Heiko Maas – Israels neuer Musterknabe

von Jochen Mitschka

Am 11. und 12. Mai waren die sozialen und die Massenmedien voll von Berichten über Heiko Maas. Der deutsche Außenminister hätte geäußert, dass die UNO Israel ausgrenzen und unfair behandeln würde. Ob auf Twitter oder in der BILD – überall das gleiche Thema. Die „Ausgrenzung“ sei „schmerzlich und unbefriedigend“, sagte Maas, ohne jedoch im Einzelnen darauf einzugehen, welche Maßnahmen der UNO nicht im Einklang mit Völkerrecht und Menschenrechten stünden. Hier soll in einer Art Medienspiegel an die verschiedenen Handlungen der rechtsextremen Regierung Israels nur vom Januar bis August 2018 erinnert werden. Handlungen, über die zum größten Teil in Deutschland nicht oder allenfalls aus der Perspektive der israelischen Regierung berichtet wurde. Vielleicht wird so klarer, warum die UNO am laufenden Band Resolutionen gegen Menschenrechts- und Völkerrechtsbrüche Israels verabschiedet. >>>

Israel – Zwei unterschiedliche Wahrnehmungen

von Rainer Bernstein

Israelische Medien berichten, dass die Regierung mit Hilfe der überwältigenden Mehrheit in der Knesset ein Gesetz vorbereitet, mit dessen Hilfe dem Obersten Gerichtshof die Befugnis entzogen werden soll, die Aufhebung der Immunität Benjamin Netanjahus für den Fall der Anklageerhebung wegen Bestechlichkeit und Korruption zu veranlassen. Außerdem soll dem Gericht das Recht auf Normenkontrollklage von Gesetzen genommen werden. In einem Kommentar bezeichnet „Haaretz“ den Vorgang als einen „Staatsstreich“ und erinnert an das Ermächtigungsgesetz des Deutschen Reichstags vom März 1933. Mit dem Gesetz rücke Israel in die Reihe Polens, Ungarns und der Türkei vor.

Begleitend teilt „Peace Now“ mit, dass die für die palästinensischen Gebiete zuständige Zivilverwaltung, die durchgängig mit Offizieren besetzt ist, in der Westbank die Nutzung von zwei Umgehungsstraßen südlich von Nablus und in den Hebron-Bergen im Juli angekündigt hat, die nur für Siedler befahrbar sein sollen. Weiterlesen

Did Netanyahu write the „Deal of the Century“?

von Ludwig Watzal

This so-called Deal of the Century can be thrown in the dust bin right away. It was hammered out by American right-wing Zionists under the auspices of Netanyahu. There will be no Palestinian to sign this document of total surrender. Even the so-called Palestinian president Mahmud Abbas who signed the infamous Oslo Accords can’t afford to sign such a document. Perhaps there is another quisling around who is willing to play Israel’s and the US‘ stooge. 
How can a so-called honest broker present such a one-sided plan, which gives Israel everything and blackmails the oppressed Palestinian people with the indigestible leftovers? This deal is not only a cynical one, but it demonstrates to the world that these regimes despise not only international law but the rule of law in general. 

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„Alles für die Macht“

von Sabine Matthes

Sehr geehrter Herr Kornelius,

Danke für Ihren kritischen Netanjahu Beitrag „Alles für die Macht“. Im letzten Absatz schreiben Sie „Aber Netanjahu ist kein Ben Gurion …. Diesem Premier indes fehlt die Integrität und eine Vision, die das blanke Bedürfnis nach Stärke übersteigt.“ Meinen Sie etwa, dass die ethnische Säuberung unter Ben Gurion „integer“ war? Unter Ben Gurion wurden 750.000 Palästinenser aus Israel vertrieben, enteignet (Absentee Property Law 1951), entrechtet und ausgebürgert, nur 150.000 blieben. Bereits unter Ben Gurion wurden die Weichen gestellt – per Vertreibung und Apartheid-ähnlichen Gesetzen – um ein mehrheitlich arabisches Land in einen mehrheitlich jüdischen Staat zu verwandeln. Von „Integrität“ kann man da ebenso wenig sprechen, wie bei den Gründervätern der südafrikanischen Apartheid, die in vergleichbarer Weise ein mehrheitlich schwarzes Land in einen Staat der Weißen umwandelten. Martin Buber sprach sich damals gegenüber Ben Gurion für eine Rückkehr der pal. Flüchtlinge aus, im Sinne eines humanistischen Kulturzionismus. Buber, Hannah Arendt und andere Kulturzionisten waren auch für einen gemeinsamen jüd.-pal. Staat – aus Angst vor einem jüdischen Sparta, welches die Werte des Judentums verraten würde!

DIESE Haltung spricht für „Integrität“! Wäre Ben Gurion „integer“ gewesen, hätte er die UNO-Resolutionen 181 und 194 umgesetzt – so, wie es die Aufnahme Israels in die UNO im Mai 1949 erwartet hatte! Sie fragen in Ihrem Beitrag: „Wird Netanjahu Regeln beugen und das demokratische System deformieren …?“ Meinen Sie denn Ben Gurions Vertreibung, Enteignung und Ausbürgerung der Mehrheit (!) der arab. Bevölkerung war „demokratisch“? Nein, die Weichen Richtung Apartheid statt Demokratie wurden bereits unter Ben Gurion gestellt, nicht erst unter Netanjahu. „Demokratie“, wie sie zwischen den Einwanderern und Einheimischen im jetzigen Südafrika herrscht, ist nur mit Vertretern des Kulturzionismus zu machen, nicht mit denen des politischen Zionismus, weder linker (Ben Gurion), noch rechter (Netanjahu) Coleur.

Leserbief zum Artikel von Stefan Kornelius „Alles für die Macht“, in: SZ, S. 4.

Vier Tage Ordnungshaft wegen zweier Emails an Broder

Mein lieber Henryk M. Broder,

jetzt kannst du einen Orgasmus genießen, falls du noch einen bekommst. Das Landgericht Berlin hat mich tatsächlich zu vier Tagen Haft verurteilt, weil ich dir zwei Mails geschickt habe, ohne dass eine „ausdrückliche Genehmigung“ von dir vorlag. Der Hauptmann von Köpenick lacht sich tot und ich warte auf den Dramatiker, der daraus eine Komödie macht.

Ich habe dir eine Information über mein Buch DIE ANTISEMITENMACHER verschickt, weil du doch permanent behauptest, dass du der alleinige und einzige Antisemitismus-Experte in diesem Land bist. Ich wollte dir kein Buch verkaufen, sondern dich nur über ein neues Buch über Antisemitismus informieren, zumal ich mich in einem ganzen Kapitel mit dir beschäftige. Du bist aber mit meiner Mail sofort zu deinem Anwalt gerannt und zusammen habt ihr überlegt, wie man darauf antwortet. Wer von euch kam denn auf die glorreiche, Idee daraus Werbung zu machen und da das Verschicken von elektronischer Werbung verboten ist, gleich eine Abmahnung zu erlassen und 1000 Euro von mir zu verlangen?  Weiterlesen

Die Konstruktion des „Antisemitismus“

von Gerald Tauber

Ich habe mir heute den offenen Brief des Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland Dr. Schuster an den Göttinger Oberbürgermeister Köhler anlässlich der Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019 an die Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden e.V.durchgelesen. Die Preisverleihung scheint mir ein größeres Politikum zu sein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung forderte von dem Förderverein der den Preis verleiht zum Verzicht der Ehrung des Vereins auf. Ob der OB nun kalte Füße bekommen hat, wie die Pressemeldung in der Roten Fahne nahelegt, kann ich nicht wirklich beurteilen, das war lediglich eine Einzelne dazu.

Was mir jedoch auffällt alle diese Stimmen reden von Antisemitismus und das bei einer jüdischen Organisation? Da sollte man hellhörig werden, und ich bezweifle, dass diese beiden Stimmen überhaupt wissen, was sie den Mitgliedern des jüdischen Vereins eigentlich unterstellen, oder wissen sie es doch? Aber zuvor gehen wir mal in die Tiefe, der Verein unterstützt die palästinensische BDS-Bewegung, und dieser Umstand scheint mir persönlich wohl der Stein des Anstoßes zu sein. Ich hatte mich bereits mit dem Thema im Artikel „Täglich grüßt der Antisemitismus“ bereits befasst und die Argumente, in der der palästinensischen BDS-Bewegung eine antisemitische Grundhaltung unterstellt werden, als haltlos verworfen. Der Grund dafür ist eigentlich vollkommen simpel und so banal, alle diese Argumente, die der BDS-Bewegung eine antisemitische Grundhaltung unterstellen, beruhen auf Stereotypen. Was aber besonders erschreckend ist, sie blenden die Besatzungspolitik des Staates Israel vollkommen aus, als wenn es diese gar nicht geben würde. Damit versuchen der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung und der Zentralratsvorsitzende die palästinensische Forderung nach der Beendigung der Besatzung durch den Staat Israel zu delegitimieren. Ebenso stößt dabei auf, dass mit dem Versuch der Delegitimierung der Versuch einhergeht, die Besatzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens durch den Staat Israel als eine Art Normalzustand zu klassifizieren, was er nun mal nicht seien kann.  Weiterlesen

Die Allzweckwaffe

Journalist und investigaction-Gründer Michel Collon unterzieht die aktuelle Antisemitismus-Debatte in Frankreich einer kritischen Analyse. Kritik an Israel wird umdefiniert zu Antisemitismus und damit zum politischen und gesellschaftlichen Todesurteil für die Kritiker. Rubikon mit dem ersten Teil von Collons Essay.

von Michel Collon

Was ist Antisemitismus? Früher gab es eine einzige Definition. Heute soll es zwei davon geben. Der neuen Definition haben sich Macron, François Hollande, Manuel Valls und auch das Europäische Parlament angeschlossen. Jeremy Corbyn wurde aufgefordert, sich ihr zu unterwerfen, wenn er eine Chance haben wolle, Premierminister zu werden. Um diese Abgrenzung von Begriffen mehren sich in mehreren Ländern Gerichtsprozesse. Warum?

An sich ist es gut, den Antisemitismus zu definieren. Um gegen den Rassismus zu kämpfen, braucht es eine klare gesetzliche Basis: Was ist als Aufruf zum Hass strafbar, und was gehört zur politischen Auseinandersetzung und damit zur freien Meinungsäußerung? Natürlich beträfe das auch die Islamfeindlichkeit und andere Formen des Rassismus.

Am 1. Juni 2017 hat eine Resolution des Europäischen Parlaments die Mitgliedstaaten und die Institutionen der EU aufgerufen, die von der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken, IHRA, empfohlene Definition des Antisemitismus anzunehmen und anzuwenden. Nach dieser Definition ist „Antisemitismus eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und / oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen und religiöse Einrichtungen” (1).

In dieser kleinen Studie werden wir unter die Lupe nehmen, was die IHRA ist, ob sie die Autorität besitzt, diese Debatte zu entscheiden, ob die Definition juristisch präzise genug ist und ob es versteckte Absichten hinter dieser Kontroverse geben könnte. >>>

Die Zensur-Justiz. Bedroht die Justiz die Meinungsfreiheit?

von Rolf-Peter Hintze

Wie bringt man Kritik zum Schweigen? Indem man verhindert, dass Kritikern Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt bekommt. Und wie deckelt man Kritik an eben diesem Verbot? Mit den selben fragwürdigen Methoden. Die Stadt München hat verhindert, dass über einen stark umstrittenen Stadtratsbeschluss in städtischen oder städtisch geförderten Räumen diskutiert werden konnte. Schlimm genug. Von noch größerer politischer Tragweite dürfte aber ein Urteil des Münchner Verwaltungsgerichts vom Dezember 2018 sein. Ein Münchner hatte gegen seine Stadt geklagt mit dem Ziel, einen städtischen Saal für eine Veranstaltung zu erhalten. Das Gericht wies die Klage ab. Interview mit dem früheren Verwaltungsrichter Peter Vonnahme zu diesem Urteil.

Rolf-Henning Hintze: Herr Vonnahme, bedeutet dieses Urteil das Ende einer jahrzehntelang praktizierten liberalen Versammlungspraxis in München?

Peter Vonnahme: Die Saalverweigerung für eine Diskussionsveranstaltung über einen Stadtratsbeschluss stellt in der Tat einen Besorgnis erregenden Wendepunkt dar. Bezeichnenderweise fällt das in eine Zeit, in der deutschlandweit eine geradezu hysterische Angst vieler kommunaler und kirchlicher Stellen zu beobachten ist, wegen israelbezogener Veranstaltungen in den Verdacht des Antisemitismus zu geraten. Mit Blick auf die Zukunft lässt das nichts Gutes erwarten. Wenn die logisch klare Grenzlinie zwischen legitimer Israelkritik und unzulässigem Antisemitismus verwischt wird, wächst die Gefahr, dass antijüdische Ressentiments wie etwa „Die Juden haben zu viel Macht“ bedient werden und zu „neuem Antisemitismus“ führen.

Eine Besonderheit des Münchner Stadtratsbeschlusses liegt darin, dass er jegliches „Befassen“ mit der BDS-Bewegung – BDS steht für Boycott, Divestment, Sanctions – in städtischen oder städtisch geförderten Räumen unterbindet. Ist diese Einschränkung rechtlich zulässig?

Nein. Die Stadt verkennt, dass es sich bei den Räumen nicht um ihre Räume handelt, sondern um Einrichtungen, die mit dem Geld der Bürger finanziert worden sind. Hieraus folgt, dass die Stadt nicht nach Gutsherrnart darüber verfügen kann, sondern dass sie sich an die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften halten muss. Ohne auf die Rechtslage im Einzelnen einzugehen, ergibt sich die Widersinnigkeit des Stadtratsbeschlusses schon daraus, dass durch das zwingende Ausschlusskriterium „Befassen mit BDS“ sogar Veranstaltungen ausgeschlossen werden müssen, die sich ausdrücklich gegen die BDS-Kampagne wenden. >>>

Otzma Yehudit – Jüdische Macht: Wie lange will der Zentralrat der Juden noch schweigen?

Antisemitismus ist heute ein echtes Problem und zugleich ein Schreckgespenst. Es stimmt, was Hajo Meyer gesagt hat, dass früher derjenige als Antisemit galt, der Juden hasste, und heute derjenige Antisemit genannt wird, den die Juden hassen. Der bekannte jüdische Satiriker Roda Roda wird gern von Zionisten wie Broder mit der Bemerkung zitiert: „Aus dem Antisemitismus könnte schon was werden, wenn sich nur die Juden seiner annehmen würden“.

Nun haben sich jüdische Funktionäre und Politiker seiner tatsächlich angenommen und denunzieren jüdische Friedensaktivisten und Gelehrte als Antisemiten, und deutsche Akademiker, Unidirektoren, Oberbürgermeister und Sparkassendirektoren verweigern Juden – von einem jüdischen Funktionär dirigiert –, die Meinungsfreiheit und verwehren ihnen Räume, wie einst die SA. Da wird ihnen gern „jüdischer Selbsthass“ unterstellt. Was mag dieses „rätselhafte Phänomen“, wohl sein? Was ist es, das jüdische Funktionäre wie Schuster und Knobloch, oder jüdische Intellektuelle wie Broder und Wolffsohn dazu verleitet, sich derartig verächtlich gegenüber anderen Juden zu äußern? Menschen, die behaupten, in Israel passiere – abgesehen vom Holocaust –Vergleichbares wie im Dritten Reich sind nach Broders Überzeugung Antisemiten. Dabei schrieb er selbst in der Jüdischen Allgemeinen, dass Israelis – und er meinte Juden – Täter sind. Ja, was gilt denn nun?

Die überwiegende Mehrheit der Deutschen verabscheut die jüngsten Angriffe auf Juden und jüdische Institutionen, und nimmt sie sehr ernst. Manche jüdische Funktionäre allerdings bauschen sie derart auf, als sei das Dritte Reich kurz vor der Wiederauferstehung und die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ der erste Vorbote der antisemitischen Pogrome. Schuster, Broder und Knobloch, um nur wenige zu nennen, tun so, als ob der Antisemitismus die finale Phase der Endlösung der Judenfrage eingeläutet habe, dass ein zweites Auschwitz vor der Tür stehe. Sie unterstützen damit die amerikanische Anti-Defamation League (ADL), die sich mehr als alle anderen darum bemüht, das Bild eines grassierenden europäischen Antisemitismus zu verbreiten. Wie kommen sie dazu?  Weiterlesen