Bringt Trumps Politik Frieden in den Nahen Osten?

von Arn Strohmeyer

US-Präsident Trump und sein Schwiegersohn Jared Kushner haben es geschafft, dass weitere arabische Staaten – Bahrein, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), der Sudan und jetzt auch Marokko – die Blockade Israels durchbrechen und Beziehungen zum jüdischen Staat aufnehmen. Wenn Trump selbst diesen Vorgang gleich als „historischen Schritt zum Frieden“ bezeichnete, dann hat das eher mit seiner überheblichen, narzisstischen Großmäuligkeit zu tun als mit der Realität. Aber auch andere Regierungen und die Mainstream-Medien stimmten in den Friedenschor ein. Waren das wirklich Schritte zum Frieden im Nahen Osten?

Was war geschehen? Trump hatte Milliarden schwere Deals mit Bahrein und den VAE vereinbart: Diese arabischen Staaten bekommen neueste amerikanische Waffentechnik – vor allem F 35-Bomber – ein fantastisches Geschäft für die amerikanische Rüstungsindustrie. Die diplomatischen Beziehungen zwischen diesen Staaten und Israel sind sozusagen nur ein Nebenprodukt dieses Geschäfts. Mit anderen Worten: Der Nahe Osten wird weiter gefährlich aufgerüstet, und dass diese Aufrüstung sich ganz eindeutig gegen den Iran richtet, ist auch kein Geheimnis. Israel droht dem Iran schon lange mit einem Angriff und hat für dieses Vorhaben – mit den ebenfalls hoch gerüsteten Saudis im Hintergrund, die auch mit von der Partie sind – nun vor Waffen starrende Verbündete gefunden. Das militärische Gleichgewicht in der Region wird sich damit gefährlich verschieben.  Weiterlesen

Ringen mit dem Zionismus – Wrestling with Zionism

von Ludwig Watzal

Bis zur gewaltsamen Gründung des Staates Israel stellte der Zionismus immer eine Minderheitenmeinung dar. Die westlichen Medien bezeichnen Israel gern als „Heimat der Juden“ und „einzige Demokratie des Nahen Ostens“. Diese Binsenweisheiten bilden nicht nur die Grundlage der  Berichterstattung, sondern liegen auch der öffentlichen Diskussion und den primitiven Talkshows zugrunde. Kritik an Regierungshandeln gilt als „Königsrecht“ jeder demokratischen Öffentlichkeit. Im Falle Israels wird dieses Recht jedoch weitgehend außer Kraft gesetzt. Kritik wird als „antisemitisch“ verteufelt. Hier tun sich besonders die sogenannten Freude Israels hervor. Sie sind wider alle Vernunft die „nützlichen Idioten“ Israels. Die Meinungen unabhängiger Israelis und Juden, welche die aggressive und rassistische Politik der israelischen Regierungen kritisieren, werden nicht zur Kenntnis genommen.  Weiterlesen

Der Nahostkonflikt, die Kirchen und das Alte Testament

von Ludwig Watzal

Der israelisch-palästinensische Konflikt, besser bekannt als Nahostkonflikt, gilt gemeinhin als ein Konflikt um Land, i. e. „Palästina“ oder „Eretz Israel“ (das Land Israel), wie es vom israelischen Politestablishment genannt wird. Dieser Terminus impliziert bereits einen religiösen Besitzanspruch, der subkutan immer mitgedacht werden muss, wenn man sich mit den Nahostkonflikt beschäftigt. Dieser religiöse Aspekt des Konflikts ist zentral in Peter Bingels Untersuchung.

Im Zentrum dieses Buches steht das Alte Testament, das ein Teil der „heiligen Schrift“ für die Kirchen darstellt. Für religiöse und nationalistische Juden ist das Alte Testament, besser bekannt als hebräische Bibel, nichts weniger als  „Volksgründungs- und Volksgeschichtsbuch“: Landverheißungen und  Kolonisationsbefehle werden für bare Münze genommen und in die Gegenwart übertragen. Folglich werden alle Gewaltexzesse gegen Palästinenser in den besetzten Gebieten oder gegenüber israelischen Palästinensern im Kernland Israel legitimiert, insbesondere von nationalistisch-religiösen Kreisen.  Weiterlesen

Annette Groth – Krisenmanagement, Antisemitismuskeule und Palästinafrage

Interview mit Annette Groth auf Promosaik.

Wie stark ist die Antisemitismusvorwurfswaffe in Deutschland heute immer noch? 

Erschreckend stark! Schon kleine Kritische Äußerungen mit Bezug auf Menschenrechtsverletzungen oder auch vorsichtiges Hinterfragen der israelischen Positionen wird mit der Antisemitismuskeule bestraft. Aus lauter Angst vor dem Antisemitismusvorwurf schweigt die Mehrheit der Deutschen, einschließlich der meisten „Linken“, zu den gravierenden Menschenrechtsverletzungen durch israelische SiedlerInnen und/oder SoldatInnen. In den letzten Monaten sind so viele palästinensische Häuser und Olivenbäume zerstört worden wie nie zuvor. Auch die Zahl der absichtlich verletzten PalästinenserInnen ist außergewöhnlich hoch! >>>

„Bayerischer Verwaltungsgerichtshof stärkt Meinungsfreiheit den Rücken“

Die Stadt München hatte ihre Räumlichkeiten einer geplanten Podiumsdiskussion verweigert. Es sollte bei der Diskussion um Kritik an einem Stadtratsbeschluss gehen, der der Stadt das Recht einräumt, Veranstaltungen öffentliche Räumlichkeiten zu verweigern, die sich kritisch mit der Politik Israels auseinandersetzen. Diesen Ratsbeschluss hat nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof unter Verweis auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit kassiert. Der Münchner Journalist Rolf-Henning Hintze berichtet für die NachDenkSeiten über das Urteil. Im Anhang kommentiert Peter Vonnahme, selbst ehemals Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, das Urteil und bezeichnet es als „Meilenstein im Kampf für das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung“. >>>

‘Good’ Arabs Tell the Israeli Story

If an Arab dares to tell the story of his own people, he’s a traitor and enemy of Israel. Actor and filmmaker Mohammed Bakri respond to Attorney General Avichai Mendelblit’s criticism of his 2002 movie, ‘Jenin, Jenin.’

by Mohammed Bakri

Attorney General Avichai Mendelblit submitted a position paper last week stating his belief that the film I directed, “Jenin, Jenin,” damages the good name of Israel’s soldiers. I was in shock. The attorney general is supposed to be the figure who, in a properly run country, stands up for the principles of justice and democracy more than anyone else.

I’ve never claimed to have a monopoly on the truth because I know that no one has such a monopoly. Truth is relative and multifaceted.

I was born in the Galilee village of Bana, to Salah and Saida, my parents. My native language is Arabic, and my religion is Islam. I did not choose to be who I am, where my home will be, or what my identity will be. I was born a Semite, a descendant of Abraham. That does not make me better or worse than others. I never thought that my race was superior to other races. My main interest was and still is the human being as such.

Fortunately, or unfortunately, I was born in a land that devours its inhabitants. A land of two peoples, each laying a claim to it, saying that it belongs to them and to them only – while the truth is that both of them belong to the land because out of it they have come and to it, they shall return.  Weiterlesen

„Das Gerücht um Israel“ – der „neue Antisemitismus?

von Ludwig Watzal

In Anspielung auf Theodor W. Adornos Feststellung, dass der Antisemitismus das Gerücht über Juden sei, behauptet Thomas M. Eppinger, Herausgeber von Mena-Watch, einem prozionistischen „Nahost-Thinktank“ in Wien: „Der neue Antisemitismus ist das Gerücht über Israel.“ Dieser mache Israel zum „Juden unter den Staaten“, wie es der französische Historiker Léon Poliakov formuliert habe. Der sogenannte neue Antisemitismus würde Juden in aller Welt in Geiselhaft nehmen und sie zur Zielscheibe machen. Der Israel-bezogene Antisemitismus würde tagtäglich von Medien und Politik genährt. Soweit die schrägen Thesen Eppingers.

Den Vorwurf des „israelbezogenen Antisemitismus“ erhob Uwe Becker, Stadtkämmerer in Frankfurt, gegenüber Demonstranten in Frankfurt. Aus dieser Demonstration heraus soll der Slogan „Palestine will be free – from the River to the Sea“ gerufen worden sein. Dies wird von den Israellobbyisten gemeinhin als antisemitisch interpretiert. Becker, der auch hessischer Beauftragter für Antisemitismus ist, hat Strafanzeige wegen dieser Parole gestellt. Becker scheint ein „israelbezogener Philosemit“ zu sein. Philosemitismus ist eine Variante des Antisemitismus.

Weder gibt es „israelbezogenen“ noch „neuen Antisemitismus“, beide Slogans sind eine Erfindung der Israellobby, noch stellen sie das Gerücht über Israel dar. Die Juden werden nicht wegen des „neuen Antisemitismus“ in Geiselhaft genommen, sondern die diversen israelischen Regierungen nehmen die Juden weltweit in Geiselhaft, da sie beanspruchen, für alle Juden in der Welt zu sprechen und sie zu repräsentieren.  Weiterlesen

„Juden gegen Israel“

von Elad Lapidot

Ist der Staat Israel jüdisch? Keine Frage, insofern sich der selbsternannte „jüdische Staat“ seit seiner Gründung 1948 nicht nur als Hauptvertretung der Juden weltweit längst durchsetzt hat, sondern auch zum Inbegriff dessen geworden ist, was „jüdisch“ heißt.

Fraglicher wird die Identifizierung zwischen Israel und Judentum bei kontroversen politischen Themen. Israels Politik ist durch Besatzung und Annektierung, die palästinensische Flüchtlingsproblematik und die Ungleichbehandlung seiner arabischen Bürger geprägt. Einst als Kriegsnotwendigkeit toleriert, machte diese Politik Israel nach mehreren Jahrzehnten allmählich zum chronischen Problemfall zeitgenössischer Nationalstaatlichkeit. Nicht Israels Jüdischsein, sondern Israels Demokratie wird immer häufiger angezweifelt.

Eben dadurch aber wird gerade das Jüdische fragwürdig: Liegt die Beeinträchtigung Israels als Demokratie darin, dass dieser Staat jüdisch ist und bleiben will?

Dass es so sei, ist heute Konsens, gar Staatsräson. Der israelische Staat übt seine Gewalt als Nationalstaat der Juden aus, er kämpft grundsätzlich um nichts anderes, als darum, jüdisch zu bleiben. So stark verschmilzt Israel Staatsgewalt mit dem Jüdischsein, dass Kritik seiner Politik schnell sein Existenzrecht als jüdischer Staat und somit das Existenzrecht der Juden überhaupt infrage zu stellen scheint.  >>>

Die EKD steht Schmiere: über die moralische Misere der evangelischen Kirche beim Israel-Palästina-Konflikt

von Manfred Jeub

Der Anfang 2020 von US-Präsident Donald Trump großsprecherisch als Jahrhundert-Deal verkündete Friedensplan für Israel/Palästina, bei der nur eine Seite beteiligt war, ist weltweit auf Ablehnung gestoßen – in den Kirchen nicht anders als in der Politik. Die Patriarchen und Kirchenoberhäupter in Jerusalem, der Lutherische Weltbund, die Versammlung der katholischen Bischöfe des Heiligen Landes, der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und die Konferenz von Jerusalem, die Katholischen Bischöfe von England und Wales sowie der Middle East Council of Churches (MECC) haben den Plan scharf kritisiert. Von der evangelischen Kirche in Deutschland war zu diesem Thema erst einmal nichts zu hören. Stattdessen veröffentlichte der Rat der EKD Ende Februar 2020 eine Stellungnahme „angesichts der Debatte zu BDS“, in der die Boykottbewegung scharf kritisiert, aber kein einziges Wort zu ihrer Veranlassung, zu Israels Besatzungs- und Siedlungspolitik verloren wird.[1] Dabei ist das primäre Interesse der Erklärung gar nicht der BDS, der in Deutschland keine Rolle spielt, sondern der Rechtfertigungsversuch, dass man in den Führungsetagen der deutschen Kirchen die israelkritischen Positionen von Partnerkirchen und der Weltkirche nicht teilen mag. Zur Zeit präparieren sich die israelfreundlichen Kräfte für die Weltversammlung des ÖKR 2021 in Karlsruhe, wo das Thema womöglich auf die Tagesordnung kommt.

Im März führte dann eine Wahl in Israel zur Bildung einer Regierung, in deren Koalitionsvertrag ein Element des Trump-Plans, die Annexion größerer Teile des palästinensischen Westjordanlandes, festgeschrieben ist. An deren Umsetzung sollte es zügig gehen, ab Juli hieß es, ehe die Corona-Pandemie dazwischen kam. Wieder gab es kirchliche Reaktionen: Die Patriarchen in Jerusalem riefen die Weltgemeinschaft um Hilfe an, der Vatikan warnte, der Weltkirchenrat schrieb gemeinsam mit dem MECC am 8. Mai einen Brandbrief an die europäischen Außenminister, in dem die Androhung empfindlicher Sanktionen gefordert wird. Schlusssatz: „Die EU darf sich nicht durch Nichthandeln oder eine inadäquate Reaktion zum Komplizen dieser Pläne machen.“[2] Weiterlesen