Wer lyncht Achille Mbembe?

Wenn ich erst vor wenigen Tagen Michael Wolffsohns Beitrag in der NZZ als rassistisch und dumm kritisiert habe, so muss ich aber zugeben, dass er mit einem Satz, zufällig oder auch nicht, vollkommen Recht hat: „Über Juden und Israel reden oder schreiben fast alle mehr, als sie wissen.“ Das trifft auch besonders auf den Beitrag von Jürgen Kaube in der FAZ vom 10.05.2020.

Kaube fragt wer Achille Mbembe gelynscht hat. Na, wer schon? Er und andere seinesgleichen, die nicht wissen was sie tun und wenn es um Israel und Juden geht, den Verstand verlieren, weil sie bei Israelis und Juden Augen, Mund und Ohren verschließen und sich selbst delegitimieren das zu schreiben, was notwendig wäre und stattdessen „außer Band und Rand geraten“. So ist es auch Jürgen Kaube ergangen, der bei allen anderen Themen und Problemen in der Regel seinen gesunden Menschenverstand benutzt, aber wenn es um Juden geht mea culpa denkt und sich schuldig bekennt. Schuldig aber woran?

In der Diskussion um Mbembe geht es gar nicht um Mbembe, sondern um uns und unsere Freiheit bzw. Meinungsfreiheit. Man ist nicht in der Lage und bereit sich mit anderen, vielleicht sogar unliebsamen Meinungen, Theorien und Ideologien zu beschäftigen und wenn es sein muss zu streiten, weil man Angst hat als Antisemit diskreditiert zu werden, sobald man es wagt Israels Politik zu kritisieren oder jemanden, der es tut, zuzustimmen. Um nichts anderes geht es in dieser peinlichen und würdelosen Debatte, in der man immer wieder den Artikel 1 unseres Grundgesetzes verletzt oder vollkommen ignoriert.  Weiterlesen

Antisemitismus, Apartheid und Michael Wolffsohn

Camus beschreibt in seinem Buch „Die Pest“ vordergründig eine tödliche Epidemie, die Situation der Quarantäne einer gesamten Stadt und wie sich die ihr unterworfene Bevölkerung nach anfänglicher Lähmung in „Freiwilligengruppen“ organisiert und sich der „Pest“ in innerem und äußerem Widerstand erfolgreich entgegenstemmt. Vieles im Roman liest sich vor dem Hintergrund unseres eigenen Erlebens der Kontaktsperre, örtlicher Ausgangssperren sowie der Quarantäne in Zeiten der Corona-Krise wie eine realitätsnahe Vorwegnahme der heutigen Pandemie. Camus verwendete die Beschreibung des Verlaufs der Pest nur als beispielhafte Symbolik. Ihm ging es um einen politischen Vergleich: Die Pest – das war für ihn die Besatzung Frankreichs durch die Nazis von 1940 bis 1944 im historisch-konkreten Sinne. Die Pest – das war für ihn aber auch die Warnung vor erneuten, anderen Formen der Diktatur. Was aber für uns in Deutschland und fast überall auf der Welt, eine neue unheimliche und erschreckende Erfahrung bedeutet, ist für Palästinenser, die im von den Israelis besetzten Palästina leben, eine seit Jahrzehnten erlebte tagtägliche Erfahrung. Die Pest – das ist auch die Besatzung Palästinas.

Seit Wochen ist die gesamte Welt von einem tödlichen Virus befallen, und man hat kaum noch Zeit und Nerven, sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Jetzt, wo die verantwortlichen Politiker glauben, die beinahe diktatorischen Fesseln lockern zu können und man sich für die Zeit nach der Pandemie vorbereitet, gibt es erstaunlicherweise immer noch Ewiggestrige, blinde und taube Mitbürger, die genau dort weitermachen zu wollen, wo sie vor Wochen aufgehört haben, nämlich bei der Antisemitismushysterie.

Es sind immer die gleichen, die hinter der faschistoiden Politik eines Benjamin Netanjahu stehen, diese verteidigen, indem sie nicht darüber reden, sie ignorieren und verschweigen, und stattdessen wieder das Thema aus der Mottenkiste hervorholen, das inzwischen die Bevölkerung leid bis zum Erbrechen hat. Es sind immer dieselben Kandidaten, die bekannten Hetzer, Lügner und Leugner: Henryk M. Broder, Michael Wolffsohn, Chajim Noll, die diversen Antisemitismusbeauftragten, die das vom Beruf aus müssen und die diversen jüdischen pseudo Politiker, die sich nicht um ihre Aufgabe kümmern, sondern sich berufen fühlen, Weltpolitik zu machen, wie Josef Schuster, Charlotte Knobloch und andere.  Weiterlesen

Achille Mbembe sagt die Wahrheit über den kolonialistischen Hintergrund Israels und wird als „Antisemit“ dämonisiert

von Arn Strohmeyer

Die Antisemitismus-Vorwürfe gegen den afrikanischen Philosophen Achille Mbembe haben auch eine positive Seite. Sie offenbaren, in welcher ideologischen Blase sich der Mainstream-Diskurs über den Nahost-Konflikt im politischen Deutschland befindet. Wenn es um Israel/Palästina geht, sind nur noch Fragen nach dem Existenzrecht Israels und nach der Relativierung des Holocaust erlaubt. Fallen die Antworten nach Meinung der Fragesteller unbefriedigend aus, beginnt die Antisemitismus-Kanonade und die hinterlässt dann nur noch verbrannte Erde. Dass solche Kampagnen dem eigentlichen Anliegen, dem Kampf gegen den wirklichen Antisemitismus, nur schaden können, scheint dann in der hysterisch aufgeladenen Stimmung schon kaum noch jemanden zu interessieren. Und dass dann wie jetzt im Fall Achille Mbembe auch noch die im Grundgesetz verbürgte Freiheit der Wissenschaft großen Schaden nimmt, wen interessiert das im Eifer des Gefechts?

Wenn man heute laut ausspricht oder schreibt, dass der Holocaust und der Antisemitismus-Vorwurf auch in perfider Weise instrumentalisiert werden, um die brutale Herrschaft Israels über ein ganzes Volk vor Kritik zu schützen, dann ist das auch gleich wieder schlimmer Antisemitismus. Und so dreht sich die Debatte im Kreis ohne die geringste Chance, einen Erkenntnis-Schritt weiter zu kommen. Von politischen Fortschritten und Verbesserungen für die am meisten unter dem gegenwärtigen Zustand Leidenden – die Palästinenser unter der nun schon über 50 Jahre andauernden Besatzung – ganz zu schweigen.  Weiterlesen

Antisemitismus-Beauftragter Felix Klein schießt ein peinliches Eigentor

von Arn Strohmeyer

Die deutschen Antisemitismusjäger glaubten, ein neues Opfer gefunden zu haben: den aus Kamerun stammenden Historiker und Philosophen Achille Mbembe. Aber der Schuss ging gründlich daneben und geriet – in der Fußballsprache gesagt – zum mehr als peinlichen Eigentor. Denn Mbembes Erwiderung auf die Vorwürfe in der ZEIT stellte die beiden Inquisitoren, den nordrheinwestfälischen FDP-Politiker Lorenz Deutsch und den Antisemitismus-Beauftragten Dr. Felix Klein, als das dar, was sie in Wirklichkeit sind: kleingeistige Dogmatiker, die sich offensichtlich im Judentum auch nur sehr begrenzt auskennen. Was nicht verwundert, wenn man Judentum, Zionismus und Israel und umgekehrt Antisemitismus, Antizionismus und Kritik an der israelischen Politik nicht auseinanderhalten kann oder will.

Auch auf die Gefahr hin sich zu wiederholen: Es ist kein Geheimnis, dass sich das Judentum in einer tiefen existentiellen Krise befindet, weil es in zwei große Richtungen gespalten ist: die Partikularisten und die Universalisten. Erstere sind heute die Anhänger des Zionismus bzw. des radikalen israelischen Nationalismus, auf der anderen Seite stehen die Universalisten, also die Vertreter von Menschenrechten und Völkerrecht, denen die Zionisten mit Ablehnung bis Verachtung begegnen.  Weiterlesen

Woran Ignoranz erkannt wird

Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland schreibt am 1.11.91 in der „Allgemeinen“ unter der Überschrift „Woran Friede gemessen wird“ einen denkwürdigen Kommentar. Denkwürdig allein schon deshalb, weil es ihm gelungen ist, in einem langen Artikel, der sich mit der Konferenz in Madrid beschäftigt, in keiner einzigen Zeile, nicht einmal mit einem einzigen Wort die Palästinenser zu erwähnen, jene Menschen, die es offensichtlich gar nicht gibt, die wohl eine Erfindung der Antisemiten oder zumindest der Antizionisten sind.

Mit wem soll Israel Frieden schließen? Dazu hat sich Herr Galinski nicht geäußert, dafür aber wieder umso mehr vom Holocaust und der zweitausendjährigen Verfolgung der Juden geschrieben. Er ist stolz darauf, dass man die Israelis „Raufbolde“ nennt; er empfindet nach eigenen Worten „so etwas wie eine Genugtuung“ dabei. Und um zu beweisen, dass diese Bezeichnung wieder einmal „an der Realität vorbeigeht — produziert, um mit umgekehrtem Vorzeichen nach altbewährtem Grundmuster eine Gemeinschaft bloßzustellen, deren einziges Vergehen seit mehr als zweitausend Jahren ist, überleben zu wollen“, bemüht er wieder einmal die leidvolle Geschichte des jüdischen Volkes und suhlt sich wieder im Selbstmitleid. >>>

„Juden in Deutschland brauchen keine Sonderbehandlung mehr“

Das Verhältnis Deutschlands zu den Juden und zu Israel ist verständlicherweise durch den Holocaust geprägt. Doch dadurch ist er ritualisiert, anormal – und manchmal auch aktiv schädlich – geworden.

von David Ranan

Deutschland macht schwierige Zeiten durch, und das nicht nur wegen der Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie. Angela Merkel, die Verkörperung des deutschen, ja europäischen Gemeinsinns und der Stabilität und eine überzeugte Verfechterin des deutschen Sonderverhältnisses zu Israel nach dem Krieg, ist auf dem Weg nach draußen, während die rechtsextreme Alternative für Deutschland die drittstärkste politische Kraft im Bundestag ist und ihre Unterstützung regional konsolidiert.

Was bedeutet das alles für die Juden? Ist es möglich, in Deutschland ein „normales“ jüdisches Leben nach dem Holocaust zu führen? Welche politischen Tendenzen bedrohen tatsächlich die freie Entscheidung der Juden in Deutschland, nach eigenem Gutdünken zu sprechen, zu handeln und sich zu identifizieren? Ist der politische Elitekonsens der Nachkriegszeit in Deutschland – für „Juden und Israel, richtig oder falsch“ – so gefestigt, wie er einst war? Sollte er das? Haben Juden in Deutschland eine Zukunft? Und wenn ja, was für eine Zukunft?

Um zu verstehen, wo Deutschland und seine Juden heute stehen, muss man zu den Anfängen des jüdischen Lebens in der neu gegründeten Bundesrepublik zurückgehen. Es begann mit einer kleinen Gruppe von etwa 15.000 Juden, hauptsächlich aus Osteuropa, die sich dafür entschieden, die nach dem Krieg errichteten provisorischen Vertriebenenlager nicht zu verlassen, um sich auf den Weg nach Israel oder in die USA zu machen, sondern in Deutschland zu bleiben.   Weiterlesen

Neues Opfer der antisemitischen Hexenjagd: Achille Mbembe. Und Dr. Stefanie Carp?

von Ludwig Watzal

„Es ist nicht nur das Corona-Virus, das diese Gesellschaft gefährdet, es ist auch  das Virus der Denunziation“, so Henryk M. Broder in „Broders Spiegel“ vom 20. April 2020. „Gut gebrüllt Löwe.“ Warum nicht auch in Sachen „Antisemitismus“? Wo war Deutschlands journalistischer Antisemitismus-Spürhund in der „Affäre“ Dr. Carp? Denunziantentum ist so alt wie das „älteste Gewerbe der Welt“. Es macht auch in Zeiten von Corona keine Pause.

So geschehen in einem faktenfreien Denunziationsschreiben des FDP-Politikers im NRW-Landtag, Lorenz Deutsch, an Dr. Stefanie Carp, Intendantin der Ruhrtriennale. Darin hatte er dem diesjährigen Festredner, Achille Mbembe, nicht nur eine Relativierung des Holocaust durch den Vergleich mit dem Apartheid-Regime in Südafrika, sondern auch eine Unterstützung von BDS (einer zivilgesellschaftlichen Protestbewegung gegen die israelische Besatzung) vorgehalten. Beides laut angeführten Quellen unhaltbar. Wie es scheint, entpuppt sich auch dieser „Antisemitismus-Vorwurf“ als konstruiert und an den Haaren herbeigezogen.  Weiterlesen

Antisemitismus in Zeiten von Corona

Die Corona-Seuche hat alles auf dem Kopf gestellt. Unser Leben hat sich verändert und verändert sich seitdem täglich. Noch vor zwei, drei Monaten haben wir das Wort Corona nie gehört und plötzlich reden alle nur noch davon. Das lehrt uns allen tatsächlich das Fürchten, aber so furchterregend, schrecklich und beängstigend das alles auch ist, es hat auch seine gute Seite. Seitdem die Zeitungen und Magazine von der ersten bis zur letzten Seite nur noch von Corona, Corona, Corona berichten, gibt es keine hysterischen Meldungen mehr über Antisemitismus.

Corona hat alle bisher wichtigen Themen von den Titelseiten verdrängt: Umwelt, Flüchtlinge, Syrien, Abholzung des Regenwaldes und vieles mehr. Vor allem hat es die überflüssige und absurde Hysterie über angeblich antisemitische Vorfälle nicht nur in den Überschriften, sondern vollkommen aus den Medien eliminiert. Wer interessiert sich heute noch dafür wer, wann und wo ein Hakenkreuz geschmiert hat?  Weiterlesen

„Prozess gegen früheren Wachmann fortgesetzt“

von Eurich Lobenstein

Liest man Ihre Nachricht, könnte man meinen, dass Ihnen das Verfahren vor dem Hamburger Landgericht gefällt. Ein damals 17-jähriger war zur SS eingezogen und diente als Wachmann in einem KZ, in dem während der 6 Kriegsjahre 66.000 Gefangene, davon 5.500 während der Dienstzeit des Wachmanns, ermordet wurden. Die Morde wurden eine Zeitlang per Gas verübt, aber nicht zu Dienstzeit des Wachmanns.  Die Bildzeitung berichtete über eine heimtückischere Methode zu töten: in einer als Lagerapotheke getarnten Baracke wurden ahnungslose Häftlinge vor eine Messlatte gestellt und mit einer Luftpistole durch Genickschuss umgebracht. In Buchenwald praktizierte man auch nach der Methode, was den US-Kommissar Bradley später veranlasste, ein Begnadigungsgesuch des stellvertretenden Lagerkommandanten abzulehnen.

Die Tötungsmethode scheint aber nicht auf Massentötungen ausgerichtet gewesen zu sein. Diese Art des Mordens sollte wohl den Häftlingen verborgen bleiben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie einem 17-jährigen Soldaten auch verborgen blieb. Nach halbwegs rechtskonformer Anwendung des deutschen Strafrechts wäre nicht einmal der Anfangsverdacht für eine Beihilfe zum Mord gegen Bruno Dey anzunehmen. So z. B. hatte der BGH entschieden, dass der Wachdienst an der innerdeutschen Grenze nicht per se rechtswidrig sei (als es ihn noch gab). Der Wachdienst von Bruno Dey dürfte „per se“ auch rechtmäßig gewesen sein. Dey müsste speziell Todeskandidaten bewacht haben, dass man ihm Beihilfe zu deren Ermordung vorwerfen könnte.  Weiterlesen