gretchenfrage“ ist — die Nichtjuden-Frage in Nahost.

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