Können wir uns einen gerechten Frieden für Palästina vorstellen?

von Richard Falk

Während man ohne einen Funken Hoffnung auf Trumps Jahrhundertdeal wartet,  entfaltet sich der Leidensweg der Palästinenser Tag für Tag weiter. Viele Israelis sind wie wir der Meinung, dass der Kampf der Palästinenser um Selbstbestimmung niedergeschlagen ist, und dass es Zeit ist zuzugeben, dass Israel der Sieger und Palästina der Verlierer ist. Alles was noch zu tun sei, ist, die Palästinenser zu zwingen, die bittere Pille der Niederlage zu schlucken, und jede Rede von Trump und anderer Seite über den Deal wird irrelevant werden.

Die letzten Ereignisse zeigen ein anderes Bild als diesen vorzeitigen Triumphalismus Israels. Seit Ende März 2018 ist der Große Rückkehrmarsch jeden Freitag am Zaun zu Gaza Israel gegenübergetreten. Israel hat mit tödlicher Gewalt reagiert und mehr als 250 Palästinenser getötet und mehr als 18.000 verletzt, indem es immer wieder exzessive Gewalt im Umgang mit den fast völlig gewaltlosen Demonstrationen angewendet hat, mit denen gegen die Verweigerung fundamentaler Menschenrechte  für das palästinensische Volk protestiert wird.

Die politischen Organe der UN haben ein Jahr lang peinlich geschwiegen. Aber schließlich wurde am 28.2.2019 der Bericht der Unabhängigen Untersuchungskommisssion über die Gaza-Proteste 2018 veröffentlicht. Die vom Menschenrechtsrat in Genf gegründete Komission sollte die Angaben über die Anwendung exzessiver Gewalt durch Israel in Reaktion auf die wöchentlichen Demonstrationen der Initiative Großer Rückkehrmarsch in Gaza im Jahr 2018 prüfen. Die wichtigste Schlussfolgerung des Berichts auf der Basis einer umfangreichen sachlichen Dokumentation war, dass Israel „keine Berechtigung hatte, mit scharfer Munition auf Demonstranten zu schießen“. Die Schlussfolgerung aus einem solchen Ergebnis ist, dass durch die Reaktion Israels auf die Gaza-Proteste das humanitäre Völkerrecht, wie es in der 4. Genfer Konvention von 1948 dargelegt ist, massiv, eklatant und wiederholt verletzt wurde.  Weiterlesen

Der wahnhafte Antisemitismus-Vorwurf bei jeder Kritik an Israels Unrechtspolitik

von Arn Strohmeyer

Ein Journalist fragte kürzlich in einer Kolumne, ob es zur Zeit auf dem Globus politisch nur noch nach dem Prinzip Gaga läuft: Brexit-Lustspiel, Trump-Trara, Italo-Dramen und AfD-Gepolter. Also alles nur Gaga? Wäre ja schön, wenn es so harmlos und spaßig wäre, aber so lachhaft sind Typen wie Trump, May, Orban, Erdogan und Netanjahu denn doch nicht. Der Schaden, den sie anrichten, ist unermesslich, vor allem der moralische, denn die Maßstäbe verschieben und verzerren sich in ganz bedenklicher Weise, im Großen wie im Kleinen.

Als Beispiel für einen moralischen Verfall soll es hier um den Antisemitismus-Vorwurf bei Kritik an Israels Politik gegenüber den Palästinensern gehen, der immer groteskere und wahnhafte Züge annimmt. Dieser Vorwurf hat mit Gaga gar nichts mehr zu tun. Israel hält seit über 50 Jahren ein brutales und grausames Besatzungsregime über ein ganzes Volk aufrecht, nachdem es ihm zuvor (1948) schon sein Land geraubt, die Hälfte dieses Volkes vertrieben und seine Gesellschaft und Kultur zerstört hat. Und die Unterdrückung geht weiter mit allem, was dazu gehört: Landraub, totaler Kontrolle, Checkpoints, Razzien, Verhaftungen (auch von Kindern), Administrativhaft, Folter und dem Erschießen gewaltloser Demonstranten. Dazu kommen immense ökonomische Verluste.  Weiterlesen

Time to Speak Openly on Palestine

Martin Luther King Jr. courageously spoke out about the Vietnam War. We must do the same when it comes to this grave injustice of our time.

by Michelle Alexander

On April 4, 1967, exactly one year before his assassination, the Rev. Dr. Martin Luther King Jr. stepped up to the lectern at the Riverside Church in Manhattan. (…) King rejected all the well-meaning advice and said, “I come to this magnificent house of worship tonight because my conscience leaves me no other choice.” (…) It’s what I think about when I go over the excuses and rationalizations that have kept me largely silent on one of the great moral challenges of our time: the crisis in Israel-Palestine. (…) Our elected representatives, who operate in a political environment where Israel’s political lobby holds well-documented power, have consistently minimized and deflected criticism of the State of Israel, even as it has grown more emboldened in its occupation of Palestinian territory and adopted some practices reminiscent of apartheid in South Africa and Jim Crow segregation in the United States. (…) >>>

Einen rassistischen Charakter in Israel bewahren

No city has the right to close a park to Arabs, as Afula in the north has done, but such racist incitement has become typical in the country under Benjamin Netanyahu

Haaretz Editorial

The swearing-in ceremony Thursday in which the Afula City Council vowed to maintain the city’s Jewish character is a nationalist rite with dangerous potential. On Facebook the new mayor, Avi Elkabetz, proudly stated that he had closed the city park the day before to everyone but city residents. Elkabetz is keeping his election promise. After all, he pledged to maintain this northern city’s Jewish character and fight the “conquest of the park.”

This isn’t the first attempt to “maintain the Jewish character” of Afula. A protest once arose in the city after Arab families won the bidding process to have dozens of housing units built. And Afula isn’t alone. A few months ago, Kfar Vradim in the Western Galilee hills tried to halt a bidding process after it emerged that half the winners of the previous tender were Arabs.  Weiterlesen

Thailändische Arbeiter in Israel: Niemand interessiert sich für sie

von Ludwig Watzal

Die BBC strahlte eine Dokumentarfilm über thailändische Arbeiter in Israel aus. Ein thailändischer Journalist ist für diese hervorragende Dokumentation verantwortlich. Ihre Ergebnisse sind schockierend. Die Arbeits- und Lebensbedingungen sind abstoßend und skandalös. Die Arbeiter leben in Armut und Elend, gerade nur ein wenig besser als Ratten. 25 000 Arbeiter leben in vorkapitalistischen Verhältnissen und können nur fünf Jahre in Israel bleiben. Ihre Existenz ist, um es milde auszudrücken, prekär.

Israel importierte ausländische Arbeiter aus Thailand und anderen Teilen der Dritten Welt, um die Arbeitsplätze von Palästinensern zu übernehmen, nachdem das zionistische Regime diesen die Arbeitsgenehmigungen entzogen hatte.

Die thailändischen Arbeiter müssen Pestizide in großen Mengen versprühen, was nicht nur massive Gesundheitsprobleme für die Arbeiter verursacht, sondern auch erhebliche Gesundheitsprobleme für die Verbraucher israelischer landwirtschaftlicher Produkte bedeutet. Verbraucher auf der ganzen Welt sollten nach dieser Dokumentation entscheiden, ob sie noch israelische landwirtschaftliche Produkte kaufen sollen. Wo diese in Supermärkten auftauchen, sollte man Protest einlegen.

Die folgende Dokumentation ist möglicherweise nur für 29 Tage verfügbar. Bitte herunterladen.

Auf Englisch.

Die Israellobby zerstört die Debattenkultur und letztendlich die Meinungsfreiheit

von Heiko Flottau

Immer häufiger versucht die israelische Lobby, Veranstaltungen zu verhindern, in denen die Unterdrückung der Palästinenser diskutiert werden soll.

Kürzlich verschickte Christoph Rinneberg vom Kairos-Palästina-Solidaritätsnetz (KPS) im Internet eine Liste, auf der exakt nachgewiesen wird, wie viele Veranstaltungen von der israelischen Lobby verhindert bzw. behindert wurden, die sich kritisch mit der israelischen Besatzungspolitik im Westjordanland auseinandersetzen. Im Zeittraum vom Jahr 2005 bis in die zweite Hälfte des Jahres 2018 kam er auf insgesamt mindestens 90 solcher Treffen, die entweder ganz verhindert oder massiv gestört wurden. Dabei erhöhte sich die Frequenz der Störungen in den letzten Jahren erheblich. 2016 wurden 25, 2017 24 und im Jahr 2018 bis jetzt etwa sechs Diskussionsveranstaltungen behindert oder verhindert – wobei natürlich zu berücksichtigen ist, dass nicht in jedem Jahr eine ähnlich große Zahl von solchen Treffen geplant ist.

Hier zunächst der Link zur Liste.

Das letzte erschreckende Beispiel war der Versuch, einen Vortrag des Publizisten Andreas Zumach an der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) zu behindern. Hier der Link zum Vortrag von Andreas ZumachWeiterlesen

„Die Juden existierten nie als ‚Volk‘ – noch weniger als Nation“

von Ludwig Watzal

Der israelische Historiker Shlomo Sand negiert nicht nur die Existenz eines „jüdischen Volkes„, sondern auch des sogenannten „Landes Israel„. Beides sind zionistische Erfindungen, das heißt, Mythen.  Mit beiden Hypothesen konnte Sand erst nach seiner offiziellen Emeritierung an der Universität Tel Aviv auftreten. In Israel ist die Infragestellung der mystischen Daseinsberechtigung Israels lebensgefährlich und existenzvernichtend.

Wie dem auch sei, in der israelischen Presse ist immer noch eine kontroverse und offene Debatte über Sands Standpunkt möglich. Eine solche Debatte wäre in Deutschland unmöglich, ganz zu schweigen von den USA, wo die zionistische Israel-Lobby die Medien im Würgegriff hält. Die Mainstream-Medien veröffentlichen nichts Negatives über Israel. Die Verbrechen der Besatzungsmacht werden relativiert, wenn gar reingewaschen.

Bevor Shlomo Sand seine bahnbrechenden Bücher veröffentlichte, hatte Simcha Flapan mit seinem Buch „Die Geburt Israels“ bereits die Weichen gestellt. Die zionistischen Märchen sollten ein für alle Mal der Vergangenheit angehören. Zuletzt hat Ilan Pappé die zehn Gründungsmythen Israels erneut entzaubert.

Die jüngste Debatte über die „historischen Ansprüche “ Israels auf das Land Palästina kann hier verfolgt werden.

Antisemitenmacher live (und mit Fahnen)

von Michael Meyen

Haben wir das so gewollt? Klar: Als es losging mit diesem Blog und mit Medienrealität live, wollten wir hinaus aus dem Elfenbeinturm. Nicht mehr im stillen Kämmerlein forschen und dann schauen, was passiert, sondern gleich mit denen zusammen denken, die es letztlich angeht.

Zum Beispiel mit einer Stadtgesellschaft, die nicht zur Ruhe kommt, seit ihr Parlament im Dezember 2017 beschlossen hat, kein Geld und keine Räume mehr zu geben, wenn es um BDS geht oder wenn Menschen auftreten, die sich zu BDS bekennen. Für alle, die die Abkürzung nicht kennen (auch weil sie eher selten in den Medien auftaucht; eine wunderbare Ausnahme: das Interview von Alexander Gorkow mit Roger Waters im Magazin der Süddeutschen Zeitung vom 13. September 2018): Die Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions“ fordert seit 2005 zum Widerstand auf, bis sich die israelische Regierung zu dem bekennt, was das Völkerrecht von ihr verlangt, und bis alle Bürger dieses Landes gleichberechtigt sind.

Der Stadtrat hat entschieden, BDS als antisemitisch einzustufen. Nicht nur in München ist es heute schwierig, Kritiker der israelischen Regierungspolitik auftreten zu lassen. Jürgen Jung hält im Hörsaal eine Liste hoch, die alle Vorfälle dokumentiert. 13 Seiten, eng bedruckt. Die Argumentation ist immer gleich. Die deutsche Geschichte. Verantwortung. Wer will da über sich lesen, Antisemiten Raum zu geben oder gar selbst einer zu sein.  Weiterlesen

Hysterie bis zur Paranoia? Zur fatalen Antisemitismus-Ideologie in Deutschland

von Arn Strohmeyer

Der deutsch-jüdische Comedian Oliver Polack scherzte bei einem Auftritt in New York, er sei am Abend zuvor aus Deutschland gekommen, mit dem Flugzeug diesmal, was für ihn ein bisschen ungewohnt gewesen sei. Er konstatierte: „In Deutschland reise ich normalerweise mit dem Zug – eine alte jüdische Familientradition.“ Nach einer Pause, die die Wirkung seines Vortrages noch verstärken sollte, fuhr er fort: „Die Abfahrtzeiten kann man sich nicht aussuchen, aber die Tickets sind kostenlos. Das Problem: Alle Züge fahren nach Polen.“

Für den deutsch-jüdischen Journalisten Daniel Killy sind die deutschen Printmedien (aber auch ARD und ZDF) grundsätzlich „antiisraelisch“ eingestellt, was dasselbe ist wie „antizionistisch“, was wiederum ein Synonym für „Deutschlands feschen Zeitgeist-Antisemitismus“ ist. Selbst die FAZ und die Süddeutsche sind in Killys Sichtweise neben den öffentlich-rechtlichen Anstalten „ein sicherer Hafen für anti-israelische Autoren“. Es gebe zwar – so doziert Killy weiter – dort keinen antiisraelischen Redaktionskodex, aber alle bösartigen Attacken auf Israel würden durch einen Wall des „Pluralismus“ geschützt. Wann immer jemand (wie etwa er selbst) diese Methode offenlege, werfe man ihm reflexartig einen „Angriff auf die Pressefreiheit“ vor. (Dieser Vorwurf Killys bedeutet ja, dass die Pressefreiheit in Deutschland Antisemiten schützt.) Die Sprache der deutschen Medien sei „vergiftet“, weil sie einseitig propalästinensisch berichteten, so der ehemalige Boulevard-Journalist, der früher bei BILD gearbeitet hat.  Weiterlesen