70 Jahre Israel – 70 Jahre Siedlerkolonialismus und Krieg gegen Palästinenser

von Arn Strohmeyer

Israel feiert sich selbst anlässlich des 70. Geburtsages des Staates, und die westlichen Staaten stimmen in den Jubelchor ein und schicken hochrangige Regierungsdelegationen zu den Feierlichkeiten der selbst ernannten „einzigen Demokratie im Nahen Osten“, bei denen man die „gemeinsamen Werte“ beschwören wird. Aber eigentlich gibt es keinen Anlass zu feiern, denn dieser Staat verdankt seine Existenz der Vertreibung und Unterdrückung eines anderen Volkes, dessen Land er sich angeeignet hat. Das zionistische siedlerkolonialistische Israel führt seit über 70 Jahren einen grausamen Krieg gegen die Palästinenser, der ihn aber in eine ausweglose Lage gebracht hat, an der das ganze zionistische Unternehmen nun zu scheitern droht.

Die israelische Politik, der die Ideologie des Zionismus zu Grunde liegt, ist eigentlich nur mit dem Begriff des Tragischen zu verstehen, wobei man in diesem Zusammenhang natürlich an die griechische Tragödie denken muss. Sie thematisiert die Verstrickung des Protagonisten, der sich in eine so ausweglose Lage bringt, dass er das Verhängnis durch jedwedes Handeln nicht mehr abwenden kann und schuldig werden muss. Sein Scheitern ist unausweichlich. Die herannahende Katastrophe lässt sich nicht mehr abwenden. Der Keim der Tragödie ist, dass der Protagonist der Hybris – der Arroganz, dem Hochmut und der Selbstverblendung – verfällt. Die Übereinstimmung mit der Situation Israels liegt auf der Hand. Nur eines gibt es in der der israelisch-jüdischen Tragödie nicht: Die griechische Tragödie sollte einen Sinneswandel bei den Beteiligten hervorrufen – eine Reinigung oder Katharsis. Das Durchleben von Jammer und Rührung, die das Drama hervorrief, sollte zu einer seelischen und moralischen Läuterung führen, davon kann in der israelisch-jüdischen Tragödie keine Rede sein. Es gibt keinerlei Empathie.  Weiterlesen

Israel und die vielen Fragezeichen

Nach dem Massaker in Kishinew an Ostern 1903 hat Russland weltweit an Ansehen verloren. Nach dem Massaker von Amritsar am 13. April 1919 an indischen Demonstranten, angeführt von Gandhi, hat das britische Königreich weltweit an Ansehen verloren. Nach dem Massaker an Demonstranten in Soweto am 16. Juni 1976 hat die Apartheid-Regierung in Südafrika an Ansehen verloren. Ähnliche Beispiele wird es noch mehr geben. Nur Israel verliert sein Ansehen nicht. Oder vielleicht doch? Was in Gaza Ostern 2018, genau 115 Jahre nach dem Massaker in Kishinew geschah, ist ebenfalls ein Massaker. Oder wie soll man es nennen, wenn Soldaten auf unbewaffnete Zivilisten, darunter auch Kinder, schießen, 17 von ihnen töten und mehr als 700 verletzen und am Ende noch verhindern, dass Sanitäter den Verletzten zu Hilfe kommen? Für die meisten Menschen auf der Welt ist das ein Massaker. Zur Schande der Israelis muss man aber hinzufügen, dass sie sich deswegen nicht schämen, sondern im Gegenteil, darauf stolz sind.

Israelis, besonders rechtsgerichtete Netanjahu- und Benett-Anhänger, finden das gut und richtig. Schließlich handelt es sich nur um Palästinenser, deren Leben weniger wert ist, als das Leben von Ratten oder Insekten, und überhaupt nicht zu vergleichen mit dem Leben von Juden. So ähnlich dachten auch die Nazis über die Juden. Weiterlesen

Eine heuchlerische Solidaritätserklärung der „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit  in Hamburg e. V.“ (GCJZ)

Der Geschäftsführer der „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit  in Hamburg e. V.“ (GCJZ), Rien van der Vegt, hat in einer Email vom 10. April 2018 dazu aufgefordert, die im Anhang verbreitete Erklärung des Vorstands der GCJZ „weiterzuleiten und bekanntzumachen“. Außerdem sei die GCJZ „dankbar für Hinweise und Reaktionen“.

Ich verbreite diese absurde Stellungnahme sehr gern, zeugt sie doch davon, wie verblendet und einseitig diese Gesellschaft ist, insbesondere ihre protestantischen Mitglieder. Mich als Jude widert diese philosemitische Erklärung an. Verwundert bin ich jedoch nicht. Haben nicht gerade Protestanten in der Nazi-Zeit scharenweise Bücklinge vor dem Massenörder Hitler  gemacht? Ich erinnere nur an die „Deutschen Christen“.

Bei diesem widerlichen Verhalten dieser „Christen“ fallen mir die klugen Worte aus dem Talmud ein: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Eine solche heuchlerische „Solidarität“ mit Juden widert mich an. Juden können darauf verzichten, Zionisten vielleicht nicht. Für mich ist dies eine Solidarität, die nichts kostet und die keines Mutes bedarf. Vielleicht sollten sich diese Super-Christen einmal mit den rassitischen Aussagen aus der Halacha, dem Talmud und dem Alten Testament beschäftigen, dann würde es ihnen die Sprache verschlagen. Dazu empfehle ich als Einstieg das Buch von Israel Shahak „Jewish History, Jewish Religion. The Weight of Three Tausend Years.“  Weiterlesen

Die Geburt eines Liedes

von Uri Avnery

Ein Freund aus Übersee schickte mir die Aufnahme eines Liedes. Eines arabischen Liedes. Mit einer sanften arabischen Melodie, ausgeführt von jungen Mädchen und begleitet von einer Flöte.

Es geht so:

Ahed/

Du bist das Versprechen und der Glanz/

Du bist so hoch wie ein Olivenbaum/

Von der Wiege bis heute/

Deine Ehre wird nicht entweiht/

Palästina ist in uns gepflanzt/

Wie ein Landungssteg für jedes Schiff/

Wir sind die Erde und du bist das Wasser/

Dein Kopf ist bedeckt mit blondem Haar/

Du bist rein wie Jerusalem/

Du hast uns gelehrt wie das vergessene Volk rebellieren muss/

Sie glaubten, dass die Palästinenser sie fürchten, weil sie Waffen tragen/

Palästina ist in uns gepflanzt/

Wie ein Landungssteg für jedes Schiff/

Unsere Nation muss sich einigen und Widerstand leisten, für die Freiheit von Palästina und für die Freiheit der Gefangenen/

Deine blauen Augen sind ein Leuchtturm/

Für ein Land in dem alle Religionen sind/

Du hast das Volk geeinigt, das nahe und das ferne/

Du hast den Funken in unserem Herzen gezündet/

Dein erhobenes Haupt gibt uns Hoffnung/

Du hast das Licht gezündet in unserer Dunkelheit/

Obwohl deine Hände weich sind/

Haben deine Hände die Welt erschüttert/

Deine Hände haben die Ohrfeige des Eroberers erwidert/

Und gaben der Nation ihre Ehre wieder/

Palästina ist in uns gepflanzt/

Wie ein Landungssteg für jedes Schiff/

 Wir sind die Erde und du bist das Wasser.

Wäre ich ein Anhänger der Besatzung, hätte dieses Lied mich sehr verängstigt.

Weil die Macht von Liedern stärker ist als die Macht von Gewehren. Ein Gewehr kann beschädigt werden. Ein Lied niemals.

In den ersten Tagen der israelischen Armee hing im Speiseraum meiner Kompanie das Motto: „Eine Armee, die singt, ist eine siegreiche Armee“.  Weiterlesen

Kann man Antisemitismus bekämpfen?

Das Problem des Nahost-Konflikts und des Antisemitismus interessiert eigentlich sehr wenige Menschen in unserem Land, und sogar Juden interessieren sich kaum dafür. Sie leben in ihren Ghettos in einer sie schützenden Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit, glauben der israelischen Propaganda und den zynischen Worten ihrer Vorsteher und Präsidenten, dass alle Welt gegen sie sei, dass alle ohnehin Antisemiten seien. Man sollte ihnen diese Paranoia nicht nehmen.

Für die meisten Nichtjuden ist es kein Thema. Und wo stellt man das fest, wenn nicht auf einer Publikums-Buchmesse wie in Leipzig, wo mehr als 270 000 Besucher auf die Messe kamen und einen Stand mit Büchern zu diesem Thema links liegen ließen. Am Ende blieben in den vier Tagen vielleicht 150 Besucher stehen, diskutierten, debattierten und stellten Fragen. Das waren dann etwa 1,0 Promille der Messebesucher.

Das steht aber in einem krassen Widerspruch zu der Intensität, mit der diesbezügliche Fragen in den Medien, abgehandelt werden. Da könnte man glatt auf die Idee kommen, dass Antisemitismus das erste und größte Problem der Bevölkerung sei und im Mittelpunkt des nationalen Interesses stehe.  Weiterlesen

Landtag in Thüringen gegen BDS und Meinungsfreiheit

von Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost

Sehr geehrte Abgeordnete der CDU, DIE LINKE, der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen in Thüringen,

In Ihrem Antrag behaupten Sie, die Aktivitäten der BDS (Boykott, Desinvestition, Sanktionen)-Bewegung seien „antisemitisch“, sehen sich aber nicht genötigt, diesen schwerwiegenden Vorwurf zu beweisen. Sie zitieren den renommierten Prof. Benz, liefern jedoch keine empirischen Nachweise, die dies belegen könnten. Sie unterlassen es sogar, darauf hinzuweisen, dass Prof. Benz selbst die BDS-Bewegung nicht allgemein als antisemitisch einordnet und sich positiv zur freien Meinungsäußerung pro-palästinensischer Wissenschaftler_innen positioniert hatte.

Ihre Unterstellung, die auf Ignoranz und Unkenntnis basiert, verleumdet viele unserer israelischen und jüdischen Mitstreiter_innen weltweit. Wir unterstützen als Organisation, die Teil der EJJP (European Jews for Just a Peace) ist und ebenso wie die USA-Organisation Jewish Voice for Peace, den BDS-Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft. Halten CDU, SPD, DIE LINKE, Bündnis90/Die Grünen diese fortschrittlichen jüdischen Organisationen mit Tausenden Mitgliedern für antisemitisch? Diese implizite Unterstellung verurteilen wir aufs Schärfste als grobe Diffamierung der palästinensischen Zivilgesellschaft und als Verharmlosung der deutschen Verbrechen an den Juden und Jüdinnen, zumal Sie gleichzeitig von einem „Verantwortungskonsens gegenüber der eigenen Geschichte“ sprechen. 

Eine Boykottkampagne gilt als gewaltlose Möglichkeit einer demokratischen Bürgergesellschaft, Einfluss auf eine Politik zu nehmen, die sich nicht in der Lage sieht, den Konflikt zu lösen. Es ist kein Geheimnis, dass Israel, das sich seit seiner Gründung im Ausnahmezustand befindet, das Völkerrecht mit Füßen tritt, die Weltgemeinschaft dagegen aber so wenig tut, dass die Besatzung seit mehr als 50 Jahren besteht. Diese Politik Israels ist derart inakzeptabel, dass sogar deutsche Politiker wie Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker ebenso wie viele andere internationale Politiker_innen von Rang, Schriftsteller_innen und Philosophen zu Sanktionen gegen Israel aufrufen, um seine Besatzungs- und Siedlungspolitik zu stoppen. Halten Sie Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker für Antisemiten?

Die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik durch Israel ist auch für viele israelische Mitbürger_innen nicht hinnehmbar. So initiierte die israelische „Frauenkoalition für Frieden“ das Projekt „Who Profits“ (Wer profitiert). Hier werden Informationen über israelische und internationale Firmen gesammelt, die von der Besatzung profitieren. Das Ziel der Organisation ist es, einen Stop von Investitionen in den besetzten Gebieten zu erreichen und gezielte Boykotte gegen ihre Verbrechen zu ermöglichen. Sind diese israelischen Frauen in Ihren Augen, also in den Augen einer christlichen, deutschen und demokratischen bzw. einer sozialdemokratischen oder gar einer linken Partei auch antisemitisch?

Das Grundgesetz in Art. 5 sowie das europäisches Recht respektieren und schützen die freie Meinungsäußerung. Dazu gehören auch Boykottaufrufe, wie sie das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Lüth-Urteil festgelegt hat.

Wir fordern Sie auf, dies zu respektieren und repressive Maßnahmen gegen die demokratische Grundordnung einzustellen. Als jüdische Menschen in Deutschland sehen wir eine besondere Gefahr in der Kriminalisierung der gewaltfreien und anti-rassistischen BDS-Kampagne und die damit einhergehende Einschränkung der politischen Meinungsfreiheit. Im Namen des Kampfes gegen Antisemitismus ein Verbot von BDS zu fordern, betrachten wir als zynisch und als eine fatale Störung des friedlichen Zusammenlebens aller Religionen und Ethnien in der Bundesrepublik.

 

 

Antisemitismus-Vorwurf als Ablenkungs- und Herrschaftsinstrument

von Jürgen Jung

Es ist schon verblüffend, wie reflexhaft, – man ist versucht zu sagen -, gut orchestriert, viele unserer Zeitgenossen reagieren, wenn es um Israel geht.

Die Karikatur zur Buchbesprechung von Heiko Flottau, so die Bildunterschrift, stelle Israel als „gefräßigen Moloch“ dar. Dies sei, so beeilt sich die SZ, einschränkend hinzuzufügen, die Ansicht von „Israels Feinden“.

Ist es nicht eher, abgesehen von der (Karikaturen häufig eigenen) Boshaftigkeit, eine nicht zu bestreitende empirische Feststellung, dass Israel nach dem Krieg zunächst insbesondere von Deutschland („Wiedergutmachung“ – als ob das ungeheure Verbrechen des Judenmordes einen materiellen Tauschwert hätte!), später dann vor allem von den USA mit gewaltigen Summen (und stets auch Waffen) alimentiert wurde und wird, so dass das kleine Land heute die viertgrößte Militärmacht der Welt ist?

Wenn man bedenkt, dass die Palästinenser Israels ursprünglich ca. 93 Prozent des Kernlandes besaßen, heute dagegen nicht einmal 3 Prozent – und sie haben das Land nicht freiwillig hergegeben –, dann ist die Assoziation „Moloch“ auch nicht gerade abwegig – und so boshaft nun nicht. Israel hat sich das Land mit den verschiedensten Methoden – sagen wir – „einverleibt“.  Weiterlesen

Fire and Fury. Klatsch und Tratsch im Weißen Haus

von Ludwig Watzal

Fire_and_Fury

Nach der Lektüre dieses Buches fragt man sich, warum das politische Washington das Buch von Michael Wolff so begeistert aufgenommen hat, obwohl es nichts anderes als Klatsch und Tratsch aus dem Weißen Hause zwischen zwei Buchdeckeln zusammengefasst hat. Dieses Geschwätz wurde bereits weitestgehend in der Regenbogenpresse breitgetreten. Dass man einen unseriösen Schreiberling wie Wolff so im Weißen Haus hofiert hat, spricht nicht gerade für die Professionalität des Personals. Das einzig Substantielle in dem Buch kam von Steve Bannon, Präsident Trumps „Chefstrategen“.

Das Buch war ein Mediencoup, der nur für den Autor lukrativ war. Dass Wolff nicht an Aufklärung interessiert ist, zeigt folgender  Ausspruch: “ Seth Rich ist tot und ich bin reich: Mann, was für eine großartige Welt! Die Leute wollen mein Buch, nicht die Wahrheit über Rich.“ Für die unaufgeklärte deutsche Öffentlichkeit nur so viel zur Hinrichtung von Seth Rich.  Weiterlesen

Süddeutsche Zeitung – eine „Qualitätszeitung“? Was für ein Witz!

Am 20. Dezember 2017 fand ein Prozess zwischen Abraham Melzer und Charlotte Knobloch in München statt. Ein Prozessbeobachter von der dominanten Regionalzeitung „Süddeutsche Zeitung“ (SZ), namens Stephan Handel, war zugegen und veröffentlichte folgende Karikatur dieser Verhandlung. Berichte über dieses journalistische Machwerk sind hier und hier nachzulesen.

Meine Einwände gegen diese verzerrte, vorverurteilende und diffamierende Beschreibung des Prozesses wurden nicht als Leserbrief oder Richtigstellung in der SZ abgedruckt. Stattdessen erhielt ich am 11. Januar 2018 eine Email von Andreas Gericke, Justiziar der Südwestdeutsche Medienholding GmbH, den ich der Öffentlichkeit im Folgenden zur Kenntnis geben möchte.  Weiterlesen