von Ludwig Watzal
Vor kurzem nahm ich als Teilnehmer einer Reisegruppe an einer Fahrt nach Südmähren teil, das ein Teil des Sudetenlandes bildete und direkt an Niederösterreich grenzt. Die Mehrzahl der Teilnehmer/innen wurden als Kinder nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gewaltsam aus ihrer Heimat, dem Dorf Tasswitz (Tasovice), vertrieben. So auch meine Mutter samt meinen vier Geschwistern.
Keiner der Teilnehmer/innen äußerte auch nur ein Wort der „Rache“, „Vergeltung“ oder gar „Rückkehrwünsche“ weder innerhalb der Gruppe, geschweige denn gegenüber den tschechischen Bewohnern. Die Sudetendeutschen haben bereits in ihrer „Charta“ vom 5. August 1950 allen revanchistischen Forderungen abgeschworen. Was sie jedoch fordern, ist die Anerkennung eines „Rechtes auf Heimat“, das sie als ein von „Gott geschenktes Grundrecht der Menschheit“ begreifen. Dass ein solches „Heimatrecht“ jemals völkerrechtlich kodifiziert werden könnte, erscheint mehr als fraglich.
Die Reisegruppe wurde auch vom Bürgermeister des Dorfes Tasovice empfangen und zu einem kleinen Imbiss in ein gerade neueröffnetes Restaurant eingeladen. Der deutsche Reiseleiter überreicht Gastgeschenke an den Bürgermeister und wies auch auf die Vertreibung der deutschen Bewohner aus Tasswitz hin. Besonders beeindruckend waren die beiden Eucharistiefeiern in der Clemens-Maria-Hofbauer-Wallfahrtskirche sowie in der Pfarrkirche des Ortes. Beide Messen wurden sowohl in deutscher als auch tschechischer Sprache abgehalten. Der heilige Clemens-Maria Hofbauer stammt aus Tasswitz und genießt nicht nur unter ehemaligen Südmährern hohe Verehrung.
Während dieser Reise spukte mir immer wieder das Schicksal der vertriebenen Palästinenser durch den Kopf. Sie verlangen ein Recht auf Rückkehr in ihre Heimat, das von den Vereinten Nationen in der Resolution 194 der UN-Generalversammlung anerkannt worden ist, wohingegen ein „Heimatrecht“, das heißt, ein Recht in seiner Heimat zu leben, im Völkerrecht noch keine Berücksichtigung gefunden hat. Da das Völkerrecht volatil ist, hängt es stark von den internationalen Machtverhältnissen und dem Konsens der UN-Mitgliedstaaten ab, was als verbindliche Norm im Völkerrecht anerkannt wird. Weiterlesen